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Südräume - Wohneinheit 5

5.5.43. SR 9e
Vetters, AnzWien 125 (1988) 97 (irrtümlich als 9c beschrieben).
SR 9e ist ein 3,80 x 4 m großer Raum, der die Südwestecke des Hanghauses 1 einnimmt. Das flache Ziegeltonnengewölbe ist noch erhalten.
Es setzt bereits in 1,05 m Höhe über dem Boden an. Alle Wände des Raumes waren mit Marmorplatten verkleidet, die an den Bodenkanten
noch erhalten sind. An der Wand sind stellenweise die Plattenabdrücke auszunehmen, ansonsten sind überall starke Sinterspuren. An der
Nordwand ist an den Abdrücken noch deutlich zu erkennen, daß die Anordnung der Platten eine Quaderbauweise imitieren sollte. Eine runde
Öffnung in der Nordwand ist von SR 8 aus deutlich als Pfostenlager zu erkennen. Die Ausgleichszone des Tonnenansatzes war als Rundstab-
leiste ausgebildet. Die Tonne selbst war mit dickem weißen Verputz überzogen, der Boden war in Ostwest-Richtung mit Marmorplatten
(0,70 x 0,40 m) ausgelegt, die von einer umlaufenden Randzone eingefaßt waren. In der Nordwestecke wurde unmittelbar über dem Boden
eine Tonrohrleitung (Durchmesser 0,18 m) festgestellt, bei der es sich um einen Zufluß (oder Abfluß?) aus der Hauptleitung in der Stiegen-
gasse 1 handeln könnte.
Trotz des einheitlichen Aussehens der Räume SR 9c-e muß 9e schon früher errichtet worden sein als SR 9c und d. Die ursprünglich 0,60 m
breite Ostmauer trägt, wie bei SR 9c bereits erwähnt, Putz an ihrer Ostkante. Die Baufluchten dieses Eckraumes sind, nach den Fugen zwi-
schen SR 9c und 9e zu schließen, bereits vorhanden gewesen, ehe SR 9c und d in gleicher Weise angeschlossen wurden.
Die Bedeutung dieses niedrigen, flach eingewölbten Raumes ist nicht klar. Sein Bodenniveau liegt um ca. 1 m höher als das der umliegenden
Räume. Nach der Ansicht der Südmauer von SR 8 (Abb. 58) aus befand es sich aber einst ebenfalls um 1 m tiefer, und der Raum war durch
eine Tür mit SR 8 verbunden. Diese Tür mußte, als das Niveau in SR 9e um 1 m gehoben wurde, geschlossen werden. Die doppelt geführte
Mauer aus Steinen reicht nur bis unter das deutlich höher liegende Bodenniveau von SR 9e; darüber ist die Innenmauer von SR 9e aus einer
einfachen Ziegelmauer erstellt. Vermutlich liegt dieser jüngste aufgefundene Boden auf einer Planierschicht. Da der Plattenbelag und die
Wandverkleidung aufeinander abgestimmt sind, muß der Raum wohl eigens für den Zustand adaptiert worden sein, in dem er bei der Freile-
gung angetroffen wurde. Er hatte nun keinen Zugang mehr. Eine Verwendung als Wasserreservoir wäre denkbar; dies würde auch die starke
Versinterung erklären. Es fehlt aber die für gemauerte Wasserbehälter typische Viertelrundleiste entlang der Bodenkante467. Vetters bemerkte
1965 im Tagebuch Seite 25 dazu: „... im Scheitel (am Nordende, Anm. d. Verfasserin) ein eingebrochenes Loch - schon aus der Antike?“
Die einzige Mauerstelle, die keinen Mörtel trägt, ist in der Tat exakt der Bereich dieses beschriebenen Loches im Gewölbescheitel. Es dürfte
sich um einen nachträglichen Ausbruch handeln, im Zuge dessen auch der Verputz großflächig entfernt wurde. Von SR 8 aus ist der Ausbruch
nur als unregelmäßig gefügter Mauerabschnitt zu erkennen. An der Westseite zur Stiegengasse 1 befindet sich eine große Öffnung, deren
Oberkante mit hochkant gestellten Ziegeln eingefaßt ist. Die Mauerstärke von insgesamt 1,05 m-davon sind 0,15 m Ziegel wand und 0,90 m
Steinmauer - ergibt eine ebenso tiefe Öffnung, die von einem Segmentbogen abgeschlossen wird, der mit Ziegeln (0,15 m) eingefaßt ist. Die
Scheitelhöhe der gesamten Raumeinwölbung dieser flachen Tonne stimmt mit der Rekonstruktion der östlich anschließenden Gewölbeergän-
zung von SR 9c und 9d überein.
Datierung
Das keramische Fundmaterial des Aushubs von 1965 ist verlorengegangen. Es kann hier nur eine aus der Evidenz der benachbarten Räume
geschlossene Datierung gegeben werden, d. h. SR 9e hat das Erdbeben 262 n. Chr. in der Weise überstanden, daß es für Zwecke adaptiert
werden konnte, deren Bestimmung aber nicht klar ist. Die Weiterbenützung ist daraus zu erschließen, daß die Ostfront der Ostmauer noch
stellenweise Putz trägt, vor den die westliche Innenmauer von SR 9c gesetzt wurde. In der Spätantike, als die öffentliche Wasserversorgung
offenbar für private Zwecke nicht mehr lückenlos funktionierte, wurden Zisternen eingerichtet; eine solche scheint hier vorzuliegen.
5.5.44. ZUSAMMENFASSUNG VON SR 9d-e
Diese parallel angeordneten, mit Segmentbögen eingewölbten „Kastenräume“ sind der sichtbar verbliebene Rest der oberen Terrassenbe-
grenzung. Es handelt sich um das von Klinkott so bezeichnete „Kastensystem, das aus mit Erde und Schutt gefüllten Kammern besteht“468.
Die Kammern des Hanghauses 1 waren aber sicher nie mit Schutt gefüllt, worauf die Fenstereinlassungen schließen lassen. Die Erfahrung
mit den Vörgängerbauten, die dem Hangdruck offenbar nicht standhalten konnten, hatte eine generelle Grundrißänderung zur Folge.
Ob auf die Substruktionen eine Stoa gesetzte wurde, um durch einen zusätzlichen Druck von oben eine Verstärkung zu erhalten, ist nicht zu
ermitteln. Als Spolien verbaut sind nur zwei ionische Kapitelle und einige glatte Säulentrommeln, die aber eher einer peristylen Anlage in
den Perioden 2 bis 3 zuzuordnen sind. Das Erdbeben 262 n. Chr. war der Anlaß für eine Neugestaltung dieses Bereiches, der sich wegen der
verkehrstechnischen Lage an der Hanghausstraße für wirtschaftliche Zwecke anbot. Es paßt auch zum Gesamteindruck dieser Raumgruppe,
daß hier, im Vergleich zu den Wohneinheiten, auffallend wenig Tafelgeschirr vertreten ist.
5.5.45. SR 11b
SR 11b ist ein Geviert von etwa 7 x4,50 m mit zahlreichen unterteilenden Mauerzügen, die sowohl Zweckbestimmung wie Datierung des
Raumes erschweren. Von der Hanghausstraße gab es einen 2 m breiten Eingang, der aber bei der Ausgrabung verschlossen vorgefunden
wurde. Die Nord- und die Südmauer sind mit der Westmauer bündig. Von SR 11 aus ist erkennbar, daß die Nordmauer bis zum gewachsenen
Boden reicht, in der Art eines bemerkenswert harten opus caementicium, tatsächlich aber aus kleinen, länglichen, geschichteten Bruchsteinen
besteht. In ihrem Fundamentbereich gehören die Nord-, Süd- und Westmauer zum ältesten Mauerwerksbestand des Hanghauses 1, in die
Periode 1, die hellenistische Zeit. Eine Sondage in der Hanghausstraße vor SR 11b belegte die Datierung in die Periode 1, zumindest für die
Südmauer in diesem Bereich469. Das Fundament besteht aus echtem opus caementicium unter Verwendung von faustgroßen Steinen. Auf

467 Vgl. dazu unten SR 12 b, Kap. 5.5.46. 4<® Nach dem Fundjournal 1990.
468 Manfred Klinkott a. O. 134 ff.

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