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Lang-Auinger, Claudia; Forstenpointner, Gerhard; Lang, Gerhard; Outschar, Ulrike; Vetters, Wolfgang
Hanghaus 1 in Ephesos: der Baubefund (Band 8,3: [Hauptband]): Hanghaus 1 in Ephesos — Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1996

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https://doi.org/10.11588/diglit.48790#0217
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10. BEWOHNER, NUTZUNG UND AUSSTATTUNG

10.1. PERISTYLHAUS
Aufgrund der Funde lassen sich selbst bei dem nur teilweise freigelegten bzw. erhaltenen Haus Aussagen über seine Bewohner machen. Die
bemerkenswerten Stücke stammen nach ihrer Fundsituation durchwegs aus dem Obergeschoß, dessen Wände, wie auch die im Erdgeschoß,
einheitlich weiß verputzt waren und keinerlei Malerei trugen. Es liegt hier ein Peristylhaus vor, bei dem beide Geschoße von nur einer
Familie bewohnt gewesen sind572. Die Mehrgeschoßigkeit ergab sich aus der Hanglage, die eine Terrassenbauweise erforderte.
Den Funden aus dem Raum 1 nach zu schließen - ein in den Boden eingelassenes Kugelgefäß, die später darübergesetzte Steinsetzung in der
Nordwestecke und das Tischbein - lassen hier im Erdgeschoß einen Wirtschaftsraum vermuten.
Die Verkleidungen von Wänden und Böden verraten nichts über eine privilegierte Stellung des Bewohners573. Allein die reiche Ausstattung
mit Figurenschmuck aus Terrakotta und Marmor aus dem Obergeschoß läßt auf einen gewissen Anspruch auf eine gehobenere Lebensform
schließen. Zu diesem Bild gehört notwendigerweise der im Norden zu rekonstruierende Trakt mit den repräsentativen Räumen. Zum
gesamten Erscheinungsbild der Bewohner kann noch die im Religiösen verhaftete Tradition erkannt werden: zum einen das Weiherelief im
Blickfeld der Repräsentationsräume574, das trotz seines kleinen Ausmaßes in 3 m Höhe (Abb. 70b) angebracht war und bei dem der religiöse
Inhalt und nicht das dekorative Element im Vordergrund stand, zum anderen die Anzahl von Räuchergefäßen575, die im privaten Kultgebrauch
verwendet wurden. Nicht zuletzt spricht auch der Platz der Wohnung an der Heiligen Straße dafür, daß die Bewohner gut situiert waren.
10.2. WOHNEINHEITEN
Der Typus, der uns im Hanghaus 2 bei den Wohneinheiten 1 bis 5 wiederholt begegnet, ist im Hanghaus 1 nur in der Wohneinheit 3 erhalten.
Es sind das die peristylen Anlagen mit ringförmig angeordneten Räumen an zwei bis vier Seiten. Im Hanghaus 1 blieben im wesentlichen nur
die spätantiken Umbauten erhalten, die vielfach einräumige Einheiten ohne größere Zusammenhänge entstehen hatten lassen. Obzwar ein-
zelne ältere Mauerzüge freigelegt wurden, sind doch keine vorangegangenen Grundrißschemata auszunehmen.
Die Wohneinheit 3 in der Südostecke des Häuserblocks ist die einzige peristyle Anlage. Innerhalb des Areals der beiden Hanghäuser folgt sie
dem Prinzip der im Norden angeordneten Räume, die nach Süden orientiert sind576, um die Sonne zu nützen.
Bei den Wohneinheiten 1-4 und bei den Südräumen lassen sich außer bei der Wohneinheit 3 keine schlüssigen Grundrißkonzepte erkennen.
Die Größe der Wohneinheiten, die sich aus den einzelnen Bebauungsebenen ergeben, ist durchschnittlich und entspricht den üblichen
Maßen577. Die peristyle Anlage und die Größe der Wohneinheit 3 sprechen für Bewohner mit gehobenen Ansprüchen. In der Wohneinheit 1
sind es die Größe und die Reste der Mosaikböden, die auf einen wohlhabenden Inhaber schließen lassen. Dieser muß auch über nicht uner-
heblichen Einfluß im öffentlichen Bereich verfügt haben, da es ihm möglich war, seine Parzelle zu behaupten und nicht einen Teil an den
Bauträger der domus abtreten zu müssen.
In der Wohneinheit 2 sind es nur geringfügige Reste roter Wandmalerei (Abb. 40), die auf Angehörige des gehobenen Bürgertums als
Benutzer weisen. Nicht zuletzt spricht die Keramik für sich: Überall, außer in den Südräumen, wurde in unterschiedlichem Ausmaß Tafelge-
schirr der römischen Kaiserzeit gefunden.
Die Räume XII/2b, J und K lassen ihre spätantike Adaptierung erkennen. Bei allen dreien wurde der Grundriß nachträglich in Kreuzform
umgestaltet; sie waren wohl auch mit Kreuzgewölben und Tonnen über dem Langteil überspannt. J und K stehen als Eingangsräume da,
lassen sich aber keiner zusammengehörenden Raumgruppe zuordnen. Nur XII/2b steht im Verband mit den umliegenden Räumen. Die pro-
filierte Gesimszone und die Wandmalerei weisen auf eine Benützung, die nicht im Alltäglichen lag. Die profilierte Gesimszone, wie sie auch
in SR 5 ausgeführt wurde (Abb. 55), ist ein Merkmal, das ab der Spätantike (Periode 5) im Hanghaus 1 zu beobachten ist. Die Tuffplatten, die
in den eingewölbten Räumen SR 1, 2, und 6 als Ausgleichsschicht eingezogen wurden, ließ man nun als Betonung dieser Zone heraustreten
und verzierte sie mit einem Profil aus Wulst und Kehle. Die stuckierte Gesimszone der Wandmalerei578 oder der marmornen opus sectile-Nzr-
kleidung markiert eine Zone innerhalb des Dekorationsschemas einer Wand. Die Beispiele in SR 5 und XII/2b verbinden jedoch das funktio-
nelle mit dem dekorativen Element.

10.3. TABERNEN
Nur die Tabemen an der Kuretenstraße sind bis in die Spätantike als solche anzusprechen, wobei aber nicht genau zu bestimmen ist, ab wann
sie als Geschäfte benutzt wurden. Die Tabernen III bis VII (in Periode 3 auch VIII) sind primär als Substruktionen zur Vergrößerung der Bau-
fläche für die domus zu verstehen, als die sie in der Periode 2 errichtet wurden. Die kleinen quadratischen Räume waren durch Bogentüren,
die auf einer Achse lagen, miteinander verbunden. Gegenüber dem Tempel wären Tabernen mit ihrem profanen Treiben nicht angebracht
gewesen. Erst als die Tabemen eingerichtet wurden, hat man die Durchgänge geschlossen und teilweise als Nischen belassen. Durch die
Alytarchenstoa wurde im 5. Jh. n. Chr. eine einheitliche Front geschaffen; den Tabemenbetrieb gab es aber sicher bereits seit dem Zerfall der

572 Vgl. dazu Hans Lauter, Die Architektur des Hellenismus (1986) 223ff.
573 Wilhelm Friedländer, Sittengeschichte Roms II (1922) 330: „... bis dahin
(1. Jh. v. Chr.) waren die Wohnungen selbst der Vornehmen ebenso einfach wie
wohlfeil.“ Die „Protzsucht“ hat aber schon im Hellenismus begonnen. Vgl. dazu
Heinrich Drerup, Zum Ausstattungsluxus in der römischen Architektur, Orbis
Antiquus 12, (1981) 13 ff.
574 Vgl. Kap. 9.2.
575 Aus den Fundkomplexen A/II, C/Π und C/IH stammen insgesamt sieben Räucher-
gefäße; vgl. dazu Kap. 4.3.3. und Anm. 166.

576 Beispiele dieser Grundrißanordnung sind zusammengestellt von Christoph Löhr,
Griechische Häuser: Hof, Fenster, Türen nach 348 v. Chr., in: Licht und Architektur
(1990) 12-13.
577 Siehe Kap. 6.
578 Im Hanghaus 2, Wohneinheit 1 in den Gewölben A und B, liegen Stuckzonen
0,42-46 m unter dem Gewölbeansatz. Vgl. dazu Strocka, Wandmalerei 58 f. und
62.

21 F
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