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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Editor]
Kolloquium zu Fragen der Theorie und Methodik der Industriellen Formgestaltung — 3.1979

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Wittwer, Bernhard: Einige neurobiologische Aspekte der Ästhetik
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https://doi.org/10.11588/diglit.30595#0128
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daß sie ihm ein tiefes Erleben vermitteln, wie es die Natur al-
lein nicht gibt." /23/ Gefühle werden von biologischen Grundla-
gen getragen. Die inneren und äußeren Rezeptoren liefern hierzu
eine größere Anzahl an Erregungen. Biologische oder soziale
Quellen sorgen für eine Gefühlsveranlassung. Sie stellen den In-
halt der Gefühle dar. Jedes Gefühl hat seinen Inhalt. Jede biolo-
gische Form der Gefühle hat mannigfache biologische, soziale
oder biosoziale Inhalte. Auch hat jeder Inhalt sein Gefühl. Dem-
gemäß führt erhöhte rational-denkmäßige Tätigkeit nicht nur zur
Vergrößerung von Gefühlsursachen, sondern auch zu einer Differen-
zierung des Gefühlslebens. Während bei der biologischen Gefühls-
verursachung noch geringe individuelle Unterschiede bestehen,
sind bei den sozialen und biosozialen Verursachungen gemäß der
individuellen und gesellschaftlichen Bewußtseinsentwicklung weit-
reichende Unterschiede bemerkbar. Die rational-denkraäßige Tätig-
keit differenziert die Gefühle und die Fühlenden. Solche Gefühls-
differenzierungen rechtfertigen jedoch nicht die Annahme von in-
tellektuellen, moraiischen und ästhetischen Gefühlen. Ästhetische
Gefühle lassen sich nicht als besondere Gefühle charakterisieren,
da sich Angaben über diese ästhetischen Gefühle mit denen des We-
sentlichen der Gefühle erschöpfen. Greift man auf Gegenstände mit
verursachenden Eigenschaften zurück, die Teil eines äußeren Mi-
lieus sind. bemerkt man, daß sie - bei Vorhandensein eines geme-
ßen inneren Milieus - einen Zustand erhöhter und schneller Wahr-
nehmungseinfärbung durch Gefühle herbeiführen. Auch die durch sie
ausgelö?iten Gefühle sind, wie alle Gefühle, durch den Inhalt
nicht eindeutig bestimmt. Ungeachtet der Vielheit der Variabili-
tät der Inhalte kann dieser Zustand erhöhter und schneller Ein-
färbung eintreten.

Für Leonhard haben "Gefühle im Denken des Menschen ...
die Tendenz ...» die ihnen zugehörigen Vorstellungen in den Mit-
telpunkt des ßewußtseins zu rücken. Wenn ein gefühlvoller und
ein gleichgültiger Gedanke gleichzeitig bewußtseinsbereit sind,
dann gewinnt immer der gefühlsbetonte die Oberhand." /24/ Auch
Tichomirow stellt fest, daß "die Emotionen eine be-
stimmte Regulationsfunktion ausüben“ /25/. Er vergleicbt die Ge-
fühle mit einem Spiel. "Will man einen bildhaften Vergleich an-
wenden, kann man die Emotionen mit den Bewertungen heiß und kalt

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