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Mürbe geworden.

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Und der Tmiz begann.

„Also", knurrte der Assessor unwirsch,

„liebenswürdige Art, allen Damen die Cour
zu machen; das riecht nach Eifersucht. Der
näselnde von Brixen „hatte bereits die Ehre"!

Ich wünschte, ich hätte das Vergnügen, ihm
das Genick zu brechen. Und dann nennt mich
diese Grethe Hermann! Da hört Alles auf!

Sollte sie wirklich nicht wissen, daß ich Hans
heiße? Unsinn! So gleichgiltig werde ich ihr
am Ende doch nicht sein! Ein Vierteljahr
kennen wir uns! Sie muß wissen, daß ich
sic recht ernstlich lieb habe — und nun sagt
sie Hermann! Schändlich! Aber warte, Krabbe;
reizest du mich nachher noch einmal, so sage
ich Rosamunde statt Grethe! Das wirst du ja
dann wohl merken! Jetzt tanzen? Fällt mir
gar nicht ein! Ich gehe in's Zimmer, wo die
alten Herren sitzen und dresche einen Skat."

Brummig führte er diesen Vorsatz aus, und
beinahe hätte er bei einem Grand überhört,
daß der geschniegelte Tanzmeistcr, der mit einer
Würde durch den Saal schritt, wie der Storch
durch das Salatfeld, soeben losdonnerte: „Ersuche
die Herrschaften, zum zweiten Contre anzutreten!"

Der Assessor sprang auf; bald stand er
vor seiner Grethe und bot ihr, etwas gemessen, den Arm.

„Herr Assessor!" begann sie mit weicher, einschmeichelnder
Stimme. — Ganz erstaunt schaute er ihr in's Gesicht. Sie blickte
ihn so lieb an, daß er seinen ganzen Aerger vergaß.

„Sie zürnen mir", fuhr sie fort, „daß ich vorhin so —
wie soll ich sagen - nun, so, so gewesen! Aber es gibt
Fälle im Leben, wo. ."

„Erstes Paar, zweites Paar, drittes Paar, viertes
Paar", brüllte der Tanzmeistcr und beschrieb mit seinem Chapeau
ulaque gewaltige Kurven durch die Luft.

„Verzeihen Sie mir?" fragte Grethe schmeichelnd ihren Tänzer.

„Nur dann, wenn Sie mich bei meinem richtigen Vor-
namen nennen!"

„Weiß ich nicht!"

„Wirklich nicht? In der langen Zeit, wo ich mir Mühe
gegeben habe, Ihnen ein freundliches Interesse für mich abzu-
gewinnen, wo.

„Chaine anglaise!“ kommandirte der Tanzmeister.

„Wo ich . ."

„Lassen wir das! Ich weiß ja, daß Sie unserer Familie
sehr zugcthan sind, daß Sie mir anch freundlichst die Cour ge-
macht haben, wie dies nun einmal die Höflichkeit. ."

„Balancez aux Dames!“

„Ach was, Fräulein, Höflichkeit hin, Höflichkeit her! Mir
scheint, Sie wollen durchaus nichts von mir wissen!"

„Ich werde Ihnen sofort das Gegentheil beweisen, wenn mir
auch Ihr Vorname entfallen ist, Herr Assessor: ich will Ihnen.. "

„En avant les Messieurs! En arriere! Reverence
aux Dames!“

„Ich könnte den Kerl vergiften!" knirschte der Assessor, als
er sich tief vor seiner Dame verbeugte. — „Also", fuhr Grethe
fort, „ich will Ihnen als Freund unseres Hauses, auf dessen
Verschwiegenheit ich mit Bestimmtheit rechne, ein Gchcimniß
anvertrauen, aber nur Ihnen als väterlichen- Freund!"

„Was? Väterlichen.."

„Des Dames seules ! Tournez ! Balancez!“

„Väterlicher Freund? Ist ja sehr nett! Warum nicht gleich
Großvater?"

„Unterbrechen Sie mich doch nicht! Also nicht wahr, Sic
sagen es Niemand'!"

„Niemand'", stöhnte der Assessor.

„Ich werde mich wahrscheinlich schon morgen. ."

„Changez les Dames! Encore une fois! Moulinez!“

„Ich werde mich wahrscheinlich schon morgen verloben!"

„Fräulein! Um Gotteswillen!"

„Was haben Sie, Herr Assessor?"

„Da rnain gauche! Grrrande cbalne!“

„O nichts, mein Fräulein! Wer — wird der Glückliche sein?"

„Premier Monsieur, seconde Dame en avant!“

„Das, Herr Assessor, darf ich noch nicht verrathcn. Nun?
Grntuliren Sie mir denn nicht?"

„Grande reverence! Promenade ä vos places!“

„Mein Fräulein! Gut, daß der Tanz zu Ende ist!"

„Aber Herr Assessor!"

„Mißverstehen Sie mich nicht!"

„Aber wollen Sie mich nicht zuvörderst auf meinen Platz
führen? Wir Beide stehen hier schon ganz allein mitten unter
dem Kronleuchter!"

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Mürbe geworden"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Zopf, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 90.1889, Nr. 2267, S. 3

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