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144 II. Abschnitt: Die Ausgrabungen auf Thiaki. (W. Dörpfeld)

III. ABSCHNITT
DIE AUSGRABUNGEN AUF THIAKI, DEM HEUTIGEN ITHAKA

Von Wilhelm Dörpfeld

(Hierzu Tafel 5)

Als ich vor mehr als 40 Jahren mit Heinrich Schliemann in Troja und Tiryns grub,
haben wir mehrmals von der Notwendigkeit neuer Ausgrabungen auf Ithaka ge-
sprochen. An beiden Orten hatten wir stattliche Ruinen der alten homerischen Königs-
burgen aufgedeckt und durften daher hoffen, auch auf der Insel des Odysseus durch
Ausgrabungen Reste des von Homer geschilderten Königshauses und der Stadt Ithaka
zu finden. Allerdings herrschte damals unter den Philologen und Archäologen noch fast
allgemein die Ansicht, dass Homer bei Schilderung von Troja und Ithaka nicht die
Wirklichkeit wiedergebe, sondern die Paläste desPriamos und des Odysseus nach seinen
dichterischen Plänen gestaltet und ihre Lage beliebig gewählt habe, eine Ansicht, die in
erster Linie auf Professor R. Hercher zurückging, der nach einem Besuche Ithakas
jede Uebereinstimmung zwischen den Angaben des Epos und der Wirklichkeit ent-
schieden geleugnet hatte. Aber die Ergebnisse der Grabungen in Troja und Tiryns
hatten uns und manchen Archäologen immer mehr von der Unhaltbarkeit dieser
Lehre überzeugt. Die Lage der Burg Troja stand wirklich mit den Angaben des
Dichters im Einklang, und in Tiryns hatten wir tatsächlich einen mit der prächtigen
mykenischen Kunst ausgestatteten Palast zutage gefördert, wie ihn Homer in Sparta
und bei den Phäaken schildert. Daher lag für uns der Schluss nahe, dass wahr-
scheinlich auch in Bezug auf Ithaka die Wirklichkeit den Angaben des Epos ent-
sprechen müsse. Schliemann sah ein, dass seine früheren Grabungen auf Ithaka
(1868 und 1878) ungenügend gewesen waren, und dass seine Ansetzung der Stadt
des Odysseus auf dem Aetos gar nicht zu Homer passe. Wir beschlossen daher,
nach Beendigung der Grabungen in Troja und Tiryns zusammen nach Ithaka zu
gehen, die Topographie der Insel eingehend zu studieren und durch neue Grabungen
nach der Stadt des Odysseus zu suchen.

Auch von anderer Seite waren schon Ausgrabungen auf Thiaki ausgeführt worden.
Von ihnen sind hier namentlich die Arbeiten des Engländers William Gell zu er-
wähnen, der im Anfang des vorigen Jahrhunderts die Insel des Odysseus untersucht
und auf dem Isthmus zwischen der nördlichen und der südlichen Hälfte der Insel
Grabungen vorgenommen hatte. In einem schönen, mit Karten und Bildern aus-
gestatteten Buche (The geography and antiquities of Ithaca, London 1807) hatte er
 
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