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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0049
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Schwäbisch Gmünd in frühgeschichtlicher Zeit

Es gibt noch weitere Auffälligkeiten. Da ist auf kleinem Raum die ungewöhnliche
Häufung von Kastellen (Kleindembach, Freimühle, Schirenhof), die nach Keramik-
funden wohl alle drei gleichzeitig entstanden sind. Während Kastell Kleindeinbach
als äußerster Vorposten (Obergermaniens?) am Limes und Kastell Schirenhof als
westlichste Truppenbasis Raetiens interpretiert werden können, kommt dem Kastell
Freimühle eine eigenständige Position als Straßenkastell zu, eine Rolle, in der sich
dieser Kastelltyp auch andernorts beobachten läßt. Unterstrichen wird diese Aufga-
be dadurch, daß hier die Limespassage des Rotenbachtales auf die Remstalstraße
trifft und diese unterhalb der Freimühle ihre Führung grundlegend ändert, indem sie
die Rems überschreitend vom nördlichen zum südlichen Talhang wechselt.
Aber auch die Lage der Auxiliarkastelle zueinander fällt auf. Zwischen Aalen und
dem Schirenhof beträgt der Abstand jeweils um 12 km (Luftlinie), der Schirenhof
und Lorch liegen aber nur 6,5 km auseinander, eine ungewöhnlich kurze Strecke, die
einer Erklärung bedarf.
Bezieht man schließlich die zeitlich vorausgehende Gesamtsituation in die Betrach-
tung mit ein, so ist seit der Entdeckung des Kastells Eislingen-Salach, das im allge-
meinen zu Raetien gerechnet wird, möglicherweise das Vorgängerlager des Schiren-
hofs gefunden. Auch dieses Kastell muß nahe, wenn nicht unmittelbar an der Grenze
zur Nachbarprovinz gelegen haben.

Limesfall und Völkerwanderung
Mit dem schriftlich überlieferten Einfall des Jahres 233 n. Chr., als Germanen Rhein
und Donau überschritten, um in bisher ungekanntem Ausmaß zu plündern, wäh-
rend Kaiser Severus Alexander (222—235 n. Chr.) mit Unterstützung westlicher
Truppenteile im Osten des Reiches gegen die Parther kämpfte, wird erstmals jene
verhängnisvolle Wechselwirkung deutlich, welche die römische Armee in der Folge-
zeit über ihre Kräfte beanspruchte. Hatte bis dahin die Drohung römischer Vergel-
tungsschläge Beutelüsterne außerhalb der römischen Siedlungsgebiete mehr oder
weniger in Schach gehalten, so waren nunmehr im Osten und Westen des Reiches
unnachgiebige Gegner erwachsen: Krieg gegen Eindringlinge in einem Reichsteil
bedingte die militärische Unterstützung aus dem anderen, und die damit verbundene
Truppenverminderung verlockte dann zu Übergriffen.
Zwar konnten die ersten Einfälle, die offenbar auch Spuren im Remstal hinterlassen
haben, wieder zurückgewiesen und vergolten werden. Die Anstürme gestalteten sich
jedoch immer bedrohlicher, folgten immer rascher aufeinander, was die römische
Staatsverwaltung schließlich zwang, unter Kaiser Galhenus (253—268 n. Chr.) um
 
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