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Das Rathaus in Duderstadt — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 6: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.57465#0187
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DIE FUNDMÜNZEN

hinweg auch zur sicheren Aufbewahrung von Geld.
Einige Münzen sind dann in den Ritzen der Möbel-
stücke verlorengegangen. Bereits im Jahre 1801
fand sich im Stadtarchiv Duderstadt eine Schachtel
mit etwa 400 Hohlpfennigen des 15./16. Jahrhun-
derts14). Hierbei handelt es sich wohl um einen in
der städtischen Verwaltung entstandenen Kassen-
rest. Vergessen und der sicheren Verwahrung eines
Archivs an vertraut, blieb er mehr als zwei Jahrhun-
derte unentdeckt15). Die große Zahl darf nicht dar-
über hinwegtäuschen, daß diese vielen Pfennige
wertmäßig noch nicht einmal zwei Talern entspra-
chen. Beide Funde gehören damit in die Gruppe
der unabsichtlich entstandenen Kleingeldfunde,
wobei der erste als langfristig angesammelter Fund-
komplex, der zweite als mittel- oder kurzfristig
entstandener „Schatzfund“ interpretiert werden
kann.
Für Einzelfundkomplexe des Spätmittelalters
und der Neuzeit sind zwei Dinge typisch. Die
kleinsten Münzwerte, überwiegend Pfennigwerte,
kommen am häufigsten vor. Auffällig ist außerdem
die relative Häufigkeit von Pfennigteilwerten. Es
handelt sich um Kleingeld für den täglichen Bedarf
bzw. um Wechselgeld. Das zweite Charakteri-
stikum ist die Währungsvielfalt, die sich in der
Pfennigvielfalt widerspiegelt. Die größten Nomi-
nale in dem Fundkomplex aus der Branntwein-
stube sind Groschenteilwerte und Mehrfachpfen-
nige, d.h. Halbgroschen und Dreier (oder Viertel-
groschen) mit je zwei Exemplaren. Die Haupt-
masse bilden Pfennige unterschiedlicher Wäh-
rungsgebiete bzw. Wertstufen. Die Differenzierung
der Pfennige und Teilwerte nach Währungsgebie-
ten zeigt sich auch in ihren äußeren, münztechni-
schen Merkmalen. Die halben Pfennige oder Hälb-
linge waren die kleinsten Werte in der Nominal-
reihe des 16. Jahrhunderts. Sie hatten z.T. regional
unterschiedliche Namen: Scherf, Gosler bzw. Gös-
ken oder auch Heller16). Bis zum ersten Drittel des
16. Jahrhunderts wurden diese Werte ausschließlich
in Silber oder Billon17) geprägt. Die Pfennige und
Teilwerte wurden wegen ihres geringen Gewichts
oft nur als einseitige Münzen hergestellt. 1531 be-
gann die Verwendung von Kupfer als Münzmetall
für die Pfennigprägung. Sie dominierte aber erst im
18. Jahrhundert. Die Pfennigvielfalt brachte und
bringt auch noch heute manche Probleme bei der
Einordnung der Münzen mit sich18).
In Niedersachsen war das 15. Jahrhundert die
Zeit der Auseinandersetzungen um die Vorherr-
schaft von Pfennig oder Groschen im Geldwesen,
bei der sich der Groschen letztlich durchsetzte. Im
Laufe des 16. Jahrhunderts bildeten sich in
Deutschland zwei großräumige Währungsland-
schaften aus: das Gebiet der norddeutschen Taler-
rechnung und das der süddeutschen Guldenrech-
nung. Endgültig abgeschlossen war diese Entwick-

lung nach der ersten Kipper- und Wipperinflation
(1618 — 1621/1624). Duderstadt lag im Gebiet der
Talerrechnung, dessen südliche Grenze sich durch
Hessen und Thüringen zog. Innerhalb dieser Groß-
räume gab es in bezug auf die Teilungssysteme, die
kleineren Werte unterhalb von Taler und Gulden,
eine Anzahl kleinerer Währungsgebiete, was auch
die Vielzahl der im Deutschen Reich ausgegebenen
Teilwerte erklärt.
In den Pfennigkursen bzw. Rechenrelationen des
16. Jahrhunderts spiegeln sich Regionalität und
Geldentwertung als wichtige Merkmale der Münz-
und Geldgeschichte wider. Es wird deutlich, daß
die Entwertung landschaftlich in unterschiedli-
chem Tempo vonstatten gegangen sein muß. An-
ders lassen sich die regionalen Rechenusancen
kaum erklären. Um einen Eindruck von der Pfen-
nigvielfalt zu gewinnen, ist es nicht erforderlich,
diesen Wertverfall in einem zeitlichen Längsschnitt
zu verfolgen. Als historischer Querschnitt sollen
die relativ ausführlichen Angaben der 1559 von Kai-
ser Ferdinand I. (1556 — 1564, Kaiser ab 1558) in
Augsburg erlassenen 3. Reichsmünzordnung die-
nen19).

Anzahl der Pfennige pro Rechnungsgulden/Reichs-
guldiner (zu 60 Kreuzer)
pommersche und mecklenburgische Pfennige 576
tirolische Pfennige (Etschvierer) 300
lübische Pfennige 288
fränkische Pfennige 252
Österreicher Pfennige 240
rheinische, bayrische und schwäbische
Pfennige 210
Schwäbisch-Haller und Konstanzer Pfennige 180
Würzburger, Württemberger und
badische Pfennige 168
Rappenpfennige 150
Straßburger Pfennige 120

Obersächsische und niedersächsische Pfennige
wurden nicht aufgeführt. Beide wurden zu diesem
Zeitpunkt zu 252 auf den Rechnungsgulden gerech-
net nd somit bei den fränkischen Pfennigen zu sub-
summieren. Diese Vielfalt mag auf den ersten Blick
in der Tat verwirrend erscheinen. Es gibt aber meh-
rere Reihen von Pfennigwährungen, die in ganz-
zahligen Verhältnissen zueinander stehen und bis
zu einem gewissen Grade einfach untereinander
austauschbar sind. Es ergeben sich in diesem Sinn
zusammengehörende größere räumliche Einheiten.
1. Pommersche und mecklenburgische Pfennige
stehen zu lübischen Pfennigen im Verhältnis 2:1.
2. Fränkische (sowie obersächsische und nieder-
sächsische) Pfennige,
rheinische, bayrische und schwäbische Pfennige
und Würzburger, Württemberger und badische
Pfennige stehen im Verhältnis 6:5:4.

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