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dem oberen Rahmenteil „1601“ bezeichnet ist, dürfte es sich um die frühere Stubentür
handeln. In der von schmalen schwarzen Begleitern gerahmten Füllung sitzt jeweils mit-
tig eine Ornamentmalerei. Schwarze Begleitstriche verlaufen ebenfalls auf dem Rahmen
und werden auf der Höhe des mittleren Querfrieses durch einen aufgemalten quadrati-
schen Diamanten unterbrochen. Abdrücke auf dem oberen und unteren Querfries bele-
gen die einst zugehörigen Langbänder. In situ befindet sich die zur Hängekammer des
Hauses Untere Öhlingerstraße 20 führende Tür vermutlich des späten 16.Jh., die eine
florale Malerei im Giebeldreieck zeigt, während auf der Zimmerseite eine graugrüne Mar-
morierung des 18.Jh. aufgebracht ist.
Durch ihre aufwändige Rahmung aus korinthischen Pilastern auf Postament, knorpel-
werkverziertem Gebälk und z.T. gesprengtem Giebel nehmen die Dielentüren (wohl
17.Jh.) des Patrizierhauses Am Sande 31 eine besondere Stellung ein. Barocke Zimmer-
türen sind in der Regel als Zweifeldertüren mit geschweiften Füllungen oder solchen mit
im Viertelkreis angestochenen bzw. ausgenommenen Ecken zahlreich überliefert. Zwei-
flügelige teilverglaste Türen bilden die Ausnahme (Auf dem Meere 26, Auf der Altstadt
27, Egerstorffstraße la, Görgesstraße 19). Vielfach sind die zugehörigen Beschläge er-
halten, insbesondere die in Spiral-, Sichel- und Schippenform vorkommenden Bänder,
die darüber hinaus innerhalb des Hauses auch an jüngeren Türen Verwendung fanden.
Weniger häufig sind die originalen Bekleidungen überkommen (Auf dem Kauf 16, Auf
dem Meere 17, Grapengießerstraße 5, Kleine Bäckerstraße 16, Egersdorffstraße la).
Zwei zweiflügelige Türen im wohl in der 2. Hälfte des 18.Jh. umgestalteten Flur von Gro-
ße Bäckerstraße 5 besitzen zusätzlich über den Türen eingelassene Fenster.
Umfangreich ist der Bestand an Zweifüllungstüren des Klassizismus, deren Rahmen,
schlicht fasziert und statt mit Stützhaken nun mit Fischbändern ausgestattet, häufiger als
bei den Türen der vorangegangenen Epoche erhalten ist. Die Füllungen sind oft an den
Ecken quadratisch ausgenommen und teilweise mit Tropfen verziert (Kaufhausstraße 3).
Mit einer illusionistischen Kassettenmalerei ist eine Tür im Haus Bardowicker Straße 19
gefasst. Dreiteilig und im oberen Bereich verglast präsentiert sich eine Flurtür von 1845
im Haus Bei der Abtspferdetränke 2, die mit ihren gotisierenden Maßwerkformen einen
Beleg für die relativ frühe Übernahme gotischer Formen im Schreinerhandwerk des
19.Jh. bietet und in dieser Gestaltung in Lüneburg einmalig erscheint. Von den nachfol-
genden historistischen Türen sind vor allem die spätklassizistischen, repräsentativ gear-
beiteten im 1873 erbauten Haus des Tapetenfabrikanten J. Penselers erwähnenswert
(Am Berge 8).
Treppen
Von der Diele aus wurden die übrigen Räume durch eine Treppe erschlossen, die an
unterschiedlicher Stelle positioniert sein konnte. In Lüneburg setzt die Entwicklung mit
der spätmittelalterlichen Spindeltreppe ein, einer mit tragendem Mittelpfosten aufge-
führten Wendeltreppe, die in der Regel vom Keller bis zum Dachboden reichte. In
Backstein war sie z.B. im Haus Am Berge 37 ausgeführt, besteht aber in der Regel aus
Eichenholz und war derart in Grapengießerstraße 45, An der Münze 8 (1907 abge-
brochen) und Schrangenstraße 4 ausgebildet. Die Treppe lag, wie aus mehreren Beispie-
len bekannt ist, oft hinter der Küche freistehend im Raum (Untere Schrangenstraße 4),
wurde aber zunehmend in Richtung Wand verschoben und konnte sogar an die hintere
Dielenwand gerückt werde (Bardowicker Straße 25). Frei hinter der Küche lag sie auch
im Haus Grapengießerstraße 45, wobei die Spindel nach Mithoff (1877, Sp. 200) von
1569 aus einem Eichenholzstamm mit ausgearbeitetem Handlauf bestand. Der im Hof
des Traufenhauses Bei der St. Nikolaikirche 3 (2. Hälfte 16.Jh.) vortretende Treppenturm
mag eine einst hervorgehobene soziale Stellung des Gebäudes dokumentieren, da
solche Anlagen von kirchlichen bzw. adeligen Häusern bekannt sind.
Von der einstigen Treppenspindel ist im Patrizierhaus Am Ochsenmarkt 1 die gerundete
Wandung an der westlichen Traufseite erhalten. Im Keller bestand sie aus Backsteinen
und in den Geschossen darüber aus Holz. Ein zum Dachboden führender Rest zeigt
ausgesägte Bretter, zwischen denen die Füllhölzer eine kleeblattförmige Arkade bilden.
Im 17.Jh. wurde die Spindeltreppe durch eine zweiläufige Treppenanlage ersetzt.
Reste steinerner Treppenspindeln befinden sich im Haus Bardowicker Straße 30 im
Keller und im Haus Am Berge 37 (Treppe vom Obergeschoss zum Dachgeschoss).
Weitere Reste hölzerner Spindeltreppen haben sich in den Häusern An der Münze 1, In
der Techt 1, 2 und Bardowicker Straße 4 im Dachgeschoss (wohl 17.Jh.) erhalten. Die
heute im Haus Am Stintmarkt 7 eingebaute Spindeltreppe des Hauses Bardowicker
Straße 25 (bez. 1608) weist eine qualitätvolle Schnitzerei an den ersten fünf Stufen des
Geländers auf.
Die Verbindung zwischen den Dachgeschossen erfolgte durch einfache geradläufige
Stiegen. Vergleichsweise alt dürfte aufgrund ihrer Konstruktion die zum zweiten Dach-
geschoss des Hauses Am Berge 2 (1347d) vermittelnde Treppe mit gekehlten Holmen
und eingestemmten Stufen sein.

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