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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0214
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Stadtkultur

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im fernen Krakau trifft man Studenten aus Schwäbisch Gmünd an. Da in den Matri-
keln Studenten aus den alten Geschlechtern und vornehmen Familien nur spärlich
vertreten sind, scheinen vor allem Ffandwerkersöhne die Universitäten als Sprung-
brett für den sozialen Aufstieg genutzt zu haben. Als Beispiel für Gmünder Bürger-
söhne, die außerhalb der Stadt eine akademische Karriere machten, seien Johannes
Murrhart und Thomas Ruscher genannt. Johannes Murrhart (gest. 1468) war Theo-
logieprofessor in Heidelberg, zeitweise auch Rektor, blieb jedoch als Inhaber einer
Gmünder Kaplaneipfründe der Stadt verbunden.75 Er vermachte den Gmünder
Dominikanern, Augustinern und Franziskanern je einen ansehnlichen »Schatz«
Bücher. Sein Bruder Mathis gehörte zur wohlhabenden zünftischen Mittelschicht.
1448 ist er als Messebesucher in Nördlingen bezeugt, 1477 gehörte er zum großen
Rat der Stadt.76 Aus einem ähnlichen Milieu stammte auch Thomas Ruscher, der ab
1467 in Paris und Heidelberg studierte und in Mainz zum Theologieprofessor,
schließlich sogar zum Mainzer Weihbischof avancierte.77 1510 starb »Thomas
Ruscher aus Gmünd, Professor der Theologie, Domprediger, Weihbischof und
Generalvikar dreier Mainzer Erzbischöfe«, wie sein Grabstein im Mainzer Dom ver-
merkt. Auch er ließ die Kontakte zu seiner Vaterstadt nicht abreißen: 1492 präsen-
tierte der Rat ihn auf die Jodocuskaplanei, und im Anniversar von 1530 ist ein Jahr-
tag für ihn, seinen Vater Heinrich, seine Mutter Elisabeth und seine Schwester
Elisabeth eingetragen.78 Ebenso wie Murrhart kam Ruscher aus einer Handwerkerfa-
milie, ein Verwandter war Schneider, ein anderer Fischer.79
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stieg der Anteil der in Gmünd wirkenden
Kleriker mit akademischer Ausbildung rasch.80 Unter den Kunden, die der mögli-
cherweise aus Gmünd stammende Geislinger Kaplan Johannes Richenbach, einer der
berühmtesten Buchbinder des 15. Jahrhunderts, von 1467 bis 1484 mit kunstvollen
Einbänden für ihre Handschriften und Frühdrucke versorgte, waren auch der
Gmünder Schulmeister Magister Jakob und vier Gmünder Kapläne.81
Zahlreiche Gmünder Bürgersöhne verdankten die Möglichkeit ihres Studiums der
vom Rat kontrollierten Studienstiftung des Ansbacher Kanonikers Friedrich Im
Steinhaus. 1412 übergab dieser dem Rat 1221 fl. für ein Seelgerät, mit dem er vor
allem das Studium des kanonischen Rechts fördern wollte. Von den 116 fl. Zins soll-
ten jeweils zwei Studenten an einer Universität unterstützt werden. Der Student der
Sieben Freien Künste sollte jährlich 36 fl. erhalten und spätestens nach sieben Jahren
seinen Magister machen, um anschließend Kirchenrecht zu studieren. Für den Stu-
denten des geistlichen Rechts waren neben einem einmaligen Büchergeld in Höhe
von 40 fl. jährlich 80 fl. vorgesehen. Die Auswahl der Stipendiaten erfolgte durch
den Rat, der auch zwei städtische Pfleger bestellte, und durch drei »Seelwarte« aus
den Verwandten der Stifter. Mit der Verpflichtung der Studenten, auf Lebenszeit
 
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