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Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte in Württemberg und Hohenzollern [Hrsg.]; Württembergischer Altertumsverein [Hrsg.]; Württembergischer Anthropologischer Verein [Hrsg.]; Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein [Hrsg.]
Fundberichte aus Schwaben — 16.1908

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Römische Zeit
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Paradeis, Franz Josef: Rottenburg: Funde bei dem Neubau des Buchhändlers Adolf Bader und im Anwesen des Franz Birlinger gegenüber der städtischen Turnhalle, ca. 17m über dem Neckar
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https://doi.org/10.11588/diglit.43786#0090
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Ist die Kiesschicht durch Menschenhand über diese Wohnungs-
gruben geschüttet worden? Handelt es sich um eine Straße?
Mit Ausnahme von der ganz schlechten, sehr primitiven Pflaste-
rung an jener Kellerwohnung fand sich nirgends eine ähnliche Pflaste-
rung oder Vorlage. Die Kiesschicht reicht da, wo sie am stärksten
ist, immer mit ihren mittelgroßen und kleinen Kalibern bis auf ca. 25 cm
an die heutige Erdoberfläche; vergl. Abb, 10 der photographischen Auf-
nahme aus dem 11 m langen Graben (S.79). Wie wir oben gesehen, ist die
Kiesschicht in ihrem langen Verlaufe von Baders Anwesen bis zur Villa
Planck in ihrem vertikalen Durchmesser (der Dicke nach) durchaus
sehr verschieden, ebenso ihrem Breitendurchmesser nach. Dem Tale
zu hat sie mehr Gefälle, und bei Schnitt a—b beträgt z. B. das Ge-
fälle auf rund 1 m = 40 cm. Einer Straße sieht diese Kiesschicht dem-
nach nicht gleich. Und wenn die Schicht zuletzt doch einmal als
primitiver Weg benützt worden ist, wie sie auch an der südöstlichen
Seite der „Kellerwohnung“, nach dem dortigen sehr primitiven Pflaster
zu schließen, als Flurraum wirklich gedient hat, so erhebt sich immer
wieder die Frage, warum und unter welchen Umständen kam sie über
diese Wohnungsgruben und warum hat sie eine so auffallend starke
Beimengung gerade von Ackererde?
Dieser Befund kann nur durch ein großes, auch anderorts (Heilbronn -
Böckingen usw., s. o. S. 57 ff-) archäologisch-geologisch nachgewiesenes
Naturereignis, nach meinem Dafürhalten wenigstens durch das vom
21. Juli 366, erklärt werden, auf dessen Spuren ich nach meiner festen
Überzeugung hier schon vielfach gestoßen zu sein glaube. Durch dieses
wurde Kies und Ackererde mit römischen Ziegeln und Scherben unter-
einander vermischt und in die glattwandigen Wohngruben hinein-
geworfen, wobei allerdings auch wieder manche glatte Grubenwand
zerstört wurde, was tatsächlich der Fall ist, z. B. bei der unteren, tal-
wärts liegenden Seite des von NO nach SW verlaufenden, 11 m langen
Grabens in Birlingers Anwesen. Der Kies kann von der nächsten
Nähe der höher gelegenen Umgebung bei der Turnhalle kommen; dort
kommt solcher Kies vor und nordwestlich von der Turnhalle in der
Nähe der Seebronner Straße (Ecke der städt. Gartenanlage) enthielt
der Kies in der dortigen Böschung, als man diese zur Planierung ab-
grub, eine Menge römischer bezw. nachrömischer Scherben, wie ich
andernorts schon berichtete. Vielleicht lag der Kies in unmittelbarer
Umgebung.
Der schmale „schwarze römische Kulturstreifen“ d über dem satten
Humuslehm bb und a'a' enthält ja konstant eine feine Kiesader, auch
außerhalb dem Bereiche der großen Kiesschicht; sie läuft auf die große
Kiesschicht zu und vereinigt sich mit ihr; vergl. Schnitt a—b bei aa und
a'a'. Ist diese Kiesader im schwarzen römischen Kulturstreifen vielleicht
ein Überrest der künstlichen und durch das N aturereignis verschobenen
Kiesablagerung? Vielleicht zeigt sie aber auch den Weg an, den die
Kiesschicht, mit der die Wohngruben verschüttet sind, von der nächst-
gelegenen Höhe, von der Turnhalle her machte? Ich hätte Neigung,
das erstere anzunehmen; vergl. hiezu Schnitt a—b und die fragliche
 
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