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Stadtarchäologie in Braunschweig — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 3: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.57459#0030
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hung der abgelagerten Kulturschichten auf den Nie-
derterrassen bis zu 1,50 m Höhe lassen den Schluß zu,
daß bis zum Ende des 19. Jahrhunderts schätzungs-
weise über 2 Millionen Kubikmeter Sandmaterial ein-
gebracht worden sind. Damit wird eine Größenord-
nung erreicht, die der Beseitigung von 2,3 Millionen
Kubikmeter Trümmerschutt nach 1945 nahezu ent-
spricht.
Das Niveau wurde stellenweise in der Okerniederung
auf die Höhe der ehern, hochmittelalterlichen Nieder-
terrasse angehoben (Abb. 13, Befund an der Hagen-
brücke).
Hinsichtlich der Frage nach dem zeitlichen Ausbau der
Neustadt im Verhältnis zum Hagen liegen erst wenige
indirekte Baudaten vor34. Die Gründung und weit

nach Norden reichende Anlage des Weichbildes Hagen
wird jedoch kaum vorgenommen worden sein, wenn
nicht auch zugleich schon eine Aufsiedlung der Neu-
stadt konzipiert war und Siedlungsanfänge hier vor-
gelegen haben. Nach der Altlandschaftsstruktur
kommt das Gebiet um den späteren Wollmarkt und die
Andreaskirche bis zum Ende der Halbinsel in Höhe der
Küchenstraße in Betracht. Die Besiedlung am Straßen-
system der westlichen Neustadt (Beckenwerkerstraße,
Weberstraße) setzt jedoch wie auch südlich davon erst
nach Aufschüttung der „Rennelbergbach-Niederung“
zu Anfang des 13. Jahrhunderts ein35.
Die archäologischen Befunde in der Altenwiek weisen
bisher auf eine Siedlungserweiterung im Raum Klint/
Ritterstraße in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts
hin.

Anmerkungen

1 Als älteste Schriftquelle ist die Weihenotiz für St. Magni aus dem
Jahr 1031 überliefert. Die Pfarrkirche des späteren Weichbildes
Altewiek liegt auf dem östlichen Okerufer in der Diözese Hal-
berstadt. Die Siedlung heißt brunesguik, der Grundherr Graf
Liudolf der Bischof Branthag und die Stifter der Kirche Hathe-
ward und seine Frau Atta. Es wird der Pfarrsprengel von bru-
nesguik mit siebzehn Orten bestimmt, zwei Schenkungen von
einigen Hufen Land werden mitgeteilt.
2 Vgl. hierzu O. Steller 1954, F. Timme 1963, R. Moderhack 1981
und M. Last 1982.
3 Grundlegend hierzu M.R.W. Garymann 1976, 11—35; TV. Kamp
1982 und M. Last 1982.
4 Vgl. hierzu O. Fahlbusch 1912, M. Puhle 1981 und 1985 sowie IF.
Ehbrecht 1982, 37.
5 Hierzu grundlegend W. Meibeyer 1966, G. Spies 1976, R. Moder-
hack 1978, R. Liess 1980,/. Mertens 1981 und H.IF. Schupp 1984.
6 Grabung Nicolaikirche: A. Tode 1958. GrabungDankwarderode
auf ass. 2832: A. Tode 1949; F. Niquet 1954, 131. Merkblatt: A.
Tode 1948.
7 L. Hänselmann in der Erstveröffentlichung 1877, 394 ff.; dann in
den Jahren 1887 und 1898 wiederholt.
8 Vgl. C.W. Sack 1850, 13f., 21, 27; T.C. Bethmann 1861, 525f.;
H. v. Strombeck 1869, 24—26. Zu Aktivitäten des „Ausschusses
für Denkmalpflege im Herzogtum Braunschweig“ in den Jahren
1903-1907, vgl. H.-H. Möller 1983, 83-94.
9 In den Kurzberichten werden aufgrund des Arbeitsstandes vom
30.6.1984 insgesamt 68 Stadtgrabungen behandelt. Ihre Anzahl
hat sich inzwischen auf 82 erhöht (30.4.1985).
10 In Abb. 6 sind die Sedimentbefunde der Baugrundkarte von N.
Stegmann aus dem Jahr 1969 nicht eingetragen worden (vgl.
Beitrag Schneider in diesem Band; Rötting 1981, Abb. 2, S. 710 f.).
11 Unterlagen stellten dankenswerterweise zur Verfügung: Dr.-
Ing. H. Kielbassa, Ingenieurbüro für Grundbau, Braunschweig,
sowie das Leichtweiß-Institut für Wasserbau der Technischen
Universität Braunschweig.
12 Befundaufnahme auf Oberkante Sediment oder Schilfhorizont
bzw. Unterkante erste anthropogene Schicht wie Knüppeldecke,
Reisiglage, Aufschüttung oder Kirchenestrich.
13 Nach Angaben von Dipl.-Ing. V. Feeser, TU Braunschweig,
findet eine Porositätsschwindung von 70 % auf 50 % statt (all-
gemeiner Richtwert), d.h. eine Schichtmächtigkeit von 1 m
Schluff wird pauschal auf 0,71 m Höhe verdichtet. Örtlich wirk-
same Faktoren wie Auflastgewicht, Mächtigkeit des Sediments,
Entwässerungsumfang und Grundwasseranstieg sind jeweils
26

einzubeziehen. Diesen Vorgängen und Fragen soll zukünftig
aufgrund der Grabungsbefunde („durchhängende“ Schichten,
Mächtigkeit des Schluffs) interdisziplinär verstärkt nachgegan-
gen werden.
14 Gegenwärtig ca. 500 Befunde; die Vorlage in Katalogform mit
Kartierung erfolgt nach Abschluß der wesentlichen Grabungen.
15 Archäologische Befunde über Moorboden konnten bisher nicht
aufgedeckt werden. Die westlich der Altstadt in Höhe der all-
gemeinen Lößgrenze auftretende Lößinsel liegt hier durch-
schnittlich 3 km vom Talrand der Okeraue entfernt (Kloos 1897,
Karte).
16 Vgl. Stadtgrabung 31; mit der Errichtung eines Walles wird auch
die schmale Landbrücke durch einen Graben unterbrochen wor-
den sein, jedoch liegen Grabungsbefunde hierüber noch nicht
vor.
17 TV. Stegmann (1969) definiert die räumlich geschlossenen, kiesigen
bis schluffigen Sedimentbefunde auf der westlichen Niederter-
rasse als pleistozän (vgl. Beitrag Schneider in diesem Band). Sie
könnten aber als Grundwasserteiche noch in hochmittelalterli-
cher Zeit unter Wasser gestanden haben. Grabungen konnten
bisher ihren Flächenumfang reduzieren, aber noch nicht die
Sedimente selbst erfassen.
18 Die paläo-ethnobotanischen Untersuchungen werden auch zur
Klärung der Vegetation und ihrer Veränderungen beitragen
können. Nach M. Matthies (1984, 86 ff.) wurden besonders für
die hochmittelalterliche Zeit bereits „recht häufig Arten aus
Sumpf und Röhrichtbeständen erfaßt. Sie bilden zusammen mit
Arten des Feuchtgrünlandes, der Schlammufer, Flutrasen, Erlen-
brüche und Auenwälder eine große Gruppe (47 Arten). Das
zeigt, daß Feuchtstandorte im Bereich der Stadt noch sehr ver-
breitet waren. Laubwald- und Gebüschgesellschaften sind ins-
gesamt ziemlich selten vertreten“.
19 Vgl. P.J. Meier 1922, 13. Im Grabenfundament zu Bau I (vor-
läufige Datierung in das 10. Jh.) der späteren Jakobskapelle
(Stadtgrabung 5) fanden sich Flußgerölle.
20 Die Rekonstruktion der Altlandschaft erschließt für die Sied-
lungsentwicklung neue Grundlagen. Das beispielsweise in der
älteren Stadtforschung angenommene günstigere, höhergele-
gene Siedlungsniveau von 73 m ü. NN für die ufereinwärts sich
entwickelnde sog. Eiermarktsiedlung im Umfeld der Jakobska-
pelle gegenüber der sog. Kohlmarktsiedlung (am überschwem-
mungsgefährdeten Okerufer) bestand nicht. Beide Siedlungs-
areale liegen auf Höhenschichten zwischen ca. 70 bis 71 m ü. NN.
 
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