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<l®m fernen Osten lebte einst ein weiser Mann. Das Volk
erzählte sich über ihn tausend unglaubliche Dinge, die
dennoch geglaubt wurden; es hieß, daß es aus Erden und im
Weltall kein Räthsel für ihn gäbe, daß er das Wesen aller
Dinge, das Wesen der Seele, das Wesen Gottes sogar erforscht
habe. Morgan, so hieß der Weise/ galt auch als unsterb-
lich, und die ältesten Leute wußten zu berichten, daß bereits
ihre Großväter ihn gekannt hätten und daß er schon damals dem
Aeußeren nach ein Greis gewesen sei.
Der Unsterbliche, wie das Volk ihn darum kurzweg nannte,
wohnte auf einem Berge, inmitten eines kleinen Wäldchens.
Die große Masse hegte so tiefe Ehrfurcht und so abergläubische
Scheu vor ihm, daß Niemand dieses Wäldchen oder gar den
Umkreis seiner Hütte zu betreten wagte. Nur den jeweiligen
Kadis der Stadt, die am Fuße des Berges lag, war nach
alter Ueberlieferung das Recht eingeräumt, den Weisen zu be-
suchen, jedoch blos dann, wenn irgend ein äußerst wichtiges
Ereigniß den Rath dieses so erhabenen und gelehrten Mannes
nöthig machte. Schon viele Jahre bestand dieser Brauch, und
die Bevölkerung der Stadt war mit ihrem Rathgeber stets zu-
frieden gewesen.
Da wurde Jbu-Hakim, der für den Gerechtesten auf tausend
Meilen im Umkreise galt. Kadi. Schon im dritten Monate
seiner Kadischaft trat ein Ereigniß ein, über welches nach all-
gemeiner Ansicht die Meinung des Unsterblichen eingeholt werden
mußte. An dem bestimmten Tage ordnete sich die Prozession
in der herkömmlichen Weise. Vorne gingen vier weiße Ele-
<l®m fernen Osten lebte einst ein weiser Mann. Das Volk
erzählte sich über ihn tausend unglaubliche Dinge, die
dennoch geglaubt wurden; es hieß, daß es aus Erden und im
Weltall kein Räthsel für ihn gäbe, daß er das Wesen aller
Dinge, das Wesen der Seele, das Wesen Gottes sogar erforscht
habe. Morgan, so hieß der Weise/ galt auch als unsterb-
lich, und die ältesten Leute wußten zu berichten, daß bereits
ihre Großväter ihn gekannt hätten und daß er schon damals dem
Aeußeren nach ein Greis gewesen sei.
Der Unsterbliche, wie das Volk ihn darum kurzweg nannte,
wohnte auf einem Berge, inmitten eines kleinen Wäldchens.
Die große Masse hegte so tiefe Ehrfurcht und so abergläubische
Scheu vor ihm, daß Niemand dieses Wäldchen oder gar den
Umkreis seiner Hütte zu betreten wagte. Nur den jeweiligen
Kadis der Stadt, die am Fuße des Berges lag, war nach
alter Ueberlieferung das Recht eingeräumt, den Weisen zu be-
suchen, jedoch blos dann, wenn irgend ein äußerst wichtiges
Ereigniß den Rath dieses so erhabenen und gelehrten Mannes
nöthig machte. Schon viele Jahre bestand dieser Brauch, und
die Bevölkerung der Stadt war mit ihrem Rathgeber stets zu-
frieden gewesen.
Da wurde Jbu-Hakim, der für den Gerechtesten auf tausend
Meilen im Umkreise galt. Kadi. Schon im dritten Monate
seiner Kadischaft trat ein Ereigniß ein, über welches nach all-
gemeiner Ansicht die Meinung des Unsterblichen eingeholt werden
mußte. An dem bestimmten Tage ordnete sich die Prozession
in der herkömmlichen Weise. Vorne gingen vier weiße Ele-
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Unsterbliche und der Kadi"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1892 - 1892
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)