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arten, Die Wasserspeier am Freiburger Münster

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4. Frühgotisch fratzenhaft und dabei schon sehr
frei zeigen sich A, E, T.

5. Aller Fessel ledig und mit breitem Behagen
in voller Hässlichkeit modelliert erscheinen B,D,F, S.

6. Menschliche Speier von einer gewissen Strenge
sind /, L, P.

7. Ganz freie Menschengebilde, mit äußerstem
Naturalismus und einer, ich möchte sagen, nieder-
ländischen Derbheit aus dem Vollen geschaffen, sind
U, V, H, X und Z.

Möglicherweise stammen die Gruppen 5 und 7
von derselben großzügigen Hand, bei der man wirk-
lich Zweifel hegen möchte, ob sie schon im 16. Jahr-
hundert an der Arbeit war.

Die Speier der Alexanderkapelle (Abb. S. 23).

I. Scheusal, weiblich, mit vier tierischen Euterzitzen.
Statt der Vorderbeine anliegende Drachenflügel: sehr beliebter,
auch in Frankreich häufiger Typus. Zwischen
den Hinterpfoten Spruchband mit der Zahl
1514.

m, etwas tiefer sitzend als / und n, das
Wasser des nördlichen Hahnenturms ab-
leitend. Scheint frühgotisch, hier nachträglich
wieder eingefügt.

77. Hundevieh mit langem Schwanz wie
ein Löwe. Die abgebrochene linke Vorder-
pfote fasste einst nach dem weitaufgesperrten

Maul.

Am Chor selbst (Abb. S. 23 ff.).

A. Vogelmensch, mit bärtigem Menschenkopf und mit
menschlichen Füßen. Gefiedert. An den Ohren lange Haar-
büschel.

B. Vierbeiniges Scheusal mit Flügeln und Adlernase.
Zwischen den Vorderkrallen ein zweiteiliger Wappenschild, auf
dem eine Rosette und anderer undeutlicher Zierat.

C. Biederer Hund mit erbeutetem Häslein zwischen den
Beinen.

D. Totengerippe mit hervorquellenden, starren Augen, auf
barocke Schneckenkonsole geklemmt. Eine Schlange ringelt
sich um seine rechte Hüfte nach der Schamgegend zu. Ein
Molch sitzt an der Brust. Die abgeschlagenen Arme fassten
wohl einst nach dem Munde. Aus Frankreich, soweit ich sehe,
nicht belegbar.

E. Raubvogel mit Hundekopf, mit der rechten Klaue einen
Ast umklammernd, mit dem linken Flügel flatternd.

F. Teufelsgetier; die linke Vorderpfote zerrt an der Gurgel,
während gleichzeitig die Zunge aus dem ungeheuerlichen Maule
zum Vorschein kommt.

G. Desgleichen, nur weniger plump. Zwischen den Vorder-
pfoten ein zweigeteilter Schild wie bei B.

H. Hockender Mann in kurzärmeligem Kittel. Mit den
Händen reißt er sich den Mund zum Speien auseinander, den
rechten Fuß hat er sich wie ein Jongleur über das lockige Haupt
gelegt.

/. Nonne, den Strick um die Kutte. Die linke Hand deutet
nach dem zahnlosen Mund. Das Wasser wird oben durch den
Scheitel geleitet. Der Volksmund erzählt sich, eine betagte
Nonne habe in Luthers Tagen Lust zum Heiraten bekommen;
als man sie auf ihr vorgerücktes Alter aufmerksam machte, habe
sie zuversichtlich ihren einen noch übrigen Zahn gezeigt, um
sich als immer noch heiratsfähig zu bekunden.

J. Fehlt.

K. Löwe, mit Mähne und langem Schwanz.

L. Kniebild einer alten Frau.

Freiburger Münsterblatter III, 1.

Abb. 24. Caen. Eglise S. Güter.
Nach Raguenet.

AI. Frosch mit Spruchband ohne Legende. Auch in Frank-
reich beliebt als Speier.
N. Fehlt.

0. Teufelsgetier, mit Vorderfüßen einer Kuh, während die
Hinterbeine in Adlersklauen endigen.

P. Nackter, kahlköpfiger Mann mit einer Schnute wie ein
Botokude.

Q Zahmer Löwe.
R. Fehlt.

S. Bellender Hund mit stilisierten Locken auf dem Rücken.
T. Teufelsgetier, ähnlich 0, doch weniger formlos.
U. Jäger mit breitkrempigem Hut, Stulpenhandschuhen,
gestricktem Kinnwärmer, großerjagdtasche und Bandelier auf der
Brust. Die Rechte hält eine Flasche neben dem rechten Ohr;
aus dieser strömt das Wasser. Zwischen den Beinen des
hockenden Jägers kauert ein kleiner nackter Mensch oder Affe
und hält ein Becherlein in den Händen, das derjäger ihm ge-
reicht und wohl auch gefüllt hat. Ein Spruchband nannte einst
den Namen dieser schwer zu deutenden Figur; leider sind jetzt
nur noch am linken Anfang des Bandes die Buchstaben HIE E
erhalten.

V. Narr in der Schellenkappe. Das Wasser fließt wie bei
U aus einem Gefäß, das neben dem rechten
Ohr gehalten wird. Am rechten Oberarm
Puffen; der rechte Ärmel ist am Ellenbogen
zerschlissen.

W. Flickwerk aus zwei Speiern. Ur-
sprünglich war ein Raubvogel mit riesigen
Krallen dargestellt, der ein nacktes Kind in
sein Nest getragen hatte: der Vogel brach
ab, und man stückte nun auf das Kind und
die Vogelkrallen ein hundeähnliches Teufels-
tier, das seinerseits einen erbeuteten Adler
zwischen den Pfoten hält.
X. Hockender Mann in weichem Kittel, auf den Locken
ein spitzes Hütchen. Die Linke hält die Nase zum Schneuzen,
die Rechte liegt an dem unnatürlich langen Kinn.

Y. Teufelstier mit Bockshörnern. Äußerst plump. Auf
dem Spruchband die Zahl 1530 (Abb. S. 27).

Z. Altes, nacktes Weib von grandioser Hässlichkeit. Das
rechte Knie ist an die Wand gestemmt, das linke Bein im Knie
gebeugt. Beachte die Bauchfalten, die hängenden Brüste. Zwi-
schen den dicken Lippen kommt die Zunge zum Vorschein.
Die abgebrochene Rechte hielt das Fass, aus dem über die linke
Schulter weg das Wasser läuft. Die Linke präsentiert den Deckel
dieses Fasses.

Die Wasserspeier an den eingebauten Kapellen
und Portalen.

Von den Speiern am südlichen Seitenschiffportal
(13. Jahrhundert) ist nur einer (c) leidlich erhalten.
Die übrigen Speier dieses Portals sind teils bis zur
Unkenntlichkeit zerstört, teils ganz modern er-
neuert, so dass ihre bildliche Wiedergabe sich nicht
verlohnt. (Aus Versehen dennoch abgebildet S. 18.)

Der kleine Speier e (S. 27 u.) an der im 14. Jahr-
hundert erbauten Heiliggrabkapelle ist moderne Er-
neuerung. Stilistisch erinnert der kleine Greif an
4, o. I. (S. 19).

Das teuflische Biest /, das über der 1555 voll-
endeten Ölbergkapelle hängt, stammt vermutlich ge-
rade aus diesem Jahr. An dem unsinnig langen
Spruchband ist noch ANNO DOMINI und eine 5
zu lesen (Abb. S. 27).

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