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Schuster, Der romanische Teil des Freiburger Münsters

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Stelle. Zwei dieser Fenster befinden sich in den
mittleren Feldern des ersten Fensters im südlichen
Seitenschiff. Sie stellen dar: rechts die hl. Afra und
links die hl. Maria Magdalena mit der Salbenbüchse,
auf Fratzengebilden stehend, die das zertretene Sünder-
leben bedeuten. Das dritte Fenster stellt einen König
dar und befindet sich gegenwärtig in der Schatz-
kammer des Münsters. Diese drei Fenster gehören

ihrer techni-
schen Behand-
lung nach der

spätromani-
schen Zeit an.
Jünger, etwa aus

der zweiten
Hälfte des 13.
Jahrhunderts,
sind die Reste
in den Radfen-
stern. Jene der

Nordseite be-
stehen aus sechs

kreisförmigen
Medaillons, die
auf blauem
Grunde die
Werke der leib-
lichen Barmher-
zigkeit veran-
schaulichen. In
den Zwickeln
befinden sich
reizvolle Engel-
köpfe. Auf der
Südseite sind in
den sechs Me-
daillons nur
noch vier Reste
von Glasmale-
reien erhalten.
Sie stellen dar:
Christusaufdem
Throne mit dem
A und !», einen
Bischof und zwei Könige. Die Zwickel zeigen nur
noch teilweise farbige Scheiben, die übrigen Teile
an beiden Radfenstern sind weiß verglast.

Von Arbeiten in edlem Metall ist in der Böcklin-
kapelle des neuen Chors ein großes romanisches
Kruzifix erhalten. Der Körper ist in Silber getrieben,
vergoldet und mit Edelsteinen geschmückt; das Kreuz
besteht aus Tannenholz, das mit Platten aus Silber-
blech überzogen ist. In der Schatzkammer befinden
sich aus romanischer Zeit ein sehr schönes Scheiben-

Portal am südlichen Hahnentarm.

kreuz und zwei schön ornamentierte Altarsteine. Ob
alle diese Arbeiten zur ursprünglichen Ausstattung
des Münsters gehörten oder erst nachträglich dahin
kamen, ist völlig unbekannt.

Wie von den meisten romanischen Kirchen be-
sitzen wir auch vom ältesten Teile des Freiburger
Münsters weder Urkunden noch Inschriften, die über

die Zeit der Ent-
stehung, die nä-
heren Umstände
der Gründung,
den Namen des
Baumeistersund
dergleichen Auf-
schluss geben
könnten. Dass
wir die Erbau-
ung unserer ro-
manischen Teile
mit einer ge-
wissen Sicher-
heit in die Zeit
etwa zwischen
1180 und 1230
setzen dürfen,

hat seinen
Grund inderbe-
stimmten Stel-
lung, die unser
Bau in der ziem-
lich rasch ver-
laufenden Ent-
wicklungs-
geschichte des
mittelalterlichen

Kirchenbaues
einnimmt, deren

einzelne Ab-
schnitte sich im
großen und gan-
zen wieder zeit-
lich bestimmen
lassen. Am
augenfälligsten lässt sich diese Entwicklung an den
Formen der einzelnen Bauglieder wahrnehmen, sie
vollzieht sich jedoch weniger aus ästhetischen als
aus praktischen Gründen und zeigt sich hier nament-
lich in der Ausbildung des Gewölbebaues, dem wir
zunächst eine kurze Betrachtung widmen müssen \

1 Wir stützen uns dabei auf die lichtvolle Darstellung von
M. Hasak, Handbuch der Architektur. II. Teil. 4. Band: Die
romanische und die gotische Baukunst. 3. Heft: Der Kirchen-
bau. Stuttgart 1902.
 
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