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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0573
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Schwäbisch Gmünd von 1945 bis 1972

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der Wohnräume beschloß der Gemeinderat auch eine Erhebung der verfügbaren
gewerblichen Räume in der Stadt. Die Einweisung der Heimatvertriebenen in die
Wohnungen ging nicht immer glatt vonstatten; gelegentlich mußte die Polizei nach-
helfen.36 Nicht so einfach ging auch die Rückführung der Evakuierten, von denen
Tausende bei Kriegsende in der Stadt lebten.
Nachdem sie ein Dach über dem Kopf hatten, mußten die Vertriebenen, jedenfalls
die arbeitsfähigen unter ihnen, möglichst rasch in den Arbeitsprozeß eingegliedert
werden. Das Arbeitsamt stellte deshalb fachkundige Vermittler ab, die sich nach dem
Eintreffen der Vertriebenenzüge gleich einen Überblick über die berufliche Zusam-
mensetzung des Transports verschafften. Soweit möglich, wurden die Vertriebenen
im erlernten Beruf eingesetzt. Des öfteren war dies natürlich nicht ohne weiteres
möglich. Die Landwirtschaft hatte damals einen ganz dringenden Bedarf an Arbeits-
kräften; er konnte durch den Einsatz der Flüchtlinge rasch gedeckt werden. Sozialer
Abstieg war damit sicher in vielen Fällen verbunden. Selbständige Landwirte aus
dem Osten waren jetzt Landarbeiter und Hilfskräfte auf schwäbischen Dörfern.
Besonders rege im Aufbau einer neuen Existenz waren von Anfang an die Gablon-
zer. Ihnen ist später ein eigenes Kapitel gewidmet.
Neben eigenen Parteien schufen die Vertriebenen und Flüchtlinge ihre Großorgani-
sation in der Bundesrepublik: den Bund der Vertriebenen. Er ist auch in Gmünd ver-
treten. Daneben gibt es die landsmannschaftlichen Zusammenschlüsse. Unter ihnen
gewannen die Sudetendeutschen besondere Bedeutung.
In der Gegenwart haben die Verbände und Organisationen der Vertriebenen an
Gewicht verloren; die Kinder der einst Ausgewiesenen sind hier auf gewachsen und
fühlen sich längst als Gmünder.
Die politischen Wahlen der Nachkriegszeit (1946 — 1956)
Zu den Zielen der Potsdamer Konferenz der Siegermächte gehörte die Demokratisie-
rung Deutschlands. Die Amerikaner, die in ihrer Zone drei Länder gebildet hatten,
nämlich ein Land Hessen, ein Land Bayern und aus den amerikanisch besetzten Tei-
len von Baden und Württemberg das Land Württemberg-Baden, wollten die Demo-
kratie in Deutschland von unten, von den Gemeinden her, aufbauen. Der stellvertre-
tende amerikanische Mihtärgouverneur General Clay diktierte den Ministerpräsi-
denten der US-Zone Deutschlands den Fahrplan für die Wahlen des Jahres 1946: im
Januar Gemeinderatswahlen, im Juni Wahl zur Verfassunggebenden Landesver-
sammlung, im Herbst Volksabstimmung über die Verfassung und Landtagswahl.
Die Ministerpräsidenten hatten Bedenken gegen den frühen Termin im Januar, doch
Clay bestand darauf.
 
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