Metadaten

Lang-Auinger, Claudia; Forstenpointner, Gerhard; Lang, Gerhard; Outschar, Ulrike; Vetters, Wolfgang
Hanghaus 1 in Ephesos: der Baubefund (Band 8,3: [Hauptband]): Hanghaus 1 in Ephesos — Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1996

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48790#0028
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Keine Bearbeitung
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3. MAUERWERK

3.1. BAUMATERIAL UND TECHNIK
Im wesentlichen sind es drei Arten von Mauern, die im Areal des Hanghauses 1 unterschieden werden können. Es handelt sich um
3.1.1. STEINMAUERN (als opus quadratum isodomum und pseudoisodomum)
3.1.2. ZIEGELMAUERN (opus testaceum)
3.1.3. ZIEGELANALYSEN
3.1.4. STEIN-ZIEGELMAUERN (opus mixtum)11
3.1.1. STEINMAUERN
Die ältesten Mauern wurden aus Steinen gefügt und mit Mörtel verfestigt21 22. Das reine Steinmauerwerk wird in der Spätantike völlig von der
reinen Ziegelmauer und der Mischmauer abgelöst und tritt erst wieder bei der einfachen Bauweise der frühbyzantinischen Zeit zutage.
2 Im Bereich des Hanghauses 1 wurde nur eine trocken geschichtete Mauer nachgewiesen, nämlich die Terrassenmauer der hellenistischen
Verbauung, von der im Ostgang des Peristyls ein kurzer Abschnitt erhalten blieb. Die unterschiedlich großen, leicht bossierten Quader
3>4 wurden trocken vor den Fels bzw. das anstehende Erdreich geschichtet. Sonst wurde selbst bei den Mauern aus großen Quaderblöcken, dem
opus siliceum, Mörtel verwendet. Wesentliche Merkmale der Mörtelanwendung sind die Dicke der Lagerfugen und deren Abstrich, ob
gekehlt, glatt oder roh belassen. Der bisher älteste Mauerzug im Hanghaus 1, die Mauer unter dem Hofpflaster des hellenistischen Peristyl-
hauses23 aus Bruchsteinen mit einer leicht bearbeiteten Frontseite, ist bereits unter Verwendung von - stark mit Lehm vermischtem - Mörtel
errichtet worden.
Das anstehende Gestein ist als Baumaterial unterschiedlich gut geeignet. Der Glimmerschiefer24 ist weich und viel zu porös, um als Baustein
verwendet werden zu können25. Die Brekzie hingegen, der verkittete Hangschutt, bot sich, wo er offen stand, durchaus als Baustoff an und
wurde vereinzelt auch in sehr großen Blöcken verwendet. Bisweilen ließ sich das anstehende Gestein, zubehauen und verblendet, sozusagen
„in situ“ als Mauer nützen: in SR 1 und SR 2 mit Ziegeln, im Raum L mit einem opus mixtum, im Raum H mit opus quadratumpseudoiso-
domum. In den Kammern der Taberna XII ist der anstehende Fels, in diesem Fall der Glimmerschiefer, nicht verkleidet worden, wofür die
offenkundige Nutzung der Kammern als kühle Lagerräume den Grund liefert. Dort, wo die Brekzie zur Schaffung zusätzlicher Bauflächen
abgetragen werden mußte, wurde das Abbruchmaterial als Baustoff verwendet.
Da also für den Bau des Hanghauses das anstehende lokale Gestein nicht oder nur in sehr begrenztem Ausmaß verwendbar war, mußte das
Baumaterial außerhalb des Stadtgebietes, und zwar aus den Marmorbrüchen um Ephesos, gewonnen werden26.
Die etwa bis zur Mitte des 2. Jh.s n. Chr. errichteten Mauern reichen alle bis auf den Fels. In hellenistischer Zeit wurden die parallel zum
Hang verlaufenden Mauern in Fundamentgruben gesetzt, die aber nur ein bis zwei Bruchsteinlagen tief waren. Zwischen Hang und Mauer
verlief eine 0,3-0,7 m breite, kegelförmig verlaufende Grube bis zum Fuß der Mauer, die mit Lehm und einigen wenigen faustgroßen Kieseln
gefüllt wurde27.
Die Marmorsteine mit grob geglätteter Frontseite wurden gleichsam wie zwei Schalen gemauert, die mehr zufällig als beabsichtigt inein-
ander verzahnten. Der Zwischenraum im Inneren der Mauern wurde mit kleinteiligen Steinen gefüllt. Das erste Geschoß des hellenistischen
Peristylhauses war unter Verwendung von grob behauenen Marmorsteinen ganz in dieser Technik gebaut; die Mauerwerksteine wurden
später für die Substruktion der domus wiederverwendet.
Die späthellenistisch-frühaugusteischen Mauern unterscheiden sich deutlich von jenen, die gegen Ende des 1. Jh.s n. Chr. bei der domus -
5 jedoch nur für die Substruktionen - errichtet wurden. Die späthellenistischen Mauern weisen keine durchgehenden Lagerfugen auf. Sie sind
innerhalb einer Lagerschicht, die nur annähernd horizontal ist, quasi polygonal, mit wenig Mörtel geschichtet28. Hingegen wurde bei den
6 trajanischen Mauern der Substruktionen bereits auf horizontale Lagerschichten geachtet, wofür wesentlich mehr Mörtel verwendet werden
mußte. Der Aufbau erfolgte ebenso zweischalig wie bei den hellenistischen Mauern. Die Breite der hellenistischen Mauern beträgt
0,65-0,70 m, die der Substruktionen 0,75 m.
Eine deutlich andere Struktur zeigen die Raumwände der älteren domus. Sie sind durch sorgfältiger zubehauene Quader mit ebener Frontseite
7 gekennzeichnet. Dieses Mauergefüge ist als opus quadratum pseudoisodomum zu bezeichnen, das in seiner ursprünglich homogenen Form
nur bei der Westwand von SR 1 erhalten blieb. Auch die oft ausgebesserte Südmauer von El läßt stellenweise noch diese gleichmäßige

21 Die Begriffe opus testaceum und opus mixtum werden bei Vitruv nicht gebraucht.
Als opus mixtum wird eigentlich die Technik aus Retikulatmauerwerk mit Ziegel-
bändern bezeichnet; vgl. dazu Dodge, Brick 112. Adolf Hoffmann, Das Garten-
stadion in der Villa Hadriana (1980) 39 Anm. 204. Vgl. zur Bezeichnung opus mix-
tum auch: Jean-Pierre Adam, Roman Building, Materials & Techniques (1994)
139-144. In Durratum in Albanien tritt diese Technik - Ziegelbänder und Bruch-
steinlagen - angeblich schon im 1. Jh. v. Chr. auf. Es werden Beispiele genannt, die
ein Bindeglied zwischen den horizontal gegliederten Bruchsteinen und kleinen Qua-
derbruchsteinen darstellen, die ähnlich einem Retikulatmauerwerk gefügt sind:
Fatos Tartari, Ndertime me Tekniken e Muratures se Perzier (Opus mixtum) ne
Dürres, Monumentet 1 (1985) 87-93, mit französischem Resume.
22 Trockenziegelmauern oder Rutenputzwände sind nur vereinzelt nachzuweisen; sie
wurden in erster Linie im Hanghaus 2 angetroffen.
23 Siehe hellenistisches Peristylhaus, Kap. 5.1.2.
24 Siehe Kap. 2.1.3.
25 Der Abschlag des Felsens wurde als Zuschlagstoff beigemengt, z. B. für Estriche;

siehe dazu Peristylhaus, Kap. 5.1.2. und Lang-Auinger, Zur Baugeschichte im
Hanghaus 2, Akten des 6. Archäologentages, Graz 1994 (1995) (im Druck).
26 Am Osthang des Panayir Dag gibt es Marmorbrüche, vgl. dazu Otto Benndorf,
Zur Orts- und Stadtgeschichte, FiE I (1906) 38ff. Wilhelm Alzinger, Ritzzeich-
nungen in den Marmorbrüchen von Ephesos, ÖJh 48 (1966/67) 61-72. Erol Ata-
lay, Antiker Marmorsteinbruch bei Ephesos, ÖJh 51 (1976/77) 59-60. In Priene
wurde als Baumaterial der Marmor des Stadtberges abgebaut; vgl. dazu Hoepfner-
Schwandner, Polis 220.
27 In Pergamon werden zwischen Hausmauer und Fels zur Trockenhaltung der Mauern
Isolierungen angelegt, die Peristasis genannt werden. Diese die Ostwest-Mauern
begleitenden Ausnehmungen im Fels werden wohl die Funktion einer Drainage
erfüllt haben; vgl. Doris Pinkwart - Wolf Stammnitz, Peristylhäuser westlich
der unteren Agora, AvP XIV (1984) 7 ff.
28 Von einer echten polygonalen Schichtung kann nicht gesprochen werden; vgl. dazu
Wolfgang Radt, Pergamon, Vorbericht über die Kampagne 1991, AA (1992)
349ff„ Anm. 33.

22
 
Annotationen