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Das Rathaus in Duderstadt — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 6: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.57465#0186
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REINER CUNZ

Schichten erkennen lassen. Diese sind aber baube-
dingt und nicht das Ergebnis einer langfristigen Er-
höhung des Bodenniveaus. Dies unterstreicht der
relativ homogene archäologische Befund mit Ob-
jekten etwa gleicher Zeitstellung. Da die Auffül-
lung während der Bauphase 1532 —1534 kaum ver-
dichtet worden war und deshalb auch bei der Un-
tersuchung im Jahre 1984 z.T. nachrutschte, ist mit
einer Verschleppung von Fundgegenständen aus
den oberen Schichten zu rechnen. Unter den Fund-
münzen befinden sich einige wenige, die schon vor
dem Bau der Laube geprägt worden waren. Wie
weiter unten zu zeigen sein wird, gibt es aus der
Sicht der Geldgeschichte keine zwingenden
Gründe für die Annahme, daß diese Stücke Sekun-
därfunde seien und sich bereits beim Bau der Laube
im Füllmaterial befunden hätten. Allenfalls wäre
noch an einen Verlust während der Bauarbeiten zu
denken. Am wahrscheinlichsten ist es, daß die
Münzen nach der Eröffnung der Branntweinstube
verloren wurden. Es handelt sich dann um Klein-
geld, das zusammen mit den anderen verlorenen
Dingen durch die Dielenritzen des Holzfußbodens
rutschte. Nach Objekten mit geringerem Wert
sucht man erfahrungsgemäß nicht allzu lange. We-
gen der Kleinheit ist die Chance etwas wiederzufin-
den auch nicht sehr groß5'.
Geselligkeit und Spielfreude waren ein mannig-
fach variiertes Thema der Genremalerei und von
Darstellungen genrehafter Art. Die Situation in
einer Gaststube, durch die es zu den oben erwähn-
ten Vorgängen kommen kann, zeigt ein Gemälde
von Dirck Hals (1591 —1656),6' dem jüngeren Bruder
des berühmten Malers Frans Hals (1581/1585 — 1666).
In dem signierten und in das Jahr 1628 datierten

Bild ist eine Wirtshaus- bzw. Spielszene mit zahlrei-
chen auf dem Boden verstreuten Gegenständen
(Spielkarten, zerbrochenen Tonpfeifen etc.) festge-
halten. Im Vordergrund steht das ausgelassene Trei-
ben im Wirtshaus. Auf dem vorderen Tisch liegen
u. a. einige aufgetürmte Münzen und ein Spielwür-
fel. Den Raum selbst läßt der Künstler in den Hin-
tergrund treten7’.
Fundkomplexe aus Gaststuben wie in dem hier
vorliegenden Falle sind bisher sehr selten gewe-
sen8'. Gleiches gilt auch für Schatzfunde9'. Zwei
Beispiele seien hier angeführt. Sie liegen beide in
zeitlicher Nähe zu dem Fundkomplex aus der
Branntweinstube. 1884 wurde im Ratskeller zu
Bremen ein kleiner Schatzfund entdeckt. Nach
einer sehr knappen Notiz wurden etwa 30 Münzen
aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts in einem
Gefäß gefunden. Es soll sich um Münzen von
Hamburg, Lübeck, Bremen und Holstein gehan-
delt haben10'. Der 1905 entdeckte Münzschatzfund
aus dem Wirtshaus zu Herzogenaurach in Bayern
(Schlußmünzen 1532) enthielt etwa 3100 fränkische
Pfennige11'.
Neben dem Fundkomplex aus der Branntwein-
stube gibt es noch zwei weitere Münzfunde aus
dem Rathaus Duderstadt, die hier Erwähnung fin-
den sollen. Es handelt sich um zwei ganz besondere
Fundgruppen: Münzfunde aus Möbeln und aus
Archiven12'. Um 1955 wurde eine Anzahl Klein-
münzen des 15., 17. und 18. Jahrhunderts bei der
Reinigung von zwei in der Rathauslaube aufgestell-
ten Truhen entdeckt. Am 31. 7. 1987 wurde beim
Ab rücken der Truhen eine weitere Kleinmünze des
ausgehenden 15. Jahrhunderts gefunden13'. DieTru-
hen dienten offenbar über einen langen Zeitraum


202 Wirtshausszene. Ölgemälde aus dem Jahre 1628 von Dirck Hals (1591 — 1656). Kunstmuseum Düsseldorf (Vermächtnis Paul
Girardet).

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