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Das Rathaus in Duderstadt — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 6: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.57465#0203
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RESTAURATORISCHE UNTERSUCHUNGEN

Rot auf einer stark gebräunten Bleiweißgrundie-
rung als älteste nachweisbare Farbgebung. Über-
raschend war, daß dem in Leinöl gebundenen roten
Ocker das auch damals sehr kostbare Pigment
234 Bergzinnober beigemischt war, welches dem Rot-
wert einen leichten Violettstich gab. Der gleiche
Fassungsaufbau konnte auch auf dem architektoni-
schen Gerüst des 1673/74 entstandenen Schutz-
daches über der Freitreppe zur Laube nachgewie-
sen werden, wenngleich hier vorwiegend syntheti-
scher Zinnober verwendet worden war. Damit
dürfte diese Farbgebung des Fachwerks wahr-
scheinlich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhun-
derts entstanden sein. Für diese Datierung spricht
auch das benutzte Bindemittel Leinöl, das damals
allmählich das zuvor gebräuchliche Kalkkasein als
Fachwerkanstrich ablöste. Da sich der ursprüngli-
che Gefachverputz offenbar nicht erhalten hat, ist
mangels Befundes ein weißer Anstrich für die Ge-
fachfelder anzunehmen. Ebensowenig war fest-
stellbar, ob das Holzwerk auf den Ausfachungen
mit einem Randstreifen-/Begleitstrichsystem er-
gänzt worden war.
Der rote Holzanstrich wurde bei der folgenden
Fassadenrenovierung wiederholt, den seinerseits
ein schwarzblauer Anstrich ablöste, als dessen
Blaupigment künstliches Ultramarin ermittelt
wurde. Damit dürfte diese dritte Farbphase nicht
vor dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts ent-
standen sein. Die folgenden Anstriche kehrten wie-
der zum Rot des Fachwerkanstriches zurück.

Analog zur ältesten Rotfassung des Fachwerks,
die in Duderstadt eine Parallele am gegen 1620 er-
richteten Hause Marktstraße 84 hat, konnten an ei-
nem im 16. Jahrhundert erneuerten Fensterge-
wände der Ostfassade, das 1574 datiert ist, Spuren
gleicher Farbe gefunden werden, so daß sie wohl
auch als zugehörige Architekturgliederungsfarbig-
keit für die massiven Untergeschosse vermutet wer-
den kann. Die stichbogig abgeschlossenen barok-
ken Fenstergewände zeigten diesen Befund nicht.
Auf den steinernen Wandflächen der Ostfassade
hatten sich Reste einer wenige Millimeter starken
Putzschlämme, die mit rotem und gelbem Ocker 179
sowie Pflanzenschwarz pigmentiert war, erhalten.
Diese Schlämme dürfte das 18. Jahrhundert beige-
steuert haben. Sie findet ein Pendant am sogenann-
ten „Steinernen Haus“, Marktstraße 91, dem aus
Sandsteinquadern 1752 errichteten Stadtquartier
der Äbtissin Eugenia Fritz aus dem Zisterzienserin-
nenkloster Teistungenburg im Obereichsfeld. Hier
wurde 1987 als originale Fassadenfarbigkeit eine
rosaocker getönte Schlämme gefunden, die das Ge-
bäude monochrom überzog (inzwischen rekon-
struiert).
Die rote Fachwerkfarbigkeit des Duderstädter 213
Rathauses wurde jetzt in Leinöltechnik erneuert,
die Natursteinflächen erhielten nach erfolgter
Restaurierung - quasi als Verschleißschicht — eine
mehrlagige Silikonfarblasur, angeglichen an den
Befund der barocken Schlämme.

199
 
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