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Fenger, Ludvig Peter
Dorische Polychromie: Untersuchungen über die Anwendung der Farbe auf dem dorischen Tempel (Text) — Berlin, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.3957#0023
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— 21 —

hervorgehoben sein sollten; wir können uns die Furchen als Verbindungen zwischen den einzelnen
Bohlen oder vielmehr als Verbergungen dieser Verbindungen vorstellen — dies Alles aber ist nur reine
Phantasie; fest steht allein die Thatsache, dass die ursprüngliche Bedeutung bald vergessen ward und
die Form zu dem wurde, was sie jetzt ist, zu einer rein conventioneilen.

III.

Dekorative Einzelheiten.

Der ornamentale Theil der Tempelbemalung findet sich also bald an Verkleidungen oder Ver-
zierungen von Terracotta, bald an den in Stein gebildeten Gliedern, und zwar im letzteren Falle ent-
weder — wo der Tempel von grobem Kalkstein (Porös) gebaut war — an dem diesen überall deckenden
feinem Verputz, oder — wo der Tempel von Marmor war — an diesem. Im letzteren Falle war die
Farbe, wie es scheint, immer enkaustisch, d. h. durch eingeschmolzenes Wachs, angebracht, wie es Vitruv
angiebt und die Analysen von Faraday*) und W. Semper**) gezeigt haben. Ob die Farbe an dem
Stuck enkaustisch war, ist nicht aufgeklärt, aber nicht unwahrscheinlich; sie scheint mit dem Stuck eine
innigere Verbindung eingegangen zu sein als mit dem Marmor und hat sich daher in der Regel dort
besser erhalten; bisweilen verdanken wir der wetterbeständigen Farbe die Erhaltung des Stucks.***)

"Was die Technik der Enkaustik betrifft, so lassen hinlänglich verbürgte Ergebnisse der Forschungen

«

noch immer auf sich warten. Zwar sagt Semperf): „Alles Structive ist der allgemeinen Masse nach
analog dem Nackten der Statuen mit einer ßacffj, einer harzigen vegetabilischen, durchscheinenden Farbe,
dünn überzogen oder vielmehr gebeizt; auf dieser allgemeinen Lasur wurden dann die Ornamente der
Glieder und Flächen enkaustisch mit dicken Farbenkrusten aufgesetzt, welches Verfahren kein eigentliches
Malen, sondern mehr ein Emailliren mit Wachspasten gewesen sein muss." Aber diese zuversichtliche
Behauptung wird wohl kaum für mehr als ein Postulat gelten können und vereinigt sich ausserdem nicht
gut mit Semper's früherer, nicht minder zuversichtlicher Angabe von den ziegelrothen Säulen.ff)

Die vielbesprochene Stelle bei Plinius XXXV. 149, wird doch wohl am Besten so übersetzt: Es
ist bekannt, dass man von Alters her zwei Arten von enkaustischer Malerei gehabt hat: 1. die Elfenbein-
malerei mit Hilfe des Spatels (cestrum oder viriculum) und 2. die Schiffsmalerei; nachher fing man an, die
durch Feuer flüssig gemachten Farben mit dem Pinsel aufzutragen." Wenn hier von Elfenbeinmalerei
die Hede ist, dürfen wir jedoch dabei nicht an irgend eine Art von Miniaturmalerei denken, wie wir
solche in unseren Tagen kennen; im Gegentheil war die Elfenbeinmalerei wahrscheinlich ein Mittelding
zwischen Relief und Malerei, und zwar in der Weise ausgeführt, dass der Grund rings um die Figuren
schwach vertieft war, worauf mit Hilfe des Spatels über denselben ein gleichförmig farbiger Grund ge-
legt wurde, während die Figuren weiss gelassen oder doch wenigstens nur ins Haar, in die Augen u. s. w.
Farben eingestrichen wurden. Ob in der.Schiffsmalerei die Stellen, welche die Farbe aufnehmen sollten,
vertieft wurden oder nicht, und ob die Farbe hier mittels Spatels oder Pinsels angebracht wurde, lasse

*) Semper, Elemente der Baukunst, S. U.
**) Der Stil S. 489.
***) Ausgrabungen von' Olympia IV S. 37.

f) Stil I., 517.
ff) Vorläufige Bemerkungen S. 48-
 
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