Briefmalers, sondern die Leistung einer begabten Künst-
lerpersönlichkeit von Rang.
Was die Lokalisation dieses prächtigen Blattes an-
belangt, so ist es, meiner Ansicht nach, salzburgisch. In
der Gestalt Johannis glaubt tnan einen leisen Nachklang
der Kunsttradition dieser Gegend zu sptiren, welche den
Pähler Altar hervorbrachte. Auclt manche Einzelheit und
die Figur Christi verbinden das Blatt mit dem deutschen
Stidosten. So treffen wir analoge Typen des Kruzifixus
auf den drei salzburgischen Altartafeln zu Altmtihldorf
(um 1430), in Laufen an der Salzach und im Stifte St.
Florian (um 1440). (Alle drei abgebildet bei Fischer,
Otto: «Die altdeutsche Malerei in Salzburg», Leipzig 1908.)
Wir sehen dort denselben, schräg nach links auf dem
perspektivischen, zwischen Steinen eingepflockten Kreuze
lrängenden Körper, mit etwas eingezogenen Knien, unter-
strichener Armmuskulatur und den gestreckten, hervor-
tretenden Sehnen. Denselben kurzen Spitzbart und das
außerordentlich Iang herabwallende Haupthaar. Endlich
die riesenlangen Nägel mit großen Köpfen, mit welchen
Christus ans Kreuz geschlagen ist. Auch der seelische
Gehalt dieser eliei wehmütig-innigen, als stürmisch be-
wegten Szene entspricht der Stimmung, welche auf den
Salzburger Tafelbildern aus der ersten Hälfte des XV.Jahr-
hunderts herrscht. Maria und Johannes auf unserem Holz-
schnitte trauern sanft, aber sie rasen nicht vor Schmerz.
Erst um die Mitte des Jahrhunderts tritt eine entschei-
dende Wandlung zur bewegten, gebärdevollen, drama-
tischen Komposition, welche ihren Ausdruck auch in der
Formschneidekunst findet.
Das beschriebene Blatt dürfte um 1430—40 entstan-
den sein. Es kann den schönsten Beispielen der primi-
tiven Graphik wiirdig an die Seite gestellt werden. Bis
jetzt ist kein zweites Blatt aufgetaucht, welches denr ano-
nymen Kiinstler oder dessen Richtung zugeschrieben wer-
den könnte.
33. Christus am Kreuz mit Maria und
Johannes.
290x200 mm mit den Einfassungen, 260 x 191 mm
oline dieselben. Teigdruck von einer Metallschnitt-
platte.
Unbeschrieben. Schlecht erhalten.
Grauer Teig, schwarzer Aufdruck.
Farbenreste: grün, rot, etwas blau. Keine Gold-
spuren.
Klebt in einer Handschrift des XV. Jahrhunderts.
In der Mitte Christus arn perspektivisch gezeichneten
Kreuz, nach links gewendet. Rechts steht Johannes (der
Kopf ist ganz vernichtet), links Maria. Den Hintergrund
belebt ein breites Rankenornament. Die Konturen sind
sehr breit, die Draperien brtichig.
Nach dem Wenigen, was von der Zeichnung übrig
geblieben ist, läßt sich dieser Teigdruck nur ungefähr
beurteilen. Die Anatomie des Oberkörpers Christi mit
den hervortretenden Rippen und Brustkasten, die Draperie
am Mantel Johannis, die Art der Kopfbedeckung Marias,
könnten fiir die Entstehung dieses Blattes in den Jahren
1460—70 sprechen.
LEMBERG.
UNIVERSITÄTS-BIBLIOTHEK.
Eine Folge von 16 Metallschnitten, Christus am Kreuz,
Maria und verschiedene männliche Heilige darstellend.
Diese Blätter kleben am vorderen Einbanddeckel der In-
kunabel 197 folio: «Sermones aurei de Sanctis fratris
Leonardi de Utino ord. Praedicatoruin», gedruckt in Nürn-
berg bei Anton Koberger, 1478. Barwinski erwähnt in
seinem Katalog der Inkunabeln in der Lemberger Uni-
versitätsbibliothek rnit keiner Silbe die Existenz dieser
Metallschnitte, obwohl er die andere Folge, welche am
Hinterdeckel klebt, nennt und sie sogar reproduziert. Alle
16 Blätter in schmaler Doppeleinfassung, welche in den
Maßangaben mitgerechnet wird. Alle mit drei Farben:
braunrot, hellgelb und grün koloriert. Sie sind auf ein
unzerschnittenes Papierblatt abgedruckt und außerordent-
lich frisch erhalten. Die Folge auf dem Hinterdeckel be-
steht aus 13 Einblattdrucken: in der Mitte der große Tod
(Schr. 2758), den wir unten beschreiben und reprodu-
zieren, rundherum das Credo mit den Aposteln (Schr.
2757 m), von welchem bisher nur ein Exemplar in Riga
bekannt war.
Von den 16 Metallschnitten waren bisher 9 gänzlich
unbekannt, von den 7 restlichen, welche Schreiber unter den
Nrn. 2347m, 2539, 2601, 2629, 2639 (2640?), 2712 u. 2714
verzeichnet, ist nur das letzte Blatt «Der hl. Nikolaus von
Myra» in der Heitzschen Sammlung abgebildet (Bd. 15,
Taf. 43). Die Folge ist niederdeutsches (nach Schreiber
18
lerpersönlichkeit von Rang.
Was die Lokalisation dieses prächtigen Blattes an-
belangt, so ist es, meiner Ansicht nach, salzburgisch. In
der Gestalt Johannis glaubt tnan einen leisen Nachklang
der Kunsttradition dieser Gegend zu sptiren, welche den
Pähler Altar hervorbrachte. Auclt manche Einzelheit und
die Figur Christi verbinden das Blatt mit dem deutschen
Stidosten. So treffen wir analoge Typen des Kruzifixus
auf den drei salzburgischen Altartafeln zu Altmtihldorf
(um 1430), in Laufen an der Salzach und im Stifte St.
Florian (um 1440). (Alle drei abgebildet bei Fischer,
Otto: «Die altdeutsche Malerei in Salzburg», Leipzig 1908.)
Wir sehen dort denselben, schräg nach links auf dem
perspektivischen, zwischen Steinen eingepflockten Kreuze
lrängenden Körper, mit etwas eingezogenen Knien, unter-
strichener Armmuskulatur und den gestreckten, hervor-
tretenden Sehnen. Denselben kurzen Spitzbart und das
außerordentlich Iang herabwallende Haupthaar. Endlich
die riesenlangen Nägel mit großen Köpfen, mit welchen
Christus ans Kreuz geschlagen ist. Auch der seelische
Gehalt dieser eliei wehmütig-innigen, als stürmisch be-
wegten Szene entspricht der Stimmung, welche auf den
Salzburger Tafelbildern aus der ersten Hälfte des XV.Jahr-
hunderts herrscht. Maria und Johannes auf unserem Holz-
schnitte trauern sanft, aber sie rasen nicht vor Schmerz.
Erst um die Mitte des Jahrhunderts tritt eine entschei-
dende Wandlung zur bewegten, gebärdevollen, drama-
tischen Komposition, welche ihren Ausdruck auch in der
Formschneidekunst findet.
Das beschriebene Blatt dürfte um 1430—40 entstan-
den sein. Es kann den schönsten Beispielen der primi-
tiven Graphik wiirdig an die Seite gestellt werden. Bis
jetzt ist kein zweites Blatt aufgetaucht, welches denr ano-
nymen Kiinstler oder dessen Richtung zugeschrieben wer-
den könnte.
33. Christus am Kreuz mit Maria und
Johannes.
290x200 mm mit den Einfassungen, 260 x 191 mm
oline dieselben. Teigdruck von einer Metallschnitt-
platte.
Unbeschrieben. Schlecht erhalten.
Grauer Teig, schwarzer Aufdruck.
Farbenreste: grün, rot, etwas blau. Keine Gold-
spuren.
Klebt in einer Handschrift des XV. Jahrhunderts.
In der Mitte Christus arn perspektivisch gezeichneten
Kreuz, nach links gewendet. Rechts steht Johannes (der
Kopf ist ganz vernichtet), links Maria. Den Hintergrund
belebt ein breites Rankenornament. Die Konturen sind
sehr breit, die Draperien brtichig.
Nach dem Wenigen, was von der Zeichnung übrig
geblieben ist, läßt sich dieser Teigdruck nur ungefähr
beurteilen. Die Anatomie des Oberkörpers Christi mit
den hervortretenden Rippen und Brustkasten, die Draperie
am Mantel Johannis, die Art der Kopfbedeckung Marias,
könnten fiir die Entstehung dieses Blattes in den Jahren
1460—70 sprechen.
LEMBERG.
UNIVERSITÄTS-BIBLIOTHEK.
Eine Folge von 16 Metallschnitten, Christus am Kreuz,
Maria und verschiedene männliche Heilige darstellend.
Diese Blätter kleben am vorderen Einbanddeckel der In-
kunabel 197 folio: «Sermones aurei de Sanctis fratris
Leonardi de Utino ord. Praedicatoruin», gedruckt in Nürn-
berg bei Anton Koberger, 1478. Barwinski erwähnt in
seinem Katalog der Inkunabeln in der Lemberger Uni-
versitätsbibliothek rnit keiner Silbe die Existenz dieser
Metallschnitte, obwohl er die andere Folge, welche am
Hinterdeckel klebt, nennt und sie sogar reproduziert. Alle
16 Blätter in schmaler Doppeleinfassung, welche in den
Maßangaben mitgerechnet wird. Alle mit drei Farben:
braunrot, hellgelb und grün koloriert. Sie sind auf ein
unzerschnittenes Papierblatt abgedruckt und außerordent-
lich frisch erhalten. Die Folge auf dem Hinterdeckel be-
steht aus 13 Einblattdrucken: in der Mitte der große Tod
(Schr. 2758), den wir unten beschreiben und reprodu-
zieren, rundherum das Credo mit den Aposteln (Schr.
2757 m), von welchem bisher nur ein Exemplar in Riga
bekannt war.
Von den 16 Metallschnitten waren bisher 9 gänzlich
unbekannt, von den 7 restlichen, welche Schreiber unter den
Nrn. 2347m, 2539, 2601, 2629, 2639 (2640?), 2712 u. 2714
verzeichnet, ist nur das letzte Blatt «Der hl. Nikolaus von
Myra» in der Heitzschen Sammlung abgebildet (Bd. 15,
Taf. 43). Die Folge ist niederdeutsches (nach Schreiber
18