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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0017
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Altsteinzeit

13

ben. Die Herstelltechnik der Faustkeile blieb über Jahrzehntausende unverändert
und wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Dies setzte Intelligenz
und eine einfache Sprache voraus.
Aus diesen Frühmenschentypen entwickelte sich der Neandertaler. Sein Schädelvo-
lumen war größer als bei heutigen Rassen. Er war 155 bis 165 cm groß und kräftig.
Die Sorgfalt, mit der er seine Angehörigen bestattete und mit Beigaben bedachte,
weist darauf hin, daß er schon bestimmte religiöse Vorstellungen über den Tod hin-
aus hatte.1 Seine Umwelt entsprach während der Würmeiszeit etwa der nordasiati-
schen Steppentundra mit Flechten, Moosen, kriechenden Bäumen und niederen
Sträuchern. Seine Jagdtiere waren Mammut, Wollnashorn, Höhlenbär, Moschus-
ochse, Steinbock und Rentier, daneben jagdbares Klein- und Federwild wie Schnee-
hase, Schneehuhn und Wildente.
Durch den Fund eines Faustkeils aus der sogenannten Micoque-Stufe vor etwa
90 000 Jahren durch W. Raschke auf der Flur »Birkichäcker“ zwischen Brainkofen
und Leinzell ist belegt, daß der Neandertaler hier gelebt oder von Zeit zu Zeit unsere
Landschaft durchstreift hat. Die meisten der seltenen Funde stammen aus Höhlen
und Felsdächern, wo die Artefakte anders als auf Freilandfundstellen relativ unge-
stört die Jahrtausende überdauerten und zusammen mit den sonstigen Begleitfunden
wie Holzkohle aus Lagerfeuern, Nahrungsresten und Pollen eine ungefähre zeitliche
Einordnung ermöglichen und Hinweise auf Umwelt und Lebensbedingungen erge-
ben. Der längere Aufenthalt in Höhlen war aber eher die Ausnahme als die Regel,
denn das wandernde Jagdwild erforderte vom Menschen große Beweglichkeit.
Fast unvermittelt erschien vor ca. 35 000 Jahren der direkte Vorgänger des heutigen
Menschen (Homo sapiens) und verdrängte den Neandertaler. In der südwestfranzö-
sischen Landschaft des Perigord, in Les Eyzies/Cro-Magnon, die über Jahrzehn-
tausende vom Neandertaler bevölkert war, wurden im Jahre 1868 erste Reste von
ihm geborgen. Er unterscheidet sich deutlich vom Neandertaler, dagegen kaum vom
heutigen Menschen. Er war 165 bis 170 cm groß. Schon bald entwickelten sich ver-
schiedene Rassen — auch in Europa.2 Dieser moderne Mensch ist vermutlich aus dem
östlichen Mittelmeergebiet her eingewandert und hinterließ uns die ersten Kunstge-
genstände; nicht nur die berühmten Höhlenmalereien aus Frankreich und Spanien,
sondern auch Kleinplastiken aus der nächsten und näheren Umgebung. Die wohl
schönsten und ältesten Kunstwerke der Menschheit stammen aus der Vogelherdhöh-
le bei Stetten ob Lontal. Die Elfenbeinskulpturen stellen Wildpferd, Großkatzen,
Mammut, Fellnashorn und Wildrind dar, haben eine starke künstlerische Aus-
druckskraft und zeugen vom handwerklichen Geschick ihrer Hersteller. Aus der
Kleinen Scheuer vom Rosenstein kommt eine 3,8 cm große Gagat-Schnitzerei, die
zunächst als die Darstellung eines Mammuts, als der Hinterleib einer Hornisse oder
 
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