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Auf dem Meere, Nr. 3-8


maßstäblichen Zuschnitts, die überwiegend
von Handwerkern bewohnt wurden. Die weni-
gen hier in der frühen Neuzeit angesiedelten
Brau- (Nr. 9, 20, 36, 39) und Schmiedehäuser
(Nr. 41; zeitweise im 19.Jh.: Nr. 27, 28) sind
dieser Umgebung angepasst und erreichen
nicht das Bauvolumen der entsprechenden Ge-
bäude im östlichen Stadtgebiet. Abbrüche his-
torischer Bausubstanz, die durch Neubauten
kompensiert wurden, betreffen vor allem den
Kreuzungsbereich von Hinter dem Brunnen/Un-
tere Ohlingerstraße. Unter der Nr. 35 wurde
1969 ein zweigeschossiger, giebelständiger
Backsteinbau zu vier Achsen an der Ecke zur
Unteren Ohlingerstraße abgebrochen, seit dem
15.Jh. als Schmiedehaus überliefert, der wohl
1690 (Maueranker in dem mit einer Firststaffel
ausgestatteten Giebel) durchgreifend umge-
baut worden war. In seinem Hofflügel befand
sich eine Stuckdecke mit angetragenen Putten.
1979 sind auf den Grundstücken Nr. 32, 33, 34
ziegelverblendete Wohnhäuser entstanden, die
sich in ihrer Gestaltung der Umgebung anzu-
passen suchen, während das gegenüberliegen-
de Haus Nr. 14 von 1967 die zeitgenössische
Gestaltung in Stahlbeton bevorzugte. Sein im
Jahr zuvor abgerissener, giebelständiger Vor-
gänger wohl des 16.Jh. besaß einen einge-
schossigen, massiven Unterbau mit Auslucht
rechts des geschosshohen Rundbogenein-
gangs und einen Fachwerkgiebel. Seine Ein-
gangstür wurde in den drei Jahre später an der
gegenüberliegenden Ecke errichteten Ersatz-
bau Nr. 13 eingefügt, der ein Backhaus des

16.Jh. ersetzte und gestalterisch auf diesen
zweigeschossigen Ziegelbau mit seinem fünftei-
ligen Staffelgiebel zurückgriff. Im Straßenbild
fallen heute vor allem die an der westlichen
Traufseite wiederverwendete Fachwerkschwelle
des Flügelbaus vom Haus Salzstraße 19 auf,
die außer der Jahreszahl „1560“ qualitätvolle
Grotesken sowie die Wappen der Familien
Semmelbecker und Töbing trägt, und darüber
in der Fachwerkwand die zweifach gekehlten
Fußbänder. Darunter sitzt im massiven Erd-
geschoss entgegen der ursprünglichen giebel-
seitigen Erschließung die genannte barocke Tür
des Hauses Nr. 14 mit einem pilasterbesetzten
Stand- und einem zweifeldrigen Gehflügel, des-
sen Füllungen verkröpfte Profile zieren.
Nach dem imposanten städtebaulichen Auftakt,
den der differenzierte Backsteinbau der vorma-
ligen Sparkasse (Nr. 1) am Westrand des Ma-
rienplatzes bildet, folgt auf der Nordseite eine
Gruppe kleinmaßstäblicher Giebelhäuser (Nr. 3,
4, 5, 6, 8), die z.T. noch Bausubstanz des
16./17.Jh. enthalten (z.B. Nr. 5, 6, 8). Die klei-
nen Teilkeller der Gebäude sind teilweise zuge-
schüttet bzw. mit neuen Decken versehen,
doch lässt sich z.B. in dem firstparallelen und
tonnengewölbten Keller von Nr. 8 die frühneu-
zeitliche Entstehung nachvollziehen. Mit Aus-
nahme des 1851 von Maurermeister Paulsen
aufgeführten, schmalen Wohnhauses Nr. 4,
dessen rot verblendete Fassade an den rah-
menden Lisenen und Giebelschrägen gelber
Backstein belebt, zeigen die anderen, bereits
im 19. und 20.Jh. stark überarbeiteten Gebäu-

de in den Obergeschossen bzw. Giebeln
Fachwerkkonstruktionen. Bis zu einem Laden-
einbau des Jahres 1900, auf den die Pilaster-
rahmung der mittigen Tür zurückgeht, wurde
das seit 1870 verputzte Gebäude Nr. 8 durch
einen rechts sitzenden Rundbogeneingang
erschlossen. Die klassizistische Tür indes
brachte man ebenso wie die historistische Tür
von Nr. 5 erst während jüngster Instandset-
zungen in den 1980er Jahren ein, doch haben
sich auch originale Ausstattungselemente in
situ erhalten, so in Nr. 5 eine barocke Treppe
mit Brettdockengeländer. Das Haus Nr. 6 ver-
fügt als einziges dieser Reihe über ein Walm-
dach, wie es bis 1879 auch das Haus Nr. 3
besaß, das nach einem Brand 1903 partiell wie-
der hergestellt werden musste. Als Bewohner
dieser Häuser, die im 17./18.Jh. wie die Nr. 5
und Nr. 7 zeitweise als Armenwohnungen des
Gralhospitals bzw. der Kirchengemeinden St.
Lamberti und St. Johannis dienten, sind vor-
wiegend Handwerker bzw. in früheren Jahrhun-
derten Kunsthandwerker und Künstler ver-
zeichnet. So lebten 1469 im Haus Nr. 4 der
Glasmaler Hinrik Grassow, in Nr. 5 1494 der
Goldschmied Hans Langeschinkel und 1527
der Goldschmied Cord Odebrecht, in Nr. 6
1535 der Maler Cord Jagow. Im Haus Nr. 8 war
1481 der Glockengießer Hans von Campen
tätig; von 1561 bis 1590 befand es sich im
Besitz des Schmiedemeisters Hans Rüge, der
das Tor zum Gewandhaus im Rathaus fertigte,
und wurde darüber hinaus bis ins 18.Jh. als
Schmiedehaus geführt.

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