Schwäbisch Gmünd von 1894 bis 1945
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sechsten Kriegsanleihe 1917 wurde mittags von 12.00 bis 12.30 Uhr mit allen Glok-
ken geläutet, um die Bevölkerung an ihre vaterländische Pflicht zu erinnern.55 Bei
der siebten Anleihe wurde von den Kanzeln auf die Bedeutung der Anleihe hinge-
wiesen.
Im März 1917 wurden alle zwischen dem 1. Juli 1857 und dem 31. Dezembrer 1869
geborenen, nicht mehr landsturmpflichtigen Männer, soweit sie von ihrer Arbeits-
stätte abkömmlich waren, für den »Vaterländischen Hilfsdienst« registriert. Es soll-
ten durch das entsprechende Gesetz Arbeitskräfte für die Kriegsindustrie und für
Wachen bereitgestellt werden. Schon früh begannen die verschiedenen Sammlungen
bzw. Beschlagnahmungen. Es erging die Aufforderung, Goldmünzen abzugeben
und gegen Papiergeld umzutauschen. Auch hier wurden die Schüler des Realgymna-
siums aktiv.56 Später wurde auf dem Rathaus eine Ankaufsstelle für Gold, Platin und
Juwelen eingerichtet. 1916 waren die Goldmünzen gänzlich aus dem Verkehr ver-
schwunden. Unaufhörlich sank der Geldwert. Die Entwicklung des für Gmünd so
wichtigen Silberpreises zeigte dies deutlich. Ein Kilogramm Silber kostete im Som-
mer 1914 68 Mark, im Januar 1916 90 Mark. Er kletterte bis Dezember 1916 bereits
auf 180 Mark und betrug am 30. Juni 1919 515 Mark.57 Bei Kupfer, Messing und
Nickel versuchte man es zunächst mit freiwilliger Ablieferung; ihr wurde in solchem
Umfang entsprochen, daß ein weiterer Ablieferungstag angesetzt werden mußte.
Von verschiedenen Gebäuden, so bei der Hauptpost und bei der Reichsbank-Filiale,
wurde die kupferne Bedachung abgenommen. Schließlich wurden sämtliche Gum-
mibereifungen an Kraftfahrzeugen beschlagnahmt. Auf die vielen anderen Sammlun-
gen zu Futter- und Ernährungszwecken, von der Sammlung von Eicheln 1914 bis
hin zur Laub-, Heu- und Nesselsammlung 1918 gehen wir hier nicht weiter ein. Die
verschiedenen Sammelaktionen wurden 1918 im »Schwabendienst« vereinigt, dessen
Leitung für Stadt und Bezirk Gmünd Reallehrer Karl Butz übernahm.58
Schon in den Nöten des Weltkriegs trat immer wieder eine Frau in Erscheinung, die
sehr viel praktischen Sinn besaß und von ungewöhnlicher Tatkraft war. Es ist Frau
Wilhelmine Keppler, eine Deutsch-Amerikanerin, die Gattin des Gymnasialprofes-
sors Keppler, der ein Bruder des Rottenburger Bischofs Paul Wilhelm von Keppler
war. Sie organisierte Arbeit für Frauen und Mädchen im Krieg in der Notstandsnä-
herei, der eine Flickwerkstatt angeschlossen war; sie richtete eine Nähstube für
schulentlassene Mädchen ein und war auch bei der Einrichtung der Kinderküchen
tätig. Als der Katholische Frauenbund in Gmünd ins Leben trat (1917), übernahm
sie den Vorsitz. Auf sie gehen in Gmünd zwei Einrichtungen zurück, deren Grün-
dung in das letzte Kriegsjahr fiel und die heute noch bestehen: das Margaritenhospi-
tal als Krankenhaus für Frauen und Kleinkinder, das als Säuglingsheim ins Leben
trat, und das Kindergärtnerinnenseminar bei St. Loreto. Für beide Einrichtungen
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sechsten Kriegsanleihe 1917 wurde mittags von 12.00 bis 12.30 Uhr mit allen Glok-
ken geläutet, um die Bevölkerung an ihre vaterländische Pflicht zu erinnern.55 Bei
der siebten Anleihe wurde von den Kanzeln auf die Bedeutung der Anleihe hinge-
wiesen.
Im März 1917 wurden alle zwischen dem 1. Juli 1857 und dem 31. Dezembrer 1869
geborenen, nicht mehr landsturmpflichtigen Männer, soweit sie von ihrer Arbeits-
stätte abkömmlich waren, für den »Vaterländischen Hilfsdienst« registriert. Es soll-
ten durch das entsprechende Gesetz Arbeitskräfte für die Kriegsindustrie und für
Wachen bereitgestellt werden. Schon früh begannen die verschiedenen Sammlungen
bzw. Beschlagnahmungen. Es erging die Aufforderung, Goldmünzen abzugeben
und gegen Papiergeld umzutauschen. Auch hier wurden die Schüler des Realgymna-
siums aktiv.56 Später wurde auf dem Rathaus eine Ankaufsstelle für Gold, Platin und
Juwelen eingerichtet. 1916 waren die Goldmünzen gänzlich aus dem Verkehr ver-
schwunden. Unaufhörlich sank der Geldwert. Die Entwicklung des für Gmünd so
wichtigen Silberpreises zeigte dies deutlich. Ein Kilogramm Silber kostete im Som-
mer 1914 68 Mark, im Januar 1916 90 Mark. Er kletterte bis Dezember 1916 bereits
auf 180 Mark und betrug am 30. Juni 1919 515 Mark.57 Bei Kupfer, Messing und
Nickel versuchte man es zunächst mit freiwilliger Ablieferung; ihr wurde in solchem
Umfang entsprochen, daß ein weiterer Ablieferungstag angesetzt werden mußte.
Von verschiedenen Gebäuden, so bei der Hauptpost und bei der Reichsbank-Filiale,
wurde die kupferne Bedachung abgenommen. Schließlich wurden sämtliche Gum-
mibereifungen an Kraftfahrzeugen beschlagnahmt. Auf die vielen anderen Sammlun-
gen zu Futter- und Ernährungszwecken, von der Sammlung von Eicheln 1914 bis
hin zur Laub-, Heu- und Nesselsammlung 1918 gehen wir hier nicht weiter ein. Die
verschiedenen Sammelaktionen wurden 1918 im »Schwabendienst« vereinigt, dessen
Leitung für Stadt und Bezirk Gmünd Reallehrer Karl Butz übernahm.58
Schon in den Nöten des Weltkriegs trat immer wieder eine Frau in Erscheinung, die
sehr viel praktischen Sinn besaß und von ungewöhnlicher Tatkraft war. Es ist Frau
Wilhelmine Keppler, eine Deutsch-Amerikanerin, die Gattin des Gymnasialprofes-
sors Keppler, der ein Bruder des Rottenburger Bischofs Paul Wilhelm von Keppler
war. Sie organisierte Arbeit für Frauen und Mädchen im Krieg in der Notstandsnä-
herei, der eine Flickwerkstatt angeschlossen war; sie richtete eine Nähstube für
schulentlassene Mädchen ein und war auch bei der Einrichtung der Kinderküchen
tätig. Als der Katholische Frauenbund in Gmünd ins Leben trat (1917), übernahm
sie den Vorsitz. Auf sie gehen in Gmünd zwei Einrichtungen zurück, deren Grün-
dung in das letzte Kriegsjahr fiel und die heute noch bestehen: das Margaritenhospi-
tal als Krankenhaus für Frauen und Kleinkinder, das als Säuglingsheim ins Leben
trat, und das Kindergärtnerinnenseminar bei St. Loreto. Für beide Einrichtungen