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Stoßseufzer.
„. . Meine Schwiegermutter
ist endlich wieder nach Berlin
zurückgekehrt."
„O Sie Glücklicher! Ich
weiß gar nicht mehr, wie meine
Schwiegermutter von der Ferne
ausschant."
Gallas Geheimnis.
(Eine tragikomische Geschichte nach einer amerikanischen Idee von Friedrich A. wyneckcn.
r^U^ady war ein Dienstniädchen, — bas siebzehnte seit der
Geburt unseres nunmehr dreizehn Monate alten Rindes.
Mir gaben uns der freudigen Voffnung hin, jetzt
endlich für das Baby die richtige Person gefunden zu haben,
-ally entwickelte zuin mindesten ein ganz ungewöhnliches Talent,
den Kleinen zu amüsieren. Ihre Erfindungsgabe grenzte, was
diesen Punkt betraf, an das Erstaunliche, lind dieses Genie von
einem Mädchen hatten wir, gegen wöchentliche Abschlagszahlungen
von je vier Dollar, käuflich in nuferen Besitz gebracht.
Schon eine Woche nach Wallys Antritt waren wir bereit, ihren
Wochenlohn auf fünf Dollar zu erhöhen, unterließen dies jedoch,
da das Mädchen mehr auf gute Behandlung als hohen Lohn zu
sehen schien. Auch gab Satfy ihr Geld wie eine Prinzessin aus,
und nicht selten kaufte sie sogar Kleinigkeiten, die dazu dienten,
deni Rinde die Zeit zu vertreiben. Eine Straßenbahnfahrt mit
dein Baby nach deni park gehörte zu Sallys täglichen Angewohn-
heiten. Der Kleine gewöhnte sich schließlich so sehr an das Mädchen,
daß ihn selbst Maina nicht mehr sehr interessierte.
Eine Tatsache war klar: — Sally hatte das Ausgehfieber.
Die Välfte eines jeden Tages wenigstens wünschte sie mit deni
Rinde außerhalb des chauses zuzubringen. Da aber unser Kleiner
stets in rosigster Laune wieder Heimkain, so trugen wir keinerlei
Bedenken gegen die regelmäßigen Ausflüge in die herrliche frische
Luft des Parks.
Allein Sally besaß noch einen anderen großen Vorzug. Sie
war nicht nur an ihrer Person peinlich sauber, sondern zog sich
auch so hübsch an, daß wir uns sehr oft wunderteit, wie sie das
bei ihren: verhältnismäßig geringen Wochenlohn fertigbringen
konnte.
Wir kamen schließlich auf den Gedanken, daß Sally irgendwo
Kredit haben inüsse, und beschlossen, ihren Lohn zu erhöhen, dannt
sie ihren Verbindlichkeiten Nachkommen könne.
Lines Tages sah ich, wie sie aus einem Bankhause herauskam.
„Aha," dachte ich, „das Mädchen hat dort wahrscheinlich schon
früher seine Ersparnisse deponiert gehabt und verbraucht dieselben
jetzt nach und nach."
Da der Kassierer der betreffenden Bank einer nieiner intimsten
Freunde war, beschloß ich, bei ihm über die finanziellen Vperationcn
Sallys Erkundigungen einzuziehen. Zu meinem Erstaunen erfuhr
ich aber, daß sie dort nicht nur kein Geld abhob, sondern in:
Gegenteil wöchentlich etwa vierzig bis fünfzig Dollar deponierte.
In Anbetracht derartig mysteriöser Verhältnisse hielten nicine
Frau und ich wiederholt förmliche Konferenzen ab. Wir fragten
uns wieder und wieder, wie man sich bei einem Wochenlohn von
vier Dollar so nett kleiden und dann noch die obengenannten
Sunnnen auf die Bank tragen konnte. Eine Diebin war Sally
auf keinen Fall. Bei uns wenigstens wurde ihr keinerlei Gelegen-
heit geboten, lange Finger zu machen; auch war während ihrer
Anwesenheit i:n Vause noch nicht der geringste Wertgegenstand ab-
handen gekommen.
Die geheimnisvolle Sally war und blieb uns also ein Rätsel.
In Anbetracht ihrer ganz hervorragenden Befähigung als Kinder-
mädchen beschlossen wir aber, sic keinesfalls gehen zu lassen,
selbst wenn sie wöchentlich zehn Dollar verlangen sollte.
Sally blieb also, und zwar ohne ihr tägliches Progran::» zn
ändern, und wir dachten nicht :nehr daran, sie zu entlassen. Der
Zufall spielt aber bekanntlich eine große Rolle in: incnschlichen
Dasein, und er hat es verschuldet, daß wir uns doch eines
Tages von unserer perle von einen: Kindermädchen trennen
mußten. Liner unserer Arbeiter war näinlich auf der Vstseite der
Stoßseufzer.
„. . Meine Schwiegermutter
ist endlich wieder nach Berlin
zurückgekehrt."
„O Sie Glücklicher! Ich
weiß gar nicht mehr, wie meine
Schwiegermutter von der Ferne
ausschant."
Gallas Geheimnis.
(Eine tragikomische Geschichte nach einer amerikanischen Idee von Friedrich A. wyneckcn.
r^U^ady war ein Dienstniädchen, — bas siebzehnte seit der
Geburt unseres nunmehr dreizehn Monate alten Rindes.
Mir gaben uns der freudigen Voffnung hin, jetzt
endlich für das Baby die richtige Person gefunden zu haben,
-ally entwickelte zuin mindesten ein ganz ungewöhnliches Talent,
den Kleinen zu amüsieren. Ihre Erfindungsgabe grenzte, was
diesen Punkt betraf, an das Erstaunliche, lind dieses Genie von
einem Mädchen hatten wir, gegen wöchentliche Abschlagszahlungen
von je vier Dollar, käuflich in nuferen Besitz gebracht.
Schon eine Woche nach Wallys Antritt waren wir bereit, ihren
Wochenlohn auf fünf Dollar zu erhöhen, unterließen dies jedoch,
da das Mädchen mehr auf gute Behandlung als hohen Lohn zu
sehen schien. Auch gab Satfy ihr Geld wie eine Prinzessin aus,
und nicht selten kaufte sie sogar Kleinigkeiten, die dazu dienten,
deni Rinde die Zeit zu vertreiben. Eine Straßenbahnfahrt mit
dein Baby nach deni park gehörte zu Sallys täglichen Angewohn-
heiten. Der Kleine gewöhnte sich schließlich so sehr an das Mädchen,
daß ihn selbst Maina nicht mehr sehr interessierte.
Eine Tatsache war klar: — Sally hatte das Ausgehfieber.
Die Välfte eines jeden Tages wenigstens wünschte sie mit deni
Rinde außerhalb des chauses zuzubringen. Da aber unser Kleiner
stets in rosigster Laune wieder Heimkain, so trugen wir keinerlei
Bedenken gegen die regelmäßigen Ausflüge in die herrliche frische
Luft des Parks.
Allein Sally besaß noch einen anderen großen Vorzug. Sie
war nicht nur an ihrer Person peinlich sauber, sondern zog sich
auch so hübsch an, daß wir uns sehr oft wunderteit, wie sie das
bei ihren: verhältnismäßig geringen Wochenlohn fertigbringen
konnte.
Wir kamen schließlich auf den Gedanken, daß Sally irgendwo
Kredit haben inüsse, und beschlossen, ihren Lohn zu erhöhen, dannt
sie ihren Verbindlichkeiten Nachkommen könne.
Lines Tages sah ich, wie sie aus einem Bankhause herauskam.
„Aha," dachte ich, „das Mädchen hat dort wahrscheinlich schon
früher seine Ersparnisse deponiert gehabt und verbraucht dieselben
jetzt nach und nach."
Da der Kassierer der betreffenden Bank einer nieiner intimsten
Freunde war, beschloß ich, bei ihm über die finanziellen Vperationcn
Sallys Erkundigungen einzuziehen. Zu meinem Erstaunen erfuhr
ich aber, daß sie dort nicht nur kein Geld abhob, sondern in:
Gegenteil wöchentlich etwa vierzig bis fünfzig Dollar deponierte.
In Anbetracht derartig mysteriöser Verhältnisse hielten nicine
Frau und ich wiederholt förmliche Konferenzen ab. Wir fragten
uns wieder und wieder, wie man sich bei einem Wochenlohn von
vier Dollar so nett kleiden und dann noch die obengenannten
Sunnnen auf die Bank tragen konnte. Eine Diebin war Sally
auf keinen Fall. Bei uns wenigstens wurde ihr keinerlei Gelegen-
heit geboten, lange Finger zu machen; auch war während ihrer
Anwesenheit i:n Vause noch nicht der geringste Wertgegenstand ab-
handen gekommen.
Die geheimnisvolle Sally war und blieb uns also ein Rätsel.
In Anbetracht ihrer ganz hervorragenden Befähigung als Kinder-
mädchen beschlossen wir aber, sic keinesfalls gehen zu lassen,
selbst wenn sie wöchentlich zehn Dollar verlangen sollte.
Sally blieb also, und zwar ohne ihr tägliches Progran::» zn
ändern, und wir dachten nicht :nehr daran, sie zu entlassen. Der
Zufall spielt aber bekanntlich eine große Rolle in: incnschlichen
Dasein, und er hat es verschuldet, daß wir uns doch eines
Tages von unserer perle von einen: Kindermädchen trennen
mußten. Liner unserer Arbeiter war näinlich auf der Vstseite der
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Stoßseufzer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1910
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1920
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 132.1910, Nr. 3387, S. 316
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg