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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Kolloquium zu Fragen der Theorie und Methodik der Industriellen Formgestaltung — 3.1979

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Wittwer, Bernhard: Einige neurobiologische Aspekte der Ästhetik
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https://doi.org/10.11588/diglit.30595#0130
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stehen von Anmu tungsqualitäten. CJedoch wird nicht alles in dieser
Wahrnehmung des äußeren Milieus ästhetisch. Eine vom Wahrnehmen-
den unabhängige Wahrnehmung gibt es nicht. Dede Wahrnehmung setzt
einen Wahrnehmenden mit einem bestimmten inneren Milieu voraus
und ist wiederum Teil eines Wahrnehmungskomplexes. Der Wahrneh-
mende ist nicht mit der Wahrnehmung identisch. Er ist nicht ein-
fach aufnehmend, sondern über das Gefühl wahrnehmend tätig. Der
Ausdruck des Erlebens und Bewertens bei ästhetischen Gegebenhei-
ten ist demnach irreführend. Bei dieser Trennung wird davon aus-
gegangen, daß dem Bewerten das Erleben vorangeht, und die Bewer-
tung folgt oder folgen kann. Nun läßt sich das gefühlsmäßige Be-
werten nicht unabhängig von der aktuellen Gegebenheit des Gegen-
standes und willkürlich erzeugen. Im Wahrnehmungsprozeß wird der
Reizaufnahme und der Reizverarbeitung nicht einfach nachträglich
ein Gefühlszusatz verliehen. Sie bilden einen unzertrennlichen
Zustand. Gu ttmann beschreibt diesen Zustand in folgen-
der Weise: “Eine bestimmte Reizkonstellation löst ein ganz be-
stimmtes Verhalten aus, aber nicht unbedingt, unter allen Umstän-
den, sondern abhängig von inneren Bedingungen des Organismus
... Daher liefern neben den äußeren Stimuli die inneren Reizbe-
dingungen eine wichtige Erregungskomponente der Hintergrundakti-
vität, durch v;elche der Zustand des inneren Milieus angezeigt
wird, so daß bei einer bestimmten Konstellation der äußeren und
inneren Umwelt ein spezifisches effektorisches Erregungsmuster
aktiviert wird." /29/

Von groi-'or Bedeutung innerhalb des Wahrnehmungsprozesses Ist die
Aufmerksamkeit. Die Aufmerksamkeit ermöglicht zusammen mit dem
Gedächtnis eine über das Bemerken hinausreichende Wahrnehmung.
Ohne die Aufmerksamkeit gäbe es kein klares, deutliches Wahrneh-
men, weil sie die einzelnen Prozesse steuert und steigert. Ein
Aufmerken wird erreicht durch eine unausweichliche Zwangsläufig-
keit, durch eine gänzliche Hinwendung des Menschen auf einen Ge-
genstand oder Vorgang im äußeren Miliau, durch eine Abdrängung
der bisherigen Bewußtseinsinhalte. Neben der willkürlicnen Auf-
merksamkeit unterscheidet man die unwillkürliche, die nach
Hofstätter ausgelöst wird durch "'Reizfak to ren , die
einen Gegenstand auffällig machen ... Es handelt sich hier offen-
bar um die Attribute, aufgrund derer wir in vorrationaler (ge-

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