Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 10.1914

DOI Artikel:
Münzel, Gustav: Der Mutter Anna-Altar im Freiburger Münster und sein Meister
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2546#0081
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
72

Münzel, Der Mutter Anna-Altar im Fceiburger Münster und sein Meister

ist, gestattet, was bei keinem der andern Versuche der
Fall ist. Da die für eine systematische Untersuchung
der Frage in Betracht kommenden Teile des Frei-
burger und Breisacher Archivs kein sicheres Re-
sultat gebracht haben, so führt vielleicht ein Zu-
fall in der Benutzung dieser Archive weiter; groß ist
aber diese Hoffnung angesichts der stark zerstörten
Bestände des Breisacher Archivs nicht. Abgesehen
davon wäre es eine sehr dankenswerte Aufgabe der
Denkmalpflege, von den Täfelchen und dem aufge-
schlagenen Buch auf dem Breisacher Altar, sowohl
von denjenigen, von denen berichtet wird, dass sie
Monogramm und Jahreszahl trugen, wie auch von den
andern, die 1838 aufgetragene Ölfarbenschicht sorg-
fältig abklopfen zu lassen, um wenigstens die originale
Signierung kennen zu lernen, wenn sich kein weiterer
Aufschluss daraus ergeben sollte. Ebenso würde es
sich empfehlen, in Rotweil auf dem Flügel mit dem
Engelkampf von dem Hackmesser des einen kämpfen-
den Engels die Ölfarbe entfernen zu lassen, da dort
die Möglichkeit einer Signierung besteht1.

1 Während der Drucklegung dieser Arbeit ist ein Auf-
satz von Th. Demmler, Der Meister des Breisacher Hochaltars,
Jahrbuch der Kgl. Preußischen Kunstsammlungen 1914, S. 103 ff.
erschienen, der nur mehr hier am Schluss kurz notiert werden
kann. Das Haupithema der Arbeit Demmlers ist, nachzu-
weisen, dass die mit dem Monogramm H. L. signierten gra-
phischen Werke, Kupferstiche und Holzschnitte, die vor kurzem
von Loßnitzer dem bayerischen Meister Hans Leinberger zuge-
schrieben wurden, tatsächlich von dem Breisacher Meister H. L.
herrühren. Zu dieser Frage, die ja auch zur vorliegenden Arbeit
in keiner direkten Beziehung steht, eingehend Stellung zu
nehmen, ist nicht mehr möglich. Nur so viel sei gesagt, dass
die Zuschreibung dieser graphischen Arbeiten an den Breisacher
Meister H. L. jedenfalls mehr Wahrscheinlichkeit für sich hat,
als die an Hans Leinberger. — Aus dem Aufsatz Demmlers
seien dann noch die folgenden, mit dieser Arbeit in Zusammen-
hang stehenden Punkte erwähnt. In Bezug auf den Anna-
Altar im Münster ist Demmler geneigt, trotz der Verwandt-
schaft einzelner Motive am Anna-Altar mit Werken des Brei-

sacher Meisters, sich der von Dehio (und vorher von Kempf
und Schuster) geäußerten Meinung anzuschließen, dass der
Meister des Locherer-Altars, Sixt von Staufen, auch diesen
Altar gearbeitet habe. Bei dem Niederrotweiler Altar hält er,
in Übereinstimmung mit der seit Rosenberg bestehenden An-
sicht, dafür, dass dieser eine spätere Nachahmung eines Werk-
stattgenossen des Breisacher Meisters sei. Die Annahme, dass
das Dorf den Altar der Stadt nachgeahmt habe, findet sich hier
wieder in der Form des Argumentes, dass ein Werk im Münster
der Stadt mehr zur Nachahmung reizen konnte als eines in der
abseits gelegenen kleinen Kirche. Und so wurde nach Demmler
in der Dorfkirche mit bescheideneren Mitteln das Werk der
Münsterkirche in vereinfachter Weise nachgebildet. Er hält den
Altar für eine einheitliche Arbeit. Sowohl für die Stellung des
Rotweiler Altars wie für die Frage der Zugehörigkeit des Anna-
Altars sei demgegenüber auf die Erörterungen oben im Text
verwiesen. — Demmler qualifiziert den Meister im wesentlichen
als einen virtuosenhaften Künstler von artistischer Haltung
gegenüber dem Gegenstand. Den Köpfen seiner Gestalten fehlt
nach ihm ein inneres Leben höherer Art, die Gesichter sind
geistig unbedeutend, — Von den beiden Figuren in Reute sind
Demmler mittlerweile die Photographien von Bildhauer Dett-
linger in Freiburg mitgeteilt worden. In der kurzen Besprechung
dieser Arbeiten meint Demmler, dass sie als Frühwerke des
Breisacher Meisters in Anspruch genommen werden könnten.
Die weibliche Figur, deren Namen Demmler nicht angibt, hält
er nicht für eigenhändig; die männliche sieht er irrtümlich
für einen hl. Dionysius an. — Bei den Flügeln des Nieder-
rotweiler Altars hält Demmler die Anordnung der zwei über-
einander stehenden Reliefs auf jedem Flügel mit je einer Szene
aus der Michaels- und der Täuferlegende für vertauscht, so dass
die unteren Darstellungen Taufe Christi und Engelkampf ihre
Plätze wechseln müssten. Gegen diese naheliegende Annahme
spricht aber der Umstand, dass auf dem Relief des Engel-
kampfes der Engel mit dem Schwert in der linken Ecke mit
dem oberen Teil seiner Hand und dem Schwertgriff in die
obere Tafel des Flügels, die Enthauptung des Täufers, hinein-
ragt, so dass die beiden Reliefs in ihrer jetzigen Anordnung
offenbar immer zusammengehörten. — Den Auflösungen des
Monogramms H. L. fügt Demmler noch eine neue bei durch
Beiziehung des Namens Hans Lederer, der für die graphischen
Arbeiten des Meisters H L. schon früher herangezogen wurde.
Der Name erscheint ihm deshalb möglich, weil er auf eine
Bildschnitzerfamilie führt. Allein er selbst hält diese Vermu-
tung für zu unbestimmt, um sie weiter zu verfolgen, da alle
näheren Beziehungen stilistischer oder historischer Art fehlen.

Wasserspeier an der Nordseite des Chors.

Erneuert.
 
Annotationen