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s war so Sitte, daß der Fürst des Ländchens nach Schluß
der Ständeversammlung die Abgeordneten zur Mittags- I
tafel lud.

Diese sollte auch heute wieder stattfiudeu, und ein biederes
Bäuerlein, das seinen Wahlkreis nach besten Leibeskräften vertreten
hatte, saß in einem, dem Schloß
benachbarten Gasthaus und wartete
in theils freudiger, theils banger Er-
regung auf die Stunde, in der er die
vielgerühmte Pracht der Säle des
Schlosses und die Wunder der fürst-
lichen Küche kennen lernen sollte.

Ein lustiger Geschäftsreisender, der
in dem Gasthof logirte, saß in der Nähe
des biederen Landbotcn und hatte im
Gespräch mit demselben bald heraus-
bekommcn, welchen Festesfreuden der
Andere entgensah.

Dem Schalk blitzte der Uebermnth
in den Augen.

„Aber, mein Verehrter", sagte er
bedenklich, während er sein Gegenüber
musterte, „so können Sie doch nicht
in's Schloß!"

„So? ..Wieso?" stammelte der
Bauer erschrocken und sah an seineni
Sonntagsstaat herunter.

„Sie haben ja keine Uhr! Ohne
Uhr können Sie doch dem Fürsten
nicht vor Augen treten!" rief der
Reisende.

Der Festgast starrte ihn hülflos an.

„Uhr!" murmelte er. „Uhr! . .Woher
eine nehmen?" Er hatte nur eine
von Tomback daheim im Dorf und die
ging längst nicht mehr.

„Wissen Sie was", sagte sein Tischnachbar nach einigem
Ueberlegen, „ich Hab' eine überflüssige droben —- die leih' ich
Ihnen — Sic können sie ja Abends hier wieder am Buffet
abgeben!"

Das Bäuerlein war entzückt. Wohl hatte die Uhr ein
etwas sehr großes Format und konnte erst nach erheblichem
Pressen und Drücken in der doch ziemlich geräumigen Westentasche
nntergebracht werden; aber der Landbote fühlte sich glücklich in
ihrem Besitz und sah nicht ohne Stolz auf die glänzende Kette
herunter.

Bei der Tafel ließ er sich natürlich die guten Bissen vor
züglich schmecken. Wenn er schon meinte, nun ginge es nicht
mehr, erinnerte er sich daran, daß ihm so was so bald nicht
wieder, vielleicht im Leben nicht noch einmal zu Theil würde,
und er Hub von Neuem zu essen an. Endlich aber — es schlug
eben fünf Uhr vom Dom — wurde ihm ganz schwül. „Es wird
mir doch hier nichts zustoßen!" seufzte er. Aber kaum daß er
das gedacht, ging in seinem Innern in der Magengcgend ein
Raffeln, Schnurren, Lärmen an . . . Alles sah ans, staunte, rief,
lachte, sogar der Fürst ward aufmerksam — „o", schrie das
Bäuerlein kläglich, „ich bitt' um Entschuldigung; aber ich kann
das viele Zeug wahrhaftig nicht vertragen!"

Warf den Stuhl um und lief davon.

Zur selben Zeit schmunzelte der Reisende in irgend einer
Weinschenke vergnügt vor sich hin: „Fünf Uhr! Jetzt geht
der Wecker los! . . Prost Mahlzeit!"
Bildbeschreibung

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Titel/Objekt
"Die Uhr"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

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Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Albrecht, Henry
Entstehungsort (GND)
München

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Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

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Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

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Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
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Fliegende Blätter, 113.1900, Nr. 2885, S. 230

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