HORST MASUCH/HANS-REINHARD FRICKE
140 Zur 1000-Jahr-Feier im Jahre 1929 vom Bildhauer Fried-
rich Oppermann geschnitzte Wappentafel über der Tür
vom Saal zum kleinen Sitzungssaal. Anstelle von Leo-
parden sind hier allerdings Löwen dargestellt worden.
Die neu errichteten Räume wurden — abwei-
chend von der ursprünglichen Planung — dem Pro-
vinzial-Schulkollegium als Unterrichtsräume für
ein Lehrerseminar verpachtet, das am 22. April 1909
seine Arbeit aufnahm. Noch im gleichen Jahr
wurde beschlossen, auf Rechnung der Kämmerei-
kasse drei weitere Räume für das Lehrerseminar
einzurichten, was im Frühjahr 1910 durch Ein-
ziehen von Trennwänden im „Museum“ realisiert
wurde. Im Februar 1910 wurde für das Lehrer-
seminar eine neues Toilettengebäude auf dem Hof
errichtet. Im Oktober 1910 wurde eine Übungs-
orgel im Raum über der Laube aufgestellt. Wegen
der Höhe der größten Pfeife mußte ein Stück Dek-
kenverschalung entfernt werden, um die benötigte
Raumhöhe von 4 m zu erreichen.
Die Dauer der Nutzung durch das Lehrersemi-
nar ist nicht exakt feststellbar. Die Angabe Lerchs,
Kurse hätten bis 1914 bestanden, ist nicht belegt,
könnte aber durchaus zutreffen 17\ Jaeger gab 1921
an, die Räume dienten seit 1918 zu Verwaltungs-
zwecken18^. Ostern 1922 stellte die Stadt noch ein-
mal Räumlichkeiten für einen einjährigen Seminar-
kurs zur Verfügung. Diese müssen aber nicht im
Rathaus gelegen haben.
Ende 1923 wurde die Kämmerei von der Spar-
kasse getrennt und ins zweite Obergeschoß verlegt.
Im Frühjahr 1924 forderte der Magistrat die Entfer-
nung der Orgel, da der Raum als Amtszimmer ge-
braucht werde, worauf auch diese Spur des Lehrer-
seminars beseitigt wurde.
Renovierung zur 1000-Jahr-Feier im Jahre 1929
Anläßlich der 1000-Jahr-Feier der urkundlichen
Ersterwähnung der Stadt im Jahre 1929 waren Wie-
derherstellungsarbeiten an den beiden großen Kir-
chen sowie am Rathaus geplant, zu deren Finanzie-
rung die Veranstaltung einer Lotterie, die 150000
RM bringen sollte, beantragt wurde. Am Rathaus
sollte der Ratsweinkeller, der in letzter Zeit als Kar-
toffel- und Lagerkeller benutzt wurde, wiederher-
gestellt werden und damit das Rathaus wieder in
einen Zustand versetzt werden, der seiner Bedeu-
tung entspreche. Es wurden 60000 RM aus Lotte-
riemitteln bewilligt und bis zum 20. September
1930 auch ausgezahlt. Weitere Forderungen, die vor
allem mit Hinweis auf den notwendigen Einbau
einer Zentralheizung in das feuergefährdete Fach-
werkgebäude nachgeschoben wurden, blieben un-
erfüllt, allerdings wurde später noch eine Provin-
zialbeihilfe von 10 000 RM ausgeworfen.
In Absprache mit dem Konservator der Kunst-
denkmäler Hiecke aus Berlin wurde beschlossen,
die verfügbaren Mittel fast vollständig für die im
Interesse der Denkmalpflege auszuführenden Ar-
beiten zur „Instandsetzung und würdigen Herrich-
tung“ des Rathauses unter der künstlerischen Lei-
tung von Professor Friedrich Fischer aus Hannover
zu verwenden.
Im August legte dieser nach einer eingehenden
Ortsbesichtigung einen Kostenüberschlag vor, der
in 48 Positionen ein Gesamtvolumen von ca. 87000
RM auswies und Grundlage der Arbeiten war, die
schon ab 8. August 1928 ausgeführt wurden.
Aus dem Vergleich des Kostenüberschlages mit
den Kostenabrechnungen vom Juli 1929 und Sep-
tember 1930 ist der Umfang der ausgeführten
Arbeiten zu erkennen. Alle Fassaden wurden durch
Putzausbesserungen sowie einen Neuanstrich re-
noviert, die Außenwände des zweiten Oberge-
schosses ebenso wie die Decken im Südostflügel
isoliert. Die Fenster wurden im Fachwerkteil er-
neuert, im massiven Teil ausgebessert. Das Dach
wurde neu gedeckt. Die alte Telefonanlage wurde
ausgewechselt, die elektrische Anlage neu instal-
liert und das Rathaus an Wasser- und Kanalisations-
leitung angeschlossen. Weiterhin wurde nach zwei
vergeblichen Anläufen 1909 und 1924 nun eine Zen-
tralheizung in Form einer Niederdruckdampfhei-
zung eingebaut. Die dem akzeptierten Angebot der
Firma Posselius aus Mühlhausen beiliegenden Pla-
nungszeichnungen stammen vom Mai 1928, geben
aber im Grundriß weitgehend — Ausnahmen bil-
den der Bereich Sitzungssaal/Vorraum und Nord-
wand des großen Saales — sowie in den Nutzungs-
angaben bereits vollständig die für die folgenden
Maßnahmen geplante und auch tatsächlich entstan-
dene Situation wieder.
Im Inneren fanden kleinere Reparaturarbeiten
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140 Zur 1000-Jahr-Feier im Jahre 1929 vom Bildhauer Fried-
rich Oppermann geschnitzte Wappentafel über der Tür
vom Saal zum kleinen Sitzungssaal. Anstelle von Leo-
parden sind hier allerdings Löwen dargestellt worden.
Die neu errichteten Räume wurden — abwei-
chend von der ursprünglichen Planung — dem Pro-
vinzial-Schulkollegium als Unterrichtsräume für
ein Lehrerseminar verpachtet, das am 22. April 1909
seine Arbeit aufnahm. Noch im gleichen Jahr
wurde beschlossen, auf Rechnung der Kämmerei-
kasse drei weitere Räume für das Lehrerseminar
einzurichten, was im Frühjahr 1910 durch Ein-
ziehen von Trennwänden im „Museum“ realisiert
wurde. Im Februar 1910 wurde für das Lehrer-
seminar eine neues Toilettengebäude auf dem Hof
errichtet. Im Oktober 1910 wurde eine Übungs-
orgel im Raum über der Laube aufgestellt. Wegen
der Höhe der größten Pfeife mußte ein Stück Dek-
kenverschalung entfernt werden, um die benötigte
Raumhöhe von 4 m zu erreichen.
Die Dauer der Nutzung durch das Lehrersemi-
nar ist nicht exakt feststellbar. Die Angabe Lerchs,
Kurse hätten bis 1914 bestanden, ist nicht belegt,
könnte aber durchaus zutreffen 17\ Jaeger gab 1921
an, die Räume dienten seit 1918 zu Verwaltungs-
zwecken18^. Ostern 1922 stellte die Stadt noch ein-
mal Räumlichkeiten für einen einjährigen Seminar-
kurs zur Verfügung. Diese müssen aber nicht im
Rathaus gelegen haben.
Ende 1923 wurde die Kämmerei von der Spar-
kasse getrennt und ins zweite Obergeschoß verlegt.
Im Frühjahr 1924 forderte der Magistrat die Entfer-
nung der Orgel, da der Raum als Amtszimmer ge-
braucht werde, worauf auch diese Spur des Lehrer-
seminars beseitigt wurde.
Renovierung zur 1000-Jahr-Feier im Jahre 1929
Anläßlich der 1000-Jahr-Feier der urkundlichen
Ersterwähnung der Stadt im Jahre 1929 waren Wie-
derherstellungsarbeiten an den beiden großen Kir-
chen sowie am Rathaus geplant, zu deren Finanzie-
rung die Veranstaltung einer Lotterie, die 150000
RM bringen sollte, beantragt wurde. Am Rathaus
sollte der Ratsweinkeller, der in letzter Zeit als Kar-
toffel- und Lagerkeller benutzt wurde, wiederher-
gestellt werden und damit das Rathaus wieder in
einen Zustand versetzt werden, der seiner Bedeu-
tung entspreche. Es wurden 60000 RM aus Lotte-
riemitteln bewilligt und bis zum 20. September
1930 auch ausgezahlt. Weitere Forderungen, die vor
allem mit Hinweis auf den notwendigen Einbau
einer Zentralheizung in das feuergefährdete Fach-
werkgebäude nachgeschoben wurden, blieben un-
erfüllt, allerdings wurde später noch eine Provin-
zialbeihilfe von 10 000 RM ausgeworfen.
In Absprache mit dem Konservator der Kunst-
denkmäler Hiecke aus Berlin wurde beschlossen,
die verfügbaren Mittel fast vollständig für die im
Interesse der Denkmalpflege auszuführenden Ar-
beiten zur „Instandsetzung und würdigen Herrich-
tung“ des Rathauses unter der künstlerischen Lei-
tung von Professor Friedrich Fischer aus Hannover
zu verwenden.
Im August legte dieser nach einer eingehenden
Ortsbesichtigung einen Kostenüberschlag vor, der
in 48 Positionen ein Gesamtvolumen von ca. 87000
RM auswies und Grundlage der Arbeiten war, die
schon ab 8. August 1928 ausgeführt wurden.
Aus dem Vergleich des Kostenüberschlages mit
den Kostenabrechnungen vom Juli 1929 und Sep-
tember 1930 ist der Umfang der ausgeführten
Arbeiten zu erkennen. Alle Fassaden wurden durch
Putzausbesserungen sowie einen Neuanstrich re-
noviert, die Außenwände des zweiten Oberge-
schosses ebenso wie die Decken im Südostflügel
isoliert. Die Fenster wurden im Fachwerkteil er-
neuert, im massiven Teil ausgebessert. Das Dach
wurde neu gedeckt. Die alte Telefonanlage wurde
ausgewechselt, die elektrische Anlage neu instal-
liert und das Rathaus an Wasser- und Kanalisations-
leitung angeschlossen. Weiterhin wurde nach zwei
vergeblichen Anläufen 1909 und 1924 nun eine Zen-
tralheizung in Form einer Niederdruckdampfhei-
zung eingebaut. Die dem akzeptierten Angebot der
Firma Posselius aus Mühlhausen beiliegenden Pla-
nungszeichnungen stammen vom Mai 1928, geben
aber im Grundriß weitgehend — Ausnahmen bil-
den der Bereich Sitzungssaal/Vorraum und Nord-
wand des großen Saales — sowie in den Nutzungs-
angaben bereits vollständig die für die folgenden
Maßnahmen geplante und auch tatsächlich entstan-
dene Situation wieder.
Im Inneren fanden kleinere Reparaturarbeiten
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