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Die Nachtigall von Schilda.
Und er wußte selber nicht,
wie es geschehen war, plötz-
lich hatte er das Thürlein
geöffnet und den Sänger
hinansfliegcn lassen in die
duftende Mondnacht.
Nun stand er da, wie vom Donner gerührt und wußte vor
Augst nicht, was anfangen.
Da stel ihm noch rechtzeitig ein, daß Weiberlist über Mannes-
witz gehen und er schlich sich zum Kämmerlein seiner Verehrten, die
noch mehr konnte, als blos Teller waschen.
Als der Küchenmeister am Morgen zinn Verde trat, prasselte
schon das Feuer und der Junge machte sich eifrig zu schaffen. In
der Pfanne aber prutzelte lustig, wohlgeschlachtet und wohlgernpft,
die Nachtigall.
Und so ward sie denn auf silberner Schüssel unter Troinpeten
schall in den Rathssaal getragen.
Dort saßen die Rathsherrn mit feierlichen Gesichtern, und ihre
Response und Töchterchen drängten sich auf den Gallcrien, um von
der allgemeinen Erleuchtung mit abzukriegen.
Auch der Küchenjunge hatte sich eingeschlichen und in einer
Ecke verkrochen.
Und nun hatte der Bürgermeister den seltenen Braten würdig
Zerlegt und jedwedem sauber sein Läppchen zugethcilt, und hatte
bis dreie gezählt, worauf männiglich verschluckt hatte, was ihm
geworden war.
Und stand nun Alles in heiliger Erregung, und schwüles
schweigen lastete über der Versammlung.
Da plötzlich erscholl von der Ecke her — und cs war, als ob
eine Bombe im Saale platzte - eine ungeheure, gräßliche Lache, daß
es Alle wie mit Gänsehaut überlief. Es war der Küchenjunge,
der schon lange mit glühenden Backen iin Winkel gehockt und
Gesichter geschnitten hatte, als ob er ersticken wollte.
Es war ein Glück, daß ihn Niemand belauscht hatte, wie er
im Morgengrauen mit dem Blasrohre das Spätz lein vom Dache
herunterholte, während die Nachtigall längst schon vergnüglich über
die Stadtmauer geflogen war.
Und er lachte noch draußen weiter, auf der Treppe, trotz der
ungeheuren schallenden Schelle, die auf seine dicke Backe gepflanzt
worden war.
Drinnen aber hielt der Bürgermeister seine erste erleuchtete Rede.
Reinhard Volker.
Ja so!
Onkel (früh Morgens auf der Straße seiner Nichte begegnend):
„Nun, meine liebe Toni, wo kommst Du denn schon in aller Frühe
her? ... Du machst ja ein äußerst vergnügtes Gesicht!" — Nichte:
„Ich komme vom Zahnarzt!" — Onkel: „Aber da lacht man
doch meistens nicht, wenn man vom Zahnarzt kommt?!" -
Nichte: „Ja — er war nicht zu Hause!"
Verfehlte Wirkung.
Amtsräthin (zu ihrer von der Badereise zurückgekehrten
Freundin): „Nun, hast Du eine von Deinen Töchtern im Bade
angebracht?" — Major in: „Nein, alle Drei kamen gesund
zurück — nur die Gouvernante hat sich verlobt!"
Ein Zukunftsbild.
(Ans einem Theäterreferat.)
. . . Als der Vorhang zum letzten Male fiel, dnrchbrauste ein
niegeahnter Beifallssturm das Hans; ungezählte Male mußte die
berühmte Sängerin an der Rampe erscheinen, immer und immer
wieder mit frenetischem Jubel begrüßt und mit Blumen und
Kränzen überschüttet. Doch fand der Enthusiasmus erst nach der
Vorstellung seinen Höhepunkt: eine tausendköpfige Menge umlagerte
den Bühnenansgang, um der Primadonna bei'm Verlassen des
Hauses neuerliche Ovationen zu bereiten. Als sie endlich erschien
und in ihrem Automobil Platz genommen, überfiel eine
Schaar Enthusiasten einen eben passirenden Fiaker, löste dessen
Pferde von den Strängen, spannte dieselben vor das
Die Nachtigall von Schilda.
Und er wußte selber nicht,
wie es geschehen war, plötz-
lich hatte er das Thürlein
geöffnet und den Sänger
hinansfliegcn lassen in die
duftende Mondnacht.
Nun stand er da, wie vom Donner gerührt und wußte vor
Augst nicht, was anfangen.
Da stel ihm noch rechtzeitig ein, daß Weiberlist über Mannes-
witz gehen und er schlich sich zum Kämmerlein seiner Verehrten, die
noch mehr konnte, als blos Teller waschen.
Als der Küchenmeister am Morgen zinn Verde trat, prasselte
schon das Feuer und der Junge machte sich eifrig zu schaffen. In
der Pfanne aber prutzelte lustig, wohlgeschlachtet und wohlgernpft,
die Nachtigall.
Und so ward sie denn auf silberner Schüssel unter Troinpeten
schall in den Rathssaal getragen.
Dort saßen die Rathsherrn mit feierlichen Gesichtern, und ihre
Response und Töchterchen drängten sich auf den Gallcrien, um von
der allgemeinen Erleuchtung mit abzukriegen.
Auch der Küchenjunge hatte sich eingeschlichen und in einer
Ecke verkrochen.
Und nun hatte der Bürgermeister den seltenen Braten würdig
Zerlegt und jedwedem sauber sein Läppchen zugethcilt, und hatte
bis dreie gezählt, worauf männiglich verschluckt hatte, was ihm
geworden war.
Und stand nun Alles in heiliger Erregung, und schwüles
schweigen lastete über der Versammlung.
Da plötzlich erscholl von der Ecke her — und cs war, als ob
eine Bombe im Saale platzte - eine ungeheure, gräßliche Lache, daß
es Alle wie mit Gänsehaut überlief. Es war der Küchenjunge,
der schon lange mit glühenden Backen iin Winkel gehockt und
Gesichter geschnitten hatte, als ob er ersticken wollte.
Es war ein Glück, daß ihn Niemand belauscht hatte, wie er
im Morgengrauen mit dem Blasrohre das Spätz lein vom Dache
herunterholte, während die Nachtigall längst schon vergnüglich über
die Stadtmauer geflogen war.
Und er lachte noch draußen weiter, auf der Treppe, trotz der
ungeheuren schallenden Schelle, die auf seine dicke Backe gepflanzt
worden war.
Drinnen aber hielt der Bürgermeister seine erste erleuchtete Rede.
Reinhard Volker.
Ja so!
Onkel (früh Morgens auf der Straße seiner Nichte begegnend):
„Nun, meine liebe Toni, wo kommst Du denn schon in aller Frühe
her? ... Du machst ja ein äußerst vergnügtes Gesicht!" — Nichte:
„Ich komme vom Zahnarzt!" — Onkel: „Aber da lacht man
doch meistens nicht, wenn man vom Zahnarzt kommt?!" -
Nichte: „Ja — er war nicht zu Hause!"
Verfehlte Wirkung.
Amtsräthin (zu ihrer von der Badereise zurückgekehrten
Freundin): „Nun, hast Du eine von Deinen Töchtern im Bade
angebracht?" — Major in: „Nein, alle Drei kamen gesund
zurück — nur die Gouvernante hat sich verlobt!"
Ein Zukunftsbild.
(Ans einem Theäterreferat.)
. . . Als der Vorhang zum letzten Male fiel, dnrchbrauste ein
niegeahnter Beifallssturm das Hans; ungezählte Male mußte die
berühmte Sängerin an der Rampe erscheinen, immer und immer
wieder mit frenetischem Jubel begrüßt und mit Blumen und
Kränzen überschüttet. Doch fand der Enthusiasmus erst nach der
Vorstellung seinen Höhepunkt: eine tausendköpfige Menge umlagerte
den Bühnenansgang, um der Primadonna bei'm Verlassen des
Hauses neuerliche Ovationen zu bereiten. Als sie endlich erschien
und in ihrem Automobil Platz genommen, überfiel eine
Schaar Enthusiasten einen eben passirenden Fiaker, löste dessen
Pferde von den Strängen, spannte dieselben vor das
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Nachtigall von Schilda"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1900
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 113.1900, Nr. 2866, S. 9
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg