Mineralogische Untersuchungen an gelbtoniger
Irdenware des 12. bis 13. Jahrhunderts
in Braunschweig und Goslar
Martin Okrusch und Regina Wilke-Schiegries
Inhalt
1. Problemstellung
2. Aufbau eines keramischen Scherbens
3. Untersuchungsergebnisse
Mineralische Magerung
Altton-Magerung
Matrix
Poren und Risse
Malschichten
Chemische Zusammensetzung der Scherben
4. Diskussion
Herkunft des Rohmaterials
Technologischer Entwicklungsstand
Literaturverzeichnis
1. Problemstellung
Bei Grabungen in den Altstadt-Gebieten von Braun-
schweig und Goslar wurden seit 1976 vereinzelt Scher-
ben und Scherbchen von äußerlich grauweißer, mittel-
grauer (im Bruch ockerfarbener), ockergrauer (im
Bruch grauweißer), ockergelber und hellgelber Irden-
ware gefunden - im folgenden kurz „gelbtonige Ir-
denware“ genannt, die allgemein in das 12./13. Jahr-
hundert einzuordnen sind. Für die Herkunft dieser Ke-
ramik bieten sich im wesentlichen zwei Möglichkeiten
an. Zum einen kommen Importe aus dem Nieder-
rhein-Gebiet in Frage, wo u.a. in den Töpferorten Ba-
dorf, Walberberg und Pingsdorf im Kölner Vorge-
birgsraum vom 8. Jahrhundert an gelbtonige Irdenware
- mit roter Bemalung etwa seit der Mitte des 9. Jahr-
hunderts - hergestellt wurde, die eine weite Verbrei-
tung fand {Böhner, 1950; Lobbedey, 1968.).
Andererseits könnte es sich aber auch um Importe
(Derivate) aus dem niedersächsischen Raum handeln,
besonders aus dem Gebiet von Duingen bei Alfeld
{Plath, 1959).
Für die Unterscheidung der gelbtonigen Irdenware aus
Badorf-Pingsdorf und aus den verschiedenen nieder-
sächsischen Töpfereiorten hat Frechen (1959) auf
Grund mikroskopischer Untersuchungen eine Reihe
von Kriterien erarbeitet, die als Leitlinien für die Beur-
teilung des hier vorliegenden Scherbenmaterials dien-
ten. Hierfür stellte uns Herr Professor Frechen in dan-
kenswerter Weise Dünnschliffe von Duinger und von
Badorf-Pingsdorfer Keramik aus seiner Sammlung zur
Verfügung. Aber gerade das Studium dieses Ver-
gleichsmaterials zeigte, wie schwierig die mikroskopi-
sche Unterscheidung im Einzelfall sein kann. Wir ver-
suchten daher, durch rasterelektronen-mikroskopi-
sche, röntgenographische und chemische Analysen zu-
sätzliche Kriterien zu gewinnen. Trotzdem ist es uns
mit den Untersuchungsergebnissen, die wir in diesem
vorläufigen Bericht vorlegen, noch nicht möglich, die
Herkunftsfrage eindeutig zu klären, da die Probenzahl
für eine statistisch gesicherte Aussage bislang noch zu
gering ist. Außer drei aus Duingen stammenden Scher-
ben, die als Vergleichsmaterial dienten, wurden bisher
drei in Goslar und fünf in Braunschweig gefundene
Scherben untersucht. Es ist geplant, die Arbeiten an ei-
nem größeren Probenmaterial fortzusetzen.
Neben der Diskussion der Herkunft gestatten unsere
Untersuchungen vorläufige Aussagen über den techno-
logischen Entwicklungsstand der mittelalterlichen
Töpfer, wie er sich in der Qualität der gelbtonigen
Irdenware dokumentiert.
Die untersuchten Proben sind in Tabelle 1 aufgelistet
und in Abb. 1 (Farbtafel 15) dargestellt. Archäologi-
sche Aspekte einschließlich der Scherbenbeschreibung
wird H. Rötting in einer späteren Arbeit vorlegen.
2. Aufbau eines keramischen Scherbens
Schon mit dem freien Auge, besonders aber unter dem
Mikroskop läßt em keramischer Scherben drei wesent-
liche Bauelemente erkennen: 1. Matrix, 2. Magerung,
3. Poren und Risse (Farbtafel 15, Abb. 2a-d). Dazu
kommen in manchen Fällen noch eine Glasur, eine En-
gobe oder eine Malschicht auf der Oberfläche des
Scherbens.
249
Irdenware des 12. bis 13. Jahrhunderts
in Braunschweig und Goslar
Martin Okrusch und Regina Wilke-Schiegries
Inhalt
1. Problemstellung
2. Aufbau eines keramischen Scherbens
3. Untersuchungsergebnisse
Mineralische Magerung
Altton-Magerung
Matrix
Poren und Risse
Malschichten
Chemische Zusammensetzung der Scherben
4. Diskussion
Herkunft des Rohmaterials
Technologischer Entwicklungsstand
Literaturverzeichnis
1. Problemstellung
Bei Grabungen in den Altstadt-Gebieten von Braun-
schweig und Goslar wurden seit 1976 vereinzelt Scher-
ben und Scherbchen von äußerlich grauweißer, mittel-
grauer (im Bruch ockerfarbener), ockergrauer (im
Bruch grauweißer), ockergelber und hellgelber Irden-
ware gefunden - im folgenden kurz „gelbtonige Ir-
denware“ genannt, die allgemein in das 12./13. Jahr-
hundert einzuordnen sind. Für die Herkunft dieser Ke-
ramik bieten sich im wesentlichen zwei Möglichkeiten
an. Zum einen kommen Importe aus dem Nieder-
rhein-Gebiet in Frage, wo u.a. in den Töpferorten Ba-
dorf, Walberberg und Pingsdorf im Kölner Vorge-
birgsraum vom 8. Jahrhundert an gelbtonige Irdenware
- mit roter Bemalung etwa seit der Mitte des 9. Jahr-
hunderts - hergestellt wurde, die eine weite Verbrei-
tung fand {Böhner, 1950; Lobbedey, 1968.).
Andererseits könnte es sich aber auch um Importe
(Derivate) aus dem niedersächsischen Raum handeln,
besonders aus dem Gebiet von Duingen bei Alfeld
{Plath, 1959).
Für die Unterscheidung der gelbtonigen Irdenware aus
Badorf-Pingsdorf und aus den verschiedenen nieder-
sächsischen Töpfereiorten hat Frechen (1959) auf
Grund mikroskopischer Untersuchungen eine Reihe
von Kriterien erarbeitet, die als Leitlinien für die Beur-
teilung des hier vorliegenden Scherbenmaterials dien-
ten. Hierfür stellte uns Herr Professor Frechen in dan-
kenswerter Weise Dünnschliffe von Duinger und von
Badorf-Pingsdorfer Keramik aus seiner Sammlung zur
Verfügung. Aber gerade das Studium dieses Ver-
gleichsmaterials zeigte, wie schwierig die mikroskopi-
sche Unterscheidung im Einzelfall sein kann. Wir ver-
suchten daher, durch rasterelektronen-mikroskopi-
sche, röntgenographische und chemische Analysen zu-
sätzliche Kriterien zu gewinnen. Trotzdem ist es uns
mit den Untersuchungsergebnissen, die wir in diesem
vorläufigen Bericht vorlegen, noch nicht möglich, die
Herkunftsfrage eindeutig zu klären, da die Probenzahl
für eine statistisch gesicherte Aussage bislang noch zu
gering ist. Außer drei aus Duingen stammenden Scher-
ben, die als Vergleichsmaterial dienten, wurden bisher
drei in Goslar und fünf in Braunschweig gefundene
Scherben untersucht. Es ist geplant, die Arbeiten an ei-
nem größeren Probenmaterial fortzusetzen.
Neben der Diskussion der Herkunft gestatten unsere
Untersuchungen vorläufige Aussagen über den techno-
logischen Entwicklungsstand der mittelalterlichen
Töpfer, wie er sich in der Qualität der gelbtonigen
Irdenware dokumentiert.
Die untersuchten Proben sind in Tabelle 1 aufgelistet
und in Abb. 1 (Farbtafel 15) dargestellt. Archäologi-
sche Aspekte einschließlich der Scherbenbeschreibung
wird H. Rötting in einer späteren Arbeit vorlegen.
2. Aufbau eines keramischen Scherbens
Schon mit dem freien Auge, besonders aber unter dem
Mikroskop läßt em keramischer Scherben drei wesent-
liche Bauelemente erkennen: 1. Matrix, 2. Magerung,
3. Poren und Risse (Farbtafel 15, Abb. 2a-d). Dazu
kommen in manchen Fällen noch eine Glasur, eine En-
gobe oder eine Malschicht auf der Oberfläche des
Scherbens.
249