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Gelungene Kriegslist.

®er Rechtsanwalt S ch lauberger führte das Leben eines
tadellosen Familienvaters und Gatten, der, insbesondere
dein wirtshausleben abhold, die 2lbende regelmäßig in
seinem gemütlichen Pein: zuzubringen pflegte. Nur der
Samstag machte hievon eine Ausnahme. Dieser gehörte der Ge-
sellschaft „Loncordia", oder besser gesagt, dem Tarock, uird
jeder Versuch der Gattin, das „gute Männchen", das sich sonst
nicht zu mucksen traute, von der liebgewordenen Gewohnheit ab-
zubringen, scheiterte. Ihr waren diese Spielabende, die sich in
der Regel bis lange nach Mitternacht ausdehnten, ein Dorn im
Auge. „Am Sonntag in der ^rüh", jammerte sie, „kann man
natürlich nicht aufstehen, die Kathi koinmt nicht zeitig zum
Zimmeraufräumen, und ain Nachmittag, dein einzigen, den Du
Deiner Iran widmen kannst, bist Du müde, weil Du nicht ge-
hörig ausgeschlafen hast!" — Solche und ähnliche Klagen be-
kam der Doktor beider Rechte allwöchentlich zu hören; aber, wie
gesagt, in dieser Beziehung blieb
er gegen alle Vorstellungen taub.

Seinen Loncordiaabend ließ er sich
nicht nehmen, und den heutigen schon
gar nicht; denn dem Tarock ging die
große Generalversanunlung mit außer-
ordentlich interessanter Tagesordnung
voraus, und da durfte ein leidenschaft-
licher Debatter, welcher der Vorstand-
schaft fortgesetzt Opposition machte,
unter keinen Rinständen fehlen. Aber,
o weh, es war kurz vor drei R h r,
als der perr Doktor die, heute wieder
einmal ganz besonders stark knarrende
Schlafzimmertüre öffnete und hiedurch
die Gestrenge aus den: Schlummer riß.

„Grüß' Dich Gott, Schatz! .. 6ab'
ich Dich aufgeweckt? Ach, wie mir das
leid tut! Da ist aber nur wieder die
dumme Türe daran schuld!. Bist Du
schon lange zu Bett?" — „Seit elf Uhr,
und ich hatte jetzt gerade so gut ge-
schlafen! wie viel Uhr ist es denn?" —

„Ja ja, der erste Schlaf ist stets der beste!

Tin Uhr hat's soeben geschlagen!" —

„Gott sei Dank", denkt der Veuchler,

„sie glaubt's", und beginnt sich, ohne
Gewissensbisse über die unverschämte
Lüge, zu entkleiden, als ein zufällig auf
seine Taschenuhr geworfener Blick ihm
zeigt, daß es knapp auf drei Uhr geht.

Pimmel, Lügen haben kurze Beine!

Iran Rosa wacht, im nächsten Augen-
blick inuß die nahe Turmuhr schlagen,
werden die ander'n ehernen Zungen
der Stadt laut wider ihn zeugen, und
im Nebenzimmer die große Wanduhr
läßt sich sicher auch nicht lumpen, was tun? Tin findiger An-
walt und Kriminalist, momentan selbst Schwerverbrecher, war der
Doktor um einen Ausweg nicht verlegen, und gerade zur rechten
Zeit kam ihm noch der rettende Gedanke. — „Schatz", fängt er
sofort lebhaft an, „denk Dir, heute sind wir nicht einmal mehr
zum Tarock gekommen, so lange haben sich die Debatten hinaus-

gezogen, und eine Aufregung herrschte, als hinge das Wohl und
wehe des Vaterlands von dein Resultat der Abstimmungen ab.
Am ärgsten trieb's der Stadtrat Müller. . . „Meine perrn!"
schrie er." . . . (Und nun, während gleichzeitig die Uhren der
schlafenden Stadt die dritte Stunde verkündeten, fing der schlaue
Pantoffelheld zu brüllen an) — „Meine perrn, das ist ein Skan-
dal! was fällt dieser Vorstandschaft eigentlich ein? wir haben
das Recht und die Pflicht, zu verlangen, über derartige Dinge
zuvor gehört zu werden, wir find Männer und feilt Kaffeeklatsch!
wir lassen uns nichts vormachen —jawohl, wir wissen, wie viel
es geschlagen hat!!" —„Zur Sache!" schrieen nun einige andere.
„Unerhört!" „Skandal!"

„Schluß!" — „Ich lasse
mir den Mund nicht ver-
bieten, Recht inuß Recht
bleiben. Das ist ein un-

erhörter Mißbrauch der Gewalt!" — „Ruhe!" — Glocke des Vor-
sitzenden. - „Wort entziehen!" — „pinaus!" — „Unverschämt!" . . .
Kurz, Schatz, es ging zu, wie in: Parlament I — Aber jetzt" —
es hatte ausgeschlagen — „laß uns schlafen!" —Sprach's,
drehte sich um und schlief mit einem Seufzer der Trleichterung

ein... Und er schlief sogar, wie einer, der das beste Gewissen hat!

B. B—tu.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Gelungene Kriegslist"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Roeseler, August
Entstehungsdatum
um 1904
Entstehungsdatum (normiert)
1899 - 1909
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 121.1904, Nr. 3075, S. 5

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