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Gmünd im Spätmittelalter
verkauften Burgstall Eutighofen, 1408 und 1411 verweist die Bezeichnung Vener
»von Treppach« auf einen ländlichen Wohnsitz in diesem Ort.158
Seit dem zweiten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts kann man von einer Sozialgruppe
des »Stadtadels« sprechen, deren Mitglieder in den Urkunden das Adelsprädikat
»vest« oder den Titel »Junker« tragen. Sie setzt sich aus Familien landadliger Her-
kunft (von Nenningen, von Heimberg, von Iggingen usw.), aus Angehörigen der
Geschlechter und vornehmen Bürgerfamilien zusammen. 1417 macht der veste
Georg Flad den Anfang, 1421 erscheint Hans Burger (Taler), 1422 Wilhelm Heber-
ling und seine Söhne, 1431 Jörg Taler genannt Burger, 1436 Junker Hans Im Stein-
haus mit der Bezeichnung »vest«. Relativ spät, nämlich erst 1478, trägt ein Angehö-
riger des vornehmsten Geschlechts, Otto von Rinderbach, dieses Prädikat. 1494
erscheint Jordan Alwich, dessen Familie erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhun-
derts ratsfähig wurde, als Junker.159 Von den aus Handwerkerkreisen stammenden
Ratsfamilien des 15. Jahrhunderts hat sich keine diesem Stadtadel angeschlossen,
auch wenn adlige Feitbilder in gewissem Maße auch für sie verbindlich blieben.
Um die vorstehenden Ausführungen am Einzelfall zu belegen und zu ergänzen, lasse
ich für jedes Geschlecht eine kurze Skizze mit signifikanten sozialgeschichtlichen
Fakten folgen.
von Rinderbach.160 Das vornehmste Stadtgeschlecht stammte aus der staufischen Ministerialität und saß
ursprünglich auf der Burg Rinderbach im Osten der Stadtmarkung unterhalb des heutigen Georgishofes.
Von 1284 bis 1329 stellte es den Schultheißen der Stadt, wiederholt auch (seit 1325) den Bürgermeister.
Ein Zweig der Familie erwarb die Burg Leineck bei Alfdorf und nannte sich nach ihr. In der ersten Hälfte
des 14. Jahrhunderts sind zwei Ehen mit dem Landadel nachweisbar: 1328 war Sophie von Talheim mit
einem Rinderbach, 1332 Walther von Rinderbach mit Gut von Waldhausen vermählt.161 Wohl hauptsäch-
lich aufgrund von Heiratsverbindungen ließen sich auffallend viele Mitglieder der Familie dauernd oder
zeitweise in anderen Städten nieder. Um 1300 lebte Walther von Rinderbach in Eßlingen, 1334 tragen
zwei Angehörige des Geschlechts die Beinamen »von Werde« (Donauwörth) und »von Halle«, 1339 heißt
Heinrich von Rinderbach von Schönegk.162 Der Wegzug aus Gmünd in der zweiten Hälfte des 14. Jahr-
hunderts könnte durch die Gmünder Bürgerunruhen beeinflußt worden sein:163 In Aalen (1380/87),
Wimpfen (1382), Göppingen (1390) und Ulm (1427) trifft man Herren von Rinderbach an.164 Nicht mit
dem Gmünder Geschlecht dürfen die von Rinderbach in Schwäbisch Hall (ab 1369) verwechselt werden,
die von dem Sohn des Albrecht Schultheiß und einer von Rinderbach aus Gmünd abstammen.165
Bezeichnend für die Zwischenposition der Familie im 15. Jahrhundert zwischen Landadel, Geschlechter-
tum und kaufmännischer Führungsschicht ist der soziale Umkreis des letzten Ratsherrn der Familie Paul
von Rinderbach (1437 letztmals als Richter bezeugt). Er hatte eine Tochter des »Aufsteigers« Peter Zeisel-
müller zur Frau, zwei seiner Töchter wurden Nonnen in Gotteszell, zwei heirateten Patrizier anderer
Städte (Ungelter in Reutlingen, Sulmeister in Hall), eine vermählte sich mit dem Landadligen Hans von
Degenfeld. Sein Sohn Otto ehelichte die reiche Fernhändlerstochter Elisabeth Funk. Diesem letzten Mit-
glied des Geschlechts (gest. um 1490) wurde 1478 erstmals das Adelsprädikat »vest« beigelegt, 1486 heißt
er sogar »edel und streng«.166
Eberwin.167 Die 1259 mit Eberwin im Kirchhof erstmals erwähnte Familie, die von 1297 bis 1352 drei
Richter stellte und 1337 mit Reinbolt einen Bürgermeister, dürfte mit den Venern stammesverwandt
gewesen sein.168 Peter und Walther Eberwin zogen vor 1358 nach Schwäbisch Hall, letzterer war der
Schwiegervater des Adligen Konrad Adelmann (von Adelmannsfelden), der zeitweilig in Gmünd lebte.1''1
Gmünd im Spätmittelalter
verkauften Burgstall Eutighofen, 1408 und 1411 verweist die Bezeichnung Vener
»von Treppach« auf einen ländlichen Wohnsitz in diesem Ort.158
Seit dem zweiten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts kann man von einer Sozialgruppe
des »Stadtadels« sprechen, deren Mitglieder in den Urkunden das Adelsprädikat
»vest« oder den Titel »Junker« tragen. Sie setzt sich aus Familien landadliger Her-
kunft (von Nenningen, von Heimberg, von Iggingen usw.), aus Angehörigen der
Geschlechter und vornehmen Bürgerfamilien zusammen. 1417 macht der veste
Georg Flad den Anfang, 1421 erscheint Hans Burger (Taler), 1422 Wilhelm Heber-
ling und seine Söhne, 1431 Jörg Taler genannt Burger, 1436 Junker Hans Im Stein-
haus mit der Bezeichnung »vest«. Relativ spät, nämlich erst 1478, trägt ein Angehö-
riger des vornehmsten Geschlechts, Otto von Rinderbach, dieses Prädikat. 1494
erscheint Jordan Alwich, dessen Familie erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhun-
derts ratsfähig wurde, als Junker.159 Von den aus Handwerkerkreisen stammenden
Ratsfamilien des 15. Jahrhunderts hat sich keine diesem Stadtadel angeschlossen,
auch wenn adlige Feitbilder in gewissem Maße auch für sie verbindlich blieben.
Um die vorstehenden Ausführungen am Einzelfall zu belegen und zu ergänzen, lasse
ich für jedes Geschlecht eine kurze Skizze mit signifikanten sozialgeschichtlichen
Fakten folgen.
von Rinderbach.160 Das vornehmste Stadtgeschlecht stammte aus der staufischen Ministerialität und saß
ursprünglich auf der Burg Rinderbach im Osten der Stadtmarkung unterhalb des heutigen Georgishofes.
Von 1284 bis 1329 stellte es den Schultheißen der Stadt, wiederholt auch (seit 1325) den Bürgermeister.
Ein Zweig der Familie erwarb die Burg Leineck bei Alfdorf und nannte sich nach ihr. In der ersten Hälfte
des 14. Jahrhunderts sind zwei Ehen mit dem Landadel nachweisbar: 1328 war Sophie von Talheim mit
einem Rinderbach, 1332 Walther von Rinderbach mit Gut von Waldhausen vermählt.161 Wohl hauptsäch-
lich aufgrund von Heiratsverbindungen ließen sich auffallend viele Mitglieder der Familie dauernd oder
zeitweise in anderen Städten nieder. Um 1300 lebte Walther von Rinderbach in Eßlingen, 1334 tragen
zwei Angehörige des Geschlechts die Beinamen »von Werde« (Donauwörth) und »von Halle«, 1339 heißt
Heinrich von Rinderbach von Schönegk.162 Der Wegzug aus Gmünd in der zweiten Hälfte des 14. Jahr-
hunderts könnte durch die Gmünder Bürgerunruhen beeinflußt worden sein:163 In Aalen (1380/87),
Wimpfen (1382), Göppingen (1390) und Ulm (1427) trifft man Herren von Rinderbach an.164 Nicht mit
dem Gmünder Geschlecht dürfen die von Rinderbach in Schwäbisch Hall (ab 1369) verwechselt werden,
die von dem Sohn des Albrecht Schultheiß und einer von Rinderbach aus Gmünd abstammen.165
Bezeichnend für die Zwischenposition der Familie im 15. Jahrhundert zwischen Landadel, Geschlechter-
tum und kaufmännischer Führungsschicht ist der soziale Umkreis des letzten Ratsherrn der Familie Paul
von Rinderbach (1437 letztmals als Richter bezeugt). Er hatte eine Tochter des »Aufsteigers« Peter Zeisel-
müller zur Frau, zwei seiner Töchter wurden Nonnen in Gotteszell, zwei heirateten Patrizier anderer
Städte (Ungelter in Reutlingen, Sulmeister in Hall), eine vermählte sich mit dem Landadligen Hans von
Degenfeld. Sein Sohn Otto ehelichte die reiche Fernhändlerstochter Elisabeth Funk. Diesem letzten Mit-
glied des Geschlechts (gest. um 1490) wurde 1478 erstmals das Adelsprädikat »vest« beigelegt, 1486 heißt
er sogar »edel und streng«.166
Eberwin.167 Die 1259 mit Eberwin im Kirchhof erstmals erwähnte Familie, die von 1297 bis 1352 drei
Richter stellte und 1337 mit Reinbolt einen Bürgermeister, dürfte mit den Venern stammesverwandt
gewesen sein.168 Peter und Walther Eberwin zogen vor 1358 nach Schwäbisch Hall, letzterer war der
Schwiegervater des Adligen Konrad Adelmann (von Adelmannsfelden), der zeitweilig in Gmünd lebte.1''1