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Das Rathaus in Duderstadt — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 6: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.57465#0090
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HORST MASUCH


71 Der als Marstall erbaute Südwestflügel. Zustand 1982.


72 Treppenaufgang zur Laube. Zustand 1982 vor Beginn der
Restaurierungsarbeiten

bei der Eintragung der Bezahlung an den Bildhauer
Kersten keinen Hinweis auf eine farbige Fassung
der Figuren oder des Schnitzwerkes.
Diese Bildhauerarbeit trug bis zu ihrer Restaurie-
rung einen fast steinfarbenen Anstrich, der nur wenig
farbig abgesetzt war. Es war bekannt, und ältere
Fotos zeigten auch, daß die Figuren um die Jahr-
hundertwende abgebeizt und mit einem holzfarbe-
nen Anstrich versehen worden waren. Eine nor-
male restauratorische Befunduntersuchung er-
brachte keinen Hinweis auf eine ursprüngliche
Farbfassung. Erst eine mit hohem technischen Auf-
wand durchgeführte Untersuchung wies die Origi-
nalfassung nach, über die Wolfgang Fünders an an-
derer Stelle berichtet. Ebenso stellt Beatrice Trost
gesondert ihre Forschungsergebnisse zur Ikono-

graphie der Figuren und über den Bildhauer Ker-
sten dar. Soviel sei hier nur vorweggenommen, daß
die qualitätvolle Bildhauerarbeit durch die außer-
gewöhnlich reiche und differenzierte Farbfassung
noch übertroffen wird.
Die Bereicherung der Eingangssituation war das
nach außen sichtbare Ergebnis dieser Bauphase.
Der im Hof errichtete Fachwerkbau war wesentlich
bescheidener und hielt sich im Rahmen der beim
Rathaus üblichen Bauweise. Ratszimmermann Ste-
phan Rohrmann berechnete das Aufbauen eines
Marstalles. Sein Name steht auch mit der Jahres-
zahl 1675 als Bauinschrift im Sturz einer der beiden
Erdgeschoßtüren zum Hof. Aber ein neuer Stall für
die Pferde war nicht der eigentliche Anlaß für den
Neubau, da ein Pferdestall erst abgerissen werden
mußte, ehe mit dem Neubau begonnen werden
konnte.
Die westliche Hofmauer bildet die äußere Erdge-
schoßwand des neuen Gebäudes, das im Norden an
den Saalbau angebaut wurde und im Süden nicht
ganz bis an die südliche Hofmauer heranreichte.
Ein anscheinend älteres Stück Mauerwerk wurde
Bestandteil des Giebels. Eine Grundrißzeichnung 97
aus dem Jahre 1815 könnte in dem älteren Teil noch
die ursprüngliche Raumaufteilung darstellen. Da-
nach nahm der Pferdestall weniger als die Hälfte
der Erdgeschoßfläche in Anspruch, der andere Teil
enthielt die Marställer-Wohnung. Gleichzeitig mit
dem Bau des Marstalles wurde eine Tür in das Rat-
haus gebrochen. Dabei wird es sich um den west-
lichsten Türdurchbruch in der südlichen Saalwand
gehandelt haben, dessen Gewände bei der Saalreno- 60
vierung wieder freigelegt wurde. Durch diese Tür
wurde das Obergeschoß des Südwestflügels an das
Rathaus angeschlossen. Möglicherweise wurden
die Räume im Obergeschoß des Neubaues viel
dringender für Zwecke der Stadtverwaltung benö-
tigt als der Pferdestall im Erdgeschoß. Aber das läßt
sich aus den Abrechnungen der Baukosten nicht er-
schließen. 1806 hatten die Räume im Obergeschoß
nur eine untergeordnete Bedeutung. Sie wurden für
die Lagerung von Stroh und Häcksel benutzt.
Bis zur Restaurierung des Rathauses war im Süd-
westflügel unter anderem die Hausmeisterwohnung
eingerichtet. Bei der Instandsetzung der Wohnung
und der anderen Räume — im Bereich des ehemali-
gen Pferdestalles wurde eine neue Zentralheizung
eingerichtet — wurde die vorhandene Raumauftei-
lung kaum verändert, so daß es keine Gelegenheit
für eine eingehende Bauuntersuchung gab.
Die Rathausmodernisierung im 18. Jahrhundert
In der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Rat-
haus mit schwerwiegenden Eingriffen in die Sub-
stanz den Bedürfnissen der Verwaltung angepaßt.
In den Jahren 1752 und 1753 erfolgte zunächst der

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