Goldschmieds Testament.
95
Brigitte, Du Gesellin mein,
Sollst d’rum der andern Erbe sein!“ . . .
Als so zu Ende der Notar,
Gab’s erst ein grosses Schweigen.
Den Frau’n die Sprach’ verfallen war.
Den Männern wurde eigen.
Manch’ junger Fant, manch’ alter Gauch
Schlich insgeheim zur Seite
Und machte sich — wie’s heut’ noch
Brauch —
Um’s Geld flink auf die Freite.
Bescheiden lächelnd sprach Brigitt’,
’s war’ viel zu viel der Ehre,
Nahm ihre schönsten Rosen mit
Und noch der Blumen mehre.
Die pflanzte sie auf Goldschmieds Grab,
Von Tränen reich begossen,
Und sprach: „Hör’, was mit all’ der Hab’
Mein Herze still beschlossen:
Den jungen Pfeifer kennst Du gut,
Hat weder Knopf noch Gulden,
Doch Sang und Lachen, Glück und Mut -
I h m tat ich alles schulden!
Denn seine traute Lieb’ und Treu’
Füllt mir die Welt mit Wonne,
Macht froh mich alle Tage neu
Wie Gottes liebe Sonne.
D’rum — gabst Du m i r dafür Ersatz,
Muss ich wohl ohn’ Verweilen,
Sag’ selber, mit dem liebsten Schatz
Dein Erbe wieder teilen!“
— — Mir deucht, der Alte stimmte ein
Und gab ihr’s zu verstehen.
Denn nachts am Turm im Mondenschein
Da hab’ ich zwei gesehen.
W. Herbert.
Durch ihre Locken wand ich fein
Die Perlen auserlesen.
Der König könnt’ zufrieden sein.
Er ist es auch gewesen.
Gab’s da zu Prunk, Trunk, Ehr’ und
Dank
Ein Prachtgerät zu bauen,
Es Hess ihr Wuchs stolz, leicht und
schlank
Wich edle Form erschauen.
Mich lehrt’ ihr Köpfchen lieb und fein
Denkmünzen zierlich runden —
Gnd sollt’ manch’ Schelmstück d’runter
sein,
Der Schalk hier hat’s erfunden!
Kurzum, was mir - der Kunst
zum Preis,
Der Zunft zur Ehr’ — tat
glücken,
Brigitte half mit vielem Fleiss
Dazu in allen Stücken.
Was ich an Hab’ daraus ge-
wann,
Ich liab’s genützt zeitlebens,
Hab’ allem Guten Ehr’ getan,
Kein Becher klang vergebens.
Und bis mein Lämplein ist
verraucht,
Hab’ meine Hälft’ ich wohl
verbraucht.
g***
95
Brigitte, Du Gesellin mein,
Sollst d’rum der andern Erbe sein!“ . . .
Als so zu Ende der Notar,
Gab’s erst ein grosses Schweigen.
Den Frau’n die Sprach’ verfallen war.
Den Männern wurde eigen.
Manch’ junger Fant, manch’ alter Gauch
Schlich insgeheim zur Seite
Und machte sich — wie’s heut’ noch
Brauch —
Um’s Geld flink auf die Freite.
Bescheiden lächelnd sprach Brigitt’,
’s war’ viel zu viel der Ehre,
Nahm ihre schönsten Rosen mit
Und noch der Blumen mehre.
Die pflanzte sie auf Goldschmieds Grab,
Von Tränen reich begossen,
Und sprach: „Hör’, was mit all’ der Hab’
Mein Herze still beschlossen:
Den jungen Pfeifer kennst Du gut,
Hat weder Knopf noch Gulden,
Doch Sang und Lachen, Glück und Mut -
I h m tat ich alles schulden!
Denn seine traute Lieb’ und Treu’
Füllt mir die Welt mit Wonne,
Macht froh mich alle Tage neu
Wie Gottes liebe Sonne.
D’rum — gabst Du m i r dafür Ersatz,
Muss ich wohl ohn’ Verweilen,
Sag’ selber, mit dem liebsten Schatz
Dein Erbe wieder teilen!“
— — Mir deucht, der Alte stimmte ein
Und gab ihr’s zu verstehen.
Denn nachts am Turm im Mondenschein
Da hab’ ich zwei gesehen.
W. Herbert.
Durch ihre Locken wand ich fein
Die Perlen auserlesen.
Der König könnt’ zufrieden sein.
Er ist es auch gewesen.
Gab’s da zu Prunk, Trunk, Ehr’ und
Dank
Ein Prachtgerät zu bauen,
Es Hess ihr Wuchs stolz, leicht und
schlank
Wich edle Form erschauen.
Mich lehrt’ ihr Köpfchen lieb und fein
Denkmünzen zierlich runden —
Gnd sollt’ manch’ Schelmstück d’runter
sein,
Der Schalk hier hat’s erfunden!
Kurzum, was mir - der Kunst
zum Preis,
Der Zunft zur Ehr’ — tat
glücken,
Brigitte half mit vielem Fleiss
Dazu in allen Stücken.
Was ich an Hab’ daraus ge-
wann,
Ich liab’s genützt zeitlebens,
Hab’ allem Guten Ehr’ getan,
Kein Becher klang vergebens.
Und bis mein Lämplein ist
verraucht,
Hab’ meine Hälft’ ich wohl
verbraucht.
g***
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Goldschmieds Testament"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1910
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 132.1910, Nr. 3369, S. 95
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg