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Johann-Sebastian-Bach-Platz, Ansicht nach Südosten


misiert durch fünf Segmentbogenachsen.
Beiderseits des über drei Stufen erreichbaren,
mittigen Eingangs lag zur Straße jeweils eine
Stube.
Bereits in Richtung der Straße Am Iflock liegt
auf ehemaligem Klosterterrain das traufständi-
ge Wohnhaus Nr. 15, ein eingeschossiger
Fachwerkbau unter halb abgewalmtem Man-
sarddach, das ein zweiachsiges, mittiges
Zwerchhaus akzentuiert. Auf dem Plan des
Michaelisklosters von 1742 wird es als Haus
des Klosterschneiders bezeichnet. Anlässlich
der stark erneuernden Sanierung 1974/75
wurde das über hohem Feldsteinsockel aufge-
hende und bis dahin nur im mittleren Bereich
mit einem Tonnengewölbe teilunterkellerte
Haus voll unterkellert. Trotz der Substanz-
verluste nimmt das Gebäude als eines der
wenigen Relikte der ehemaligen profanen
Klosterarchitektur eine im Straßenbild wichtige
Funktion ein.
Die über bis zu 30 Meter tiefen Grundstücken
aufgeführte südliche Platzrandbebauung be-
steht aus einer geschlossenen, zweigeschossi-
gen Häuserzeile und bringt aufgrund der diffe-
rierenden Erbauungszeiten der Gebäude ein
vergleichsweise heterogenes Bild hervor, in
dem nach Westen die giebelständigen Häuser
dominieren, herausragend dabei durch Bau-
volumen und Gestaltung die beiden Häuser Nr.
6 und 7. Das eingeschossige Dielenhaus mit
Zwischengeschoss Nr. 7 fällt vor allen Dingen
durch seinen siebenteiligen Staffelgiebel auf,
der in der 2. Hälfte der 16.Jh. entstanden sein
dürfte.
Während die Hausstätten nach Auskunft des
von den Liegenschaften des Michaelisklosters

1742 angefertigten Plans überwiegend in bür-
gerlichem Besitz lagen, gehörten die Grund-
stücke Nr. 6 mit dem 1726 neu erbauten Rek-
torathaus und Nr. 5 mit dem „Custodis und
Schul-Collegen nunc Sellenstedts hauß“, das
1726 partiell neu aufgeführt wurde, in klösterli-
ches Eigentum. Bereits damals bekrönte die
1881 verputzte und 1969 erneuerte Fassade
des Letztgenannten ein Dreieckgiebel, in dem
ehemals ein ovales Fenster saß. Belegt sind
damals ebenfalls die vierachsige Ausbildung
des Erdgeschosses und ein Gewölbekeller.
Eine desgleichen vom späten Historismus
geprägte, in diesem Fall aber steinsichtige
Fassade zu drei Achsen bietet die Nr. 3 als ein
um 1880 entstandener Ersatzbau dar, der im
Keller Mauerreste einer Vorgängerbebauung
bewahrt. Die zurückhaltende Instrumentierung
übernehmen ein ornamentaler Putzfries über
dem Erdgeschoss, je drei Segmentbogenfens-
ter sowie eine Blendeinfassung von Oberge-
schoss und Giebeldreieck, in dem drei Spitz-
bogenfenster sitzen. Auf dem Grundstück
wurde wohl seit 1561 bis ins späte 18.Jh. eine
Töpferwerkstatt betrieben, deren Brennofen im
rückwärtigen Bereich des im 19.Jh. aufge-
stockten und verlängerten Fachwerk-Hinterge-
bäudes jüngst im Grundriss freigelegt werden
konnte.
Johann-Sebastian-Bach-Platz 1. Ehemalige
Klosterkirche St. Maria und St. Michaelis, heute
ev.-luth. Pfarrkirche. Die am Westrand der
Altstadt gelegene ehemalige Abteikirche St.
Michael, im Kern aus dem späten 14. bzw. frü-
hen 15.Jh. stammend, ist eine dreischiffige
Backstein-Hallenkirche mit polygonalem Chor,

dem aufgrund des im Osten abfallenden
Geländes eine Unterkirche untergeschoben ist.
Der ca. 79 Meter hohe Westturm bildet einen
markanten Blickpunkt in der Stadtsilhouette.
Von den mittelalterlichen Klausurgebäuden, die
sich zur Nordseite der Kirche anschlossen,
haben sich nur wenige Relikte erhalten.
Bauliche Zeugnisse der älteren Klosteranlage,
die in der 1. Hälfte des 10.Jh. zu Fuße der bil-
lungisch-welfischen Burg auf dem nahegelege-
nen Kalkberg errichtet worden war, sind nicht
überkommen. Im Verlauf des Lüneburger Erb-
folgekriegs eroberte die Bürgerschaft 1371 die
herzogliche Burg, eingeschlossen das Kloster
St. Michaelis, das Hauskloster der Welfen, das
nach der Überführung der fürstlichen Gebeine
und dem Auszug der Mönche ebenso zerstört
wurde wie die Burg. Da das Fürstenhaus auch
nach der militärischen Niederlage am Anspruch
des herzoglichen Erbbegräbnisses in der
Lüneburger Klosterkirche St. Michaelis festhielt
(bis 1471), verständigte man sich 1373 mit dem
Rat der Stadt auf einen innerhalb der Stadt-
mauern gelegenen neuen Bauplatz für das
Kloster. Als Bauplatz überließen die Herzöge in
Kooperation mit der Stadt dem Verdener
Bischof ein wüstes Areal, „de hole ek“ (die
hohle Eiche), eine vor 1369 von Handwerkern
bewohnte Gasse, die vermutlich während des
Lüneburger Erbfolgekriegs zerstört worden war.
Nach der Grundsteinlegung für den Kirchen-
neubau am 14. Juli 1376, den das Fürstenhaus
finanziell unterstützte, konnten bereits drei
Jahre später drei Altäre in der Unterkirche
geweiht werden. Als Klosterbaumeister auf
Lebenszeit verpflichtete der bauausführende
adelige Konvent am 12. März 1379 den mögli-

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