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S"'a5L_, Die Zwillinge. >—L<^s

„Ihr zwei seht Euch ja zum Verwechseln ähnlich! , . Kennt Euch Euer Vater wähl immer auseinander?"

Mit Bestimmtheit nicht. Wenn einer von uns etwas anstellt, werden wir zur Sicherheit immer beide dnrchgeprügelt.

-Glückes (Traum. ••©=?•*■—

l^Mccltabgeschieden iin Nordmeere erhebt sich ein Eiland, gegen
dessen Basaltklippen unablässig die Brandung tost, Schwer-
mütig, über die harten Felsschultern den braunen lllantel der
lseide gebreitet, kauert es in der unermeßlichen Bde. vor deni
rauhen Atem der See gedeiht kein Baum, kein Vögelein singt sein
Lied, einzig Möwen- und Sturmvogelschrei schrillt aus treibenden
lVolkenmassen klagend durch das trostlose Schweigen.

Ein paar Mischer nur hausten dort, die des Lebens Notdurft
der lVoge mühselig abrangen; rohe und finstere Leute, von denen
keiner je den heimatlichen läorst länger als aus Stunden ver-
lassen hatte, —

Eines Tags trieb die Strömung eine große Erdscholle gegen
den Strand — irgendwo von einem glücklicheren Gestade losgerissen
und von derbem Murzelgeflcchte zusammengehalten, und cs wuchs
auf ihr, zauberhaft schön, voll rosiger Anospen, ein Apfelbäuinchen.

Die Inselleute liefen zusainmen und betrachteten staunend das
Münder; nie hatte einer von ihnen derartiges geschaut, nie hatte
der unwirtliche Schoß des Eilands solch' lieblich Gebilde geboren
und getragen.

Andächtig schier hoben die groben Männer Scholle und Bäum-

chen ans Land; und sorgsam pflanzten sie's dort, wo die Strahlen
der Sonne, wenn sie die breitenden Nebel einmal durchbrach, ani
wärmsten auftrafen und am längsten verweilten.

Und der Baum erschloß seine Blüten und stand wie ein
Märchen, duftend und schimmernd.

Und die Männer gedachten der alten Sagen, der kaum ge
glaubten, geheimnisvoll von Geschlecht zu Geschlecht überkommenen,
der alten Sagen von blauen Inseln, i»o ewig Sonnenglanz über
Schlössern und Gärten liegt.

Und sie nannten das Bäumchen, dessen Art sie nicht kannten,
„Glückes Traum".

Lin paar Tage rollten dahin; da war die lichte Schönheit
zerstoben, das letzte duftende Blatt verloren zwischen den dunklen
Büschen der lheide.

Doch in den ernsten Augen der Männer war ein Leuchten
zurückgeblieben, unstillbare Sehnsucht, aber ein lsoffen auch und
die unerschütterliche Gewißheit: „Mir werden sie finden, wir werden
sie schauen, die blauen Inseln, ivo civig Sonnenglanz über Schlössern
und Gärten liegt, wir werden sic schauen, ja, und erobern -
dereinst, dereinst!"

Reinhard Volker.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Zwillinge"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Graetz, Theodor
Entstehungsdatum (normiert)
1910 - 1910
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 132.1910, Nr. 3384, S. 276

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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