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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 13.1917

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Kempf, Friedrich: Heimsuchungen und Schicksale des Freiburger Münsters in Kriegsnot, durch Menschenhand und Feuersgefahr: II. Durch Menschenhand
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https://doi.org/10.11588/diglit.2399#0013
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Kempf, Heimsuchungen und Schicksale des Freiburger Münsters in Kriegsnot, durch Menschenhand und Feuersgefahr

Bruchstücke größtenteils als Schutt in den Rhein völlig unbeachtet geblieben. Es handelt sich um
gefahren. zwei Leuchter tragende Engel und um eine weibliche
Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, dass in Figur, drei Bildwerke, die ein hervorragendes kunst-
unserm Archiv ein alter aufgerollter 2,60 m hoher historisches Interesse beanspruchen (Abbild. 4, 5, 6).
Pergamentriss, - - der einzige uns überhaupt über- Wo mögen diese Bildwerke ursprünglich ge-
lieferte, — von einem Sakramentshäuschen verwahrt standen haben? Dass sie im Münster sich be-
ist. Die Federzeichnung ist von großer Schönheit fanden und nicht etwa von einem andern unter-
und stammt ohne Frage von einem ganz hervor- gegangenen Freiburger Gotteshaus übernommen wor-

—mam~ammmnw—y ■ ■*. 'II . —

ragenden Meister,
der sich mit dem
Zirkel in der rech-
ten und dem Barett
in der linken Hand
auf dem Riss selbst
verewigt hat. Die
• flotte Zeichnung
stellt einen unge-
mein schlanken,
reich in die Höhe
entwickelten, mit
vielen Skulpturen
ausgestatteten Auf-
bau dar. Jedenfalls
handelt es sich um
einen, vielleicht aus
Mangel an Mitteln
nicht zur Ausfüh-
runggekommenen,
vermutlich für den
neuen Chor ge-
dachten Entwurf,
da seine Kunstfor-
men gewissen Tei-
len vom Chor nicht
unähnlich sind.

An die Behand-
lung des Schick-
sals, das dem Sa-
kramentshäuschen
widerfuhr, reihen
wir die Bespre-
chung einiger
Steinfiguren an,
die ein ähnliches

Geschick durch Menschenhände zu erfahren hatten.
Hoch oben in den Baldachinen der in den 40 er
Jahren des 19. Jahrhunderts entstandenen Chor-
strebepfeiler-Aufsätze, auf der Ostseite, standen bis

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Abbild. 3. Gitterwerk der ehemaligen Sakramentsnische

den sind, steht un-
zweifelhaft fest,
denn sie enthalten
für die Plastik des

Münsters kein
fremdes Element;
das geht aus ihrem
Stile hervor, dem
wir auch an andern
Standbildern im
Münster begegnen.
Ihre Größe ist die
gleiche wie die der

Apostelstatuen.
Wenn wir auch
nicht mit vollerBe-
stimmtheit sagen
können, wo diese
Figuren im Mün-
ster sich befanden,
so glauben wir doch
Anhaltspunkte da-
für zu haben, dass
sie im alten roma-
nischen Chor ihren
Standort hatten.
Nachstehende, je-
denfalls beachtens-
werte Aufzeich-
nungin einerChro-
nik aus dem Jahre
1792 möchten wir
damit in Zusam-
menhang bringen:

„Im Septembris
wurde in dem Chor
neu gehauene Engel in der nemblichen Größe, wie die
12 Apostel, aus der Kirche hinweg gekommen, gemacht."
Die Aufzeichnung, so kurz gefasst sie ist, erscheint
nicht ohne weiteres verständlich, namentlich sind für

vor kurzem drei überlebensgroße, etwa aus der den Uneingeweihten die Worte „neu gehauen" irre-

Mitte des 14. Jahrhunderts stammende frühgotische
Figuren, die schon seit längerer Zeit unsere Auf-
merksamkeit erregt haben. Sie waren von der All-
gemeinheit, infolge ihres hohen Standortes und der
zu steilen Sehlinie, die das Beschauen behinderte,

Freiburger Münsterbläircr XIII.

führend. Karl Schuster, der diese Notiz schon zwei-
mal1 registrierte, zieht beim Versuch, sie zu erklären,
eine Bemerkung Geissingers heran, der 1787 mit Ab-

Münsterblätter 7, 42 und 10, 90.
 
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