Metadaten

Lang-Auinger, Claudia; Forstenpointner, Gerhard; Lang, Gerhard; Outschar, Ulrike; Vetters, Wolfgang
Hanghaus 1 in Ephesos: der Baubefund (Band 8,3: [Hauptband]): Hanghaus 1 in Ephesos — Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1996

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48790#0026
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Keine Bearbeitung
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2. LAGE (Plan 1, 2 und 7)

1 Das im modernen Sinn als Häuserblock zu bezeichnende Hanghaus 1 liegt in der Senke zwischen den beiden Stadtbergen, dem Panayir Dag
und dem Bülbül Dag, auf deren Kamm die Stadtmauer verläuft10. Durch die Talsohle zieht die alte Prozessionsstraße, die sogenannte Kure-
tenstraße oder auch Embolos11, die ihren schrägen Verlauf in dem regelmäßig angelegten Stadtgebiet beibehalten hat. Sie ist seit der Grün-
dung der Stadt eine Hauptverkehrsader durch Ephesos. Die Front des Hanghauses schließt an diese Straße, wodurch der Häuserblock Tra-
pezform erhalten hat. Die einzelnen Häuser erstreckten sich terrassenförmig am Hang des Berges und waren deshalb mehrgeschoßig12.
An den Längsseiten des Häuserblocks verlaufen die Stiegengassen 1 und 2, die die Kureten- mit der sogenannten Hanghausstraße verbinden.
Gelangt man von Osten durch das Magnesische Tor in die Stadt, so konnte man unmittelbar nach dem Monument für C. Memmius auf einer
Abzweigung Richtung Südwesten von der Hauptdurchzugsstraße den Verlauf der Hanghausstraße betreten (Plan 1). Auf diese Weise
erreichte man ohne die Stiegengassen überwinden zu müssen, auf ebenem Weg die Südfront des Hanghauses.
2.1. GEOLOGISCHE UMGEBUNG UND DER UNTERGRUND DER HANGHÄUSER IN EPHESOS
Wolfgang Vetters
2.1.1. Geologische Skizze der lysimachischen Stadt Ephesos
Die antike Stadt Ephesos liegt im südöstlichen Bereich der Mündungsebene des Kügük Menderes in einer Mittelgebirgslandschaft, die durch
schroffe, steilwandige Kalkmarmorberge einerseits und durch Glimmerschiefer und Paragneise mit runden und weichen Formen andererseits
aufgebaut wird. Diese für Ephesos charakteristische Kulisse gehört zum nordwestlichen Rand des Menderes-Kristallins, das aus einem zen-
tralen Gneiskem, der dazugehörigen metamorphen Hüllserie und der Marmorserie als äußerster Hülle aufgebaut wird13.
Die von Lysimachos zwischen den beiden, aus einem fein-mittelkörnigen, grau-weiß gebänderten oder gefleckten Marmor aufgebauten,
Stadtbergen Bülbül Dag und Panayir Dag „gegründete“ Stadt befindet sich auf wesentlich älterem Kulturboden14. Die Talsenke zwischen den
Bergen aus Kalkmarmor wird zum größten Teil aus weichen, stark verwitterten Glimmerschiefern und Paragneisen der Hüllserie des Men-
deres Gneiskomplexes aufgebaut.
Das nach Westen abfallende Tal reicht bis zum (ehemaligen) Meeresspiegel, wo auch der Hafen der Stadt - zunächst als natürliche Bucht -
später als künstliches Hafenbecken angelegt wurde15.
Dieses Tal weist an seiner südwestlichen Flanke, am Fuß des Bülbül Dag eine zwischen 8 und 15 m mächtige Terrasse auf, die auf eine Länge
von ca. 500-600 m eine deutliche Verebnung und somit eine gute Voraussetzung für die Verbauung darstellt. Diese Terrasse aus einer sehr
harten, kompakten, groben Brekzie aus Marmorschutt und einer feinen Matrix mit karbonatischer Bindung - entstand vermutlich als Strand-
bildung zu einer Zeit, da dieses Gebiet noch in Meeresniveau lag, also wahrscheinlich im Pliozän oder Alt Pleistozän (ca. 2-1,6 Millionen
Jahre)16.
2.1.2. Der geologische Untergrund der Hanghäuser
Folgt man der Prozessionsstraße von Osten nach Westen absteigend - also vom Staatsmarkt zum Handelsmarkt - so liegen im unteren Drittel
der Straße linker Hand die Hanghäuser noch vor der Celsus-Bibliothek, die den architektonisch akzentuierten Abschluß dieser Straße bildet.
Es wurden zwei große Häuserblöcke das Hanghaus 1 und Hanghaus 2 ausgegraben, von denen sich das hier relevante Hanghaus 1 folgender-
maßen abgrenzen läßt17:
Im Westen von der Stiegengasse 1,
die Nordgrenze ist die Nordwest - Südost verlaufende „Kuretenstraße“ mit der Alytarchenstoa,
im Osten durch die Stiegengasse 2 und
im Süden durch die Hanghausstraße.
Die Höhe des Hanghauses 1 steigt von 15,4 m am Nordwest-Eck an der Kuretenstraße bis auf 34,0 m am diagonal gelegenen Südost-Eck in
der Hanghausstraße an.
Betrachtet man die Neigungen der beiden Stiegengassen als natürliche Böschungen (zumindest als nur geringfügig baulich verändert), so ist
der untere Teil (von ca. 15,4-17,9 m) etwas flacher, es folgt dann ein etwas steilerer Bereich (von 24-29,5 m), der bereits in der „Roten
Brekzie“ liegen dürfte. Anschließend folgt wieder ein flacherer Bereich bis etwa 34 m, auf dem die Hanghausstraße verläuft.

10 Eine Zusammenstellung der Literatur zur Topographie von Ephesos siehe Fried-
rich Brein, ÖJh 51 (1976) Bbl. 65-76.
" Vgl. zur Bezeichnung Kuretenstraße Josef Keil, Zum Martyrium des heiligen
Timotheus in Ephesos, ÖJh 29 (1935) 87ff. Franz Miltner, 20. Vorläufiger
Bericht über die Ausgrabungen in Ephesos ÖJh 44 (1958) Bbl. 34 f. Wilhelm
Alzinger. RE Suppl. 12 (1971) 1597f. Dieter Knibbe, Der Staatsmarkt, FiE
IX/1/1 (1981)9. IK 17.1, 3059.
12 Müfid, Stockwerkbau 55 f.
13 Roland Brinkmann, Geology of Turkey (1976). Stefan Dürr - Rudolf Altherr
- Jörg Keller - Martin Okrusch - E. Seidel, The Median Aegean Crystalline
Belt: Stratigraphy, Structure, Metamorphism and Magmatism. in: Hans Closs et al.
(eds), Mediterranean orogens (1977).
14 Wilhelm Alzinger - Dieter Knibbe, Ephesos, ein Rundgang durch die Ruinen
(1972). Anton Bammer, Ephesos. Stadt an Fluß und Meer (1988). Stefan Karwie-

se, Gedanken zur ältesten Geschichte von Ephesos, Türk Tarih Kurumu Basimevi
(1990) 637-647.
15 Wolfgang Vetters, Die Küstenverschiebungen Kleinasiens; eine Konsequenz tek-
tonischer Ursachen, in: Lebendige Altertumswissenschaft. FS für Hermann Vet-
ters, (1985) 33-37. W. Vetters, Ancient Quarries around Ephesus and Examples of
Ancient Stone-technologies, ex: Engineering Geology of Ancient Works, Monu-
ments and Historical Sites (Marinos & Koukis eds.) (1990) 2067-2078. Günther
Hess, Akkumulation und Erosion im Gebiet der Flüsse Gediz, Küijük Menderes und
Büyük Menderes (Westanatolien) in historischer Zeit, Diss. Univ. Erlangen 1988,
Fachgebiet Geographie; PubL 1990: 145 S + VIII, mit zahlr. Abb. im Text.
16 G. Lüttig - P. Steffens, Explanatory Notes for the Paleographic Atlas of Turkey
from the Oligocene to the Pleistocene (1976) 1:1500000. 64ff.
17 H. Vetters, Ephesos. Vorläufiger Grabungsbericht 1975, AnzWien 109 (1976) 4.
Siehe auch die früheren Grabungsberichte von H. Vetters, 1972 und 1973.

20
 
Annotationen