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bäuden des Viskulenhof bestandene Südseite,
in jüngster Zeit mit neuen Wohnhäusern bebaut
wurde, überwiegen im Westabschnitt die zwei
und dreigeschossigen, überwiegend ziegelsich-
tigen Häuser des 19.Jh. Ausgehend von dem
Grundstück Lüner Straße 14, der Fassfabrik
von L. Reichenbach, hatte ein Brand am
27.06.1889, der sich über die gesamte Tiefe
des bis zur Baumstraße reichenden Anwesens
ausdehnte, mehrere Gebäude auf der Südseite
vernichtet. In der Folge wurden um 1900 die
Häuser Nr. 5-11 als traufständige, dreigeschos-
sige Ziegelrohbauten errichtet, indem man die
Baufluchtlinie in diesem Abschnitt zurückver-
legte und sich der Querschnitt der ursprünglich
schmalen Mauerstraße an dieser Stelle von
durchschnittlich fünf Metern auf etwa sieben
Meter verbreiterte. Kleinvolumigere Häuser fin-
den sich, zum Teil in Fachwerk, noch am West-
ende. Hier erlangt das Gebäude Baumstraße 3
als qualitätvoller Fachwerkbau der Renaissance
bereits durch seine besondere Ausstattung mit
Figurenknaggen eine in Lüneburg singuläre
Stellung.
Baumstraße 3. Traufständiger Fachwerkbau
unter Satteldach, 1538i. Bei der Instandsetzung
1999-2001 das Fachwerk nach Befund in
einem blaustichigen Rotton gestrichen. Über
dem hohen Erdgeschoss mit Zwischenge-
schoss ein straßenseitig über Figurenknaggen
vorkragendes Obergeschoss in Stockwerkbau-
weise, das rückwärtig in Geschossbauweise
mit einer Schwertung in der Osthälfte abgezim-
mert ist. Unterhalb der Ständer mit paarweise
angeordneten Fußbändern ist die Oberge-
schossschwelle mit porträthaften Reliefs in
quadratischen Feldern beschnitzt, dazwischen
Segmentbögen mit Taubändern bzw. zwei
Rosetten, ein in Lüneburg an dieser Stelle erst-
mals auftretendes Motiv. Die Zwickel füllen
abwechselnd Blüten und feuerspeiende Dra-
chen. Die ebenfalls über Figurenknaggen vor-
kragende Dachschwelle mit einer nur noch
unvollständig überkommenen niederdeutschen
Bauinschrift (nach Befund gelb abgesetzt), flan-
kiert von Hausmarken bzw. Meisterzeichen, de-
ren Datum 1538 dendrochronologisch bestätigt
wurde. Bauherr war der Protestant Dionys von
Minden, der möglicherweise wegen der Nach-
barschaft zum Scharnebecker Hof für sein
Haus ein antiklerikale Anspielungen aufneh-
mendes Schnitzprogramm anfertigen ließ. Die
sechs Knaggen unterhalb von Obergeschoss-
und Dachschwelle bilden paarweise einander
zugeordnete Männer- und Frauenfiguren der
Alltagswelt ab. Während die bürgerlich geklei-
deten Figuren durch Attribute ihrer Arbeit aus-
gewiesen sind (z.B. Steinmetz mit Schlägel und
Meißel, Bürgerin mit Spinnrocken), sind den
beiden dargestellten Mönchen ein Weinkrug
(oder Geldbeutel?) und ein Dudelsack zugeord-
net. Drei Figuren (Schweinehirt, Mann mit Esel,
Jäger) wurden zu Beginn des 20.Jh. hinzuge-
fügt. Außermittig rechts wiederhergestellte
Eingangstür unter Vorhangbogensturz.
Den über die Ostachse von außen zugängli-
chen, zweischiffigen Keller deckt ein quer zum
First orientiertes Tonnengewölbe mit einer
Scheitelhöhe von ca. 3,50 Metern. Im Gegen-
satz zu den formsteinlosen Wandnischen ist die
trennende Segmentbogenarkade mit Viertel-

Baumstraße 3, Nordfassade



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