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Das Rathaus in Duderstadt — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 6: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.57465#0188
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REINER CUNZ

3. Tirolische Pfennige und
Rappenpfennige stehen im Verhältnis 2 :1.
4. Tirolische Pfennige,
Österreicher Pfennige,
Schwäbisch-Haller und Konstanzer Pfennige
und Straßburger Pfennige stehen im Verhältnis
5:4:3:2.
5. Tirolische Pfennige,
Österreicher Pfennige,
rheinische, bayrische und schwäbische Pfennige,
Schwäbisch-Haller und Konstanzer Pfennige,
Rappenpfennige und
Straßburger Pfennige stehen im Verhältnis
10:8:7:6:5:4.
In Wirtshäusern und an anderen Orten, wo sich
Einheimische und Fremde trafen und Geldge-
schäfte abwickelten, kam es zur Geldmischung.
Immer wieder begegnen uns in den Fundkomple-
xen Münzen aus den verschiedensten Herkunfts-
gebieten. Es wäre zweifellos verfehlt, diese breite
Streuung für die Rekonstruktion von direkten
Handelsbeziehungen überinterpretieren zu wol-
len. Der Zahlungsverkehr unterlag in erster Linie
Eigengesetzlichkeiten. Dies galt aber nicht nur für
das Kleingeld. Aus der Beschäftigung mit Münz-
schatzfunden ist hinlänglich bekannt, daß der An-
teil heimischer Gepräge in vielen Fällen kleiner ist
als der Anteil fremder Sorten. Zum Verständnis die-
ses Phänomens sei hier vereinfachend auf das Real-
wertprinzip hingewiesen, nach dem die Kaufkraft
des Geldes von dem inneren Wert, insbesondere
dem Edelmetallgehalt, abhängig war. Weiterhin ist
zu beachten, daß sich im Geldumlauf in Spätmittel-
alter und Frühneuzeit ein struktureller Wandel voll-
zog. Es kam zu einer monetären Angleichung in
einigen Bereichen und damit zum Abbau von
Hemmnissen im überregionalen Geldumlauf20’. Im
Laufe der Geldgeschichte hat es unterschiedliche
Möglichkeiten gegeben, über den tatsächlichen in-
neren Wert einer Münze Gewißheit zu erlangen.
Als Stichworte sind zu nennen: die sogenannte
städtische Markt- und Münzpolizei, Geldwechsler,
Gegenstempelung oder der Gebrauch von Fein-
bzw. Münzwaagen. Seit der Vereinfachung des
Buchdrucks durch den Einsatz frei beweglicher
Metallettern kam den massenhaft verbreiteten
Flugschriften und Kaufmannshandbüchern eine
große Bedeutung zu. Darüber hinaus sind im tag-
täglichen Umgang der Bevölkerung mit Geld wei-
tere einfache Prüfverfahren und Erfahrungswerte
vorauszusetzen. Trotz allem wurde der Zustand
des deutschen Münz- und Geldwesens von den
Zeitgenossen zu Recht als Mißstand empfunden21’.
Die Kartierung der Herkunft der Fundmünzen
aus Duderstadt nach ihren Münzstätten gibt in gro-
ben Umrissen die Verbreitungsmuster der zahlrei-
cher in dem Fundkomplex vorkommenden Münz-
typen wieder22’. Außer dem Vierschlagpfennig der

oberpfälzischen Münzstätte Neumarkt sind die
Pfennige und Teilwerte, einschließlich der würz-
burgischen und hennebergischen Pfennige bzw.
Dreihellerpfennige, einseitige Münzen. Die Mehr-
fachpfennige bzw. Groschenteilwerte und der er-
wähnte oberpfälzische Pfennig sind zweiseitig aus-
gebracht. Nach den münztechnischen Merkmalen
und den Münzbildern heben sich bei den einseiti-
gen Münzen drei Münzgruppen ab: niedersächsi-
sche Hohlpfennige, geprägt nach der Art hochmit-
telalterlicher Brakteaten, rheinische Schüsselpfen-
nige mit oft mehrfach geteiltem Wappenschild im
Kugelkreis und fränkische flache Pfennige mit zwei
nebeneinander stehenden, oftmals oben mit einer
Schleife verbundenen Wappenschilden. Das verein-
heitlichte Münzbild der Schüsselpfennige und der
fränkischen Pfennige wurde entscheidend beein-
flußt durch die vertraglich vereinbarte Gemein-
schaftsprägung des Rheinischen Münzvereins und
des Fränkischen Münzvereins23’. Die Münzvielfalt
bleibt nicht mehr verwirrend, wenn man die Mün-
zen in den währungsgeschichtlichen Rahmen ein-
ordnet. Sie gehören fast alle zu dem oben heraus-
gearbeiteten zweiten Währungsblock. Drei Wäh-
rungsgebiete mit Pfennigen unterschiedlicher
Wertstufen waren in diesem Währungsblock mit-
einander verknüpft. Außerhalb dieses Währungs-
blocks liegende Münzsorten waren unter bestimm-
ten Umständen ohne allzu große Probleme zusam-
men mit den Münzsorten des Währungsblocks um-
lauffähig. Als Beispiel mag der einseitige Vier-
schlagpfennig aus der habsburgischen Münzstätte
Klagenfurt dienen. Er war im Aussehen und auch
im Wert weitestgehend den flachen Pfennigen frän-
kischer Art angenähert.
Die niedersächsischen Hohlpfennige und die fla-
chen Pfennige fränkischer Art unterscheiden sich
zwar deutlich in ihren äußeren, technischen Merk-
malen, sie sind aber wertgleich. Die obersächsi-
schen Pfennige sind nach der Fabrik und auch dem
Wert den fränkischen Pfennigen gleich. Zu dieser
Gruppe gehören auch die beiden kursächsischen
Dreier. Der kurbrandenburgische Halbgroschen
geht auf fränkische Halbschillinge zurück. Henne-
berg prägte parallel leicht zu verwechselnde einsei-
tige Pfennige und Dreihellerpfennige. Der Dreiheller-
pfennig ist nach oberfränkischer bzw. Würzburger
Rechnung als Pfennig, nach unterfränkischer Rech-
nung als 11/2 Pfennige (= 3 Heller) einzustufen24’.
Er ist also eine Ausgleichsmünze zwischen beiden
Währungen. Der Osnabrücker Schüsselpfennig, als
nördlicher Ausläufer der Schüsselpfennige rheini-
scher Art, ist wohl für den Absatz weiter südlich
geprägt worden25’. Unter den Schüsselpfennigen
fällt das stark kupferhaltige, also geringwertige Ex-
emplar von St. Gallen auf. Zu den rheinischen Sor-
ten ist noch der halbe Albus von Hessen zu zäh-
len26’. Am weitesten vom Fundort Duderstadt ist

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