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ca. 0,70 Meter breiten Nische über die Außenflucht des Westgiebels unter den Straßen-
raum reicht und von einer Segmentbogentonne begleitet wird.
Dachwerke
Bei nahezu allen inventarisierten Baudenkmalen in Lüneburg haben sich die historischen
Dachwerke erhalten - wenn auch über die Jahrhunderte gelegentlich verändert. Dadurch
ist ihre Entwicklung relativ genau nachvollziehbar. Die Deckung der Lüneburger Dächer
bestand ursprünglich aus „holsten“, also Hohldachsteinen in der Form von „Mönch“ und
„Nonne“, doch wurden diese spätestens im 18.Jh. allmählich durch die bereits für das Jahr
1579 belegten Hohlpfannen („pannen“) in S-Form abgelöst. Im Inventar des Klosters St.
Michael von 1743 (Nr. 43) wird z.B. von einem Dach berichtet, das gassenwärts ganz,
hofwärts halb von Pfannsteinen gedeckt war, während die übrige Fläche mit Hohlsteinen
belegt war. Hingegen war das Pastorathaus (Nr. 5) in der Salzbrückerstraße (24) völlig mit
neuen Pfannensteinen belegt. Erhalten sind zwischen den Satteldächern der Giebelhäuser
bisweilen noch die hölzernen Traufrinnen, aus halbierten und ausgehöhlten Eichenstäm-
men zusammengesetzt, die durch ihr Gefälle für einen schnellen Wasserablauf sorgten (Am
Berge 37/38; Bardowicker Straße 3/4, 7/8; Grapengießerstraße 22/23).
Das Dachwerk des Lüneburger Bürgerhauses ist, zurück bis zu den ältesten noch vor-
handenen und dendrochronologisch datierten Dachwerken des 14.Jh., ein steiles Spar-
rendach, bestehend aus einer regelmäßigen Folge gleichartiger Gespärre ohne aus-
geprägten Längsverband. Die notwendige Längsaussteifung wird durch unter die Spa-
rren genagelte Windrispen gewährleistet. Eichen- und Nadelholz wird gleichzeitig und


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0 2m

Untere Ohlingerstraße 6, Dachwerk, 1592d (Zeichnung J. Gomolka)

nebeneinander verbaut. Als schlichtes Kehlbalkendach weist es zwei oder drei Kehl-
balkenlagen auf, wobei der oberste, sehr kurze Kehlbalken auch als Hahnenbalken
bezeichnet wird. Nur bei kleinen Dächern, etwa über schmalen Hofflügeln, reicht ein ein-
ziger Kehlbalken.
Die Sparren sind auf den Dachbalken aufgezapft (Dachbalkenzimmerung; gebundenes
System). Der für den Dachüberstand notwendige Aufschiebling variiert je nach Vorholz-
länge vom kurzen keilförmigen bis zum hochreichenden langen Holz.
Im First sind die Sparren bis zum Anfang des Iß.Jh. mit einfachem geradem Blatt verbun-
den. Danach verdrängt der technisch bessere Scherzapfen innerhalb kürzester Zeit das
althergebrachte Blatt (letzte datierte Anwendung einer Firstverblattung im Rathaus, langer
Flügel am „Ochsenmarkt“, 1503d), und wenig später finden sich nur noch Scherzapfen im
First (Rathaus, Altes Archiv, 1522d). Der Wechsel beim Kehlbalkenanschluss von der älte-
ren Anblattung zur moderneren Einzapfung dauert dagegen wesentlich länger, vom letzten
Drittel des 16. Jh. bis zum Anfang des 17. Jh. (erste Verwendung des Zapfens im Rathaus,
Große Ratsstube, 1564d; letzte Verwendung des Blattes in Schlägertwiete 5e, 161 Od).

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