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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Kolloquium zu Fragen der Theorie und Methodik der Industriellen Formgestaltung — 3.1979

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Skerl, Joachim: Zu Gestaltungskonzeptionen des 19. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.30595#0140
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andersetzung zwischen Bourgeoisie und Proletatiat, Vor allem
blirgerlich-liberale Kreise sahen im Kunstgewerbe eine Möglich-
keit der Harmonisierung mit dem kapitalistischen System#

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts setzen im wesentlichen die
Reformbestrebungen ein.

Die Uiederlage der bürgerlich-demokratischen Revolution von
1848 erschwerte jedoch die kunstgewerbliche Reformbewegung in
den deutschen Staaten. So gab es in der ersten Periode von
1850 bis 1870 im Gegensatz zu England und Prankreich nur An-
sätze geeigneter Organisationaformen und einer Ausbildung von
Entwerfern für die Jndustrie, Die bedeutendste Leistung dieser
Zeit ist nicht die schöpferisch-gestalterische Arbeit, sondern
die theoretische Verallgemeinerung der Gestaltungsprinzipien.
Diese weisen Uber das 19. Jahrhunl ert hinaus und wurden ein we-
sentliches Fundament aller späteren Designtheorien,

Die gestaltungstheoretischen Konzeptionen von Schinkel, Semper
und Böttiger sind dafür herausragende Beweise.

Schinkel hatte nicht nur als KUnstler die Kontakte zur Industrie
gesucht, sondern in den wVorbildern für Fabrikanten und Hand-
werker" (1821 - 1837) zur Geschmacksbildung größerer Kreise bei-
getragen. Seine nur thesenhaft formulierte architekturtheore-
tische Konzeption enthält bereits wesentliche Elemente einer
auch auf die Gestaltung von Gebrauchsgegenständen zu Ubertragen-
de "technische Ästhetik". Das Postulat der Zweckmäßigkeit wird
darin an den Anfang gestellt, bezogen auf die Raumgliederung,
die Konstruktion und den verzierenden Schmuck. Die dabei erho-
benen Forderungen nach Ökonomie, Ordnung, Bequemlichkeit, dem
bestmöglichen Materialeinsatz, dem Sichtbarnjachen des Materials,
seiner Bearbeitung und Konstruktion, als auch nach der Uberein-
stimmung des Schmuckes mit dem zu schmUckenden Gegenstand und
seiner werkgerechten Qualität sind auch heute noch von bemer-
kenswerter Aktualität. /I/ Die BerUcksichtigung des Herstel-
lungsverfahrens beim Entwurf als entscheidende Komponente fUr
die Gestaltung industriell gefertigter Produkte fehlte jedoch
in Schinkels Theorie.

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