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Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte in Württemberg und Hohenzollern [Hrsg.]; Württembergischer Altertumsverein [Hrsg.]; Württembergischer Anthropologischer Verein [Hrsg.]; Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein [Hrsg.]
Fundberichte aus Schwaben — 16.1908

DOI Heft:
Alamannisch-Fränkische Zeit
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Goessler, Peter: Alamannische Grabfunde aus Obereßlingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.43786#0105
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noch dabei gewesen sein; sie sind vermodert, wie ja das Eisen im Gegen-
satz zu Bronze, Gold und Silber sehr stark der Zerstörung im Boden
ausgesetzt iet.
Nach der anderen Seite war 1,40 m vom ersten entfernt das dritte;
in 80 cm Tiefe begannen die Skelettreste, bedeckt von reichem Schmuck,
meist aus Bronze, dazu Perlen aus Ton, Bernstein und Glas und 2 Eisen-
messer. Es war ein Frauengrab. Eine genaue, freilich nur dem Ge-
übten mögliche Beobachtung der Fundstelle jedes Schmuckstücks
hätte die im folgenden geäußerten, aus Analogien erschlossenen Ver-
mutungen über die Bestimmung der einzelnen Schmuckstücke zur
Gewißheit erhoben. Am Hals trug die Tote eine prächtige Schnur
aus buntfarbigen Ton-, Bernstein- und Glasperlen, von denen 2 Reihen,
eine mit 30 meist größeren, die andere mit 60 kleineren, gefunden und
wieder gefaßt sind (Taf. VII, Abb .1.2). Die wenigen Glasperlen darunter,
zu denen noch einzelne dunkelblaue mit angeschmolzenem, durchlochtem
Anhänger (Abb. 3) kommt, haben aquamarine Farbe. Die Bernstein-
stücke sind länglich, auf der einen Seite gewölbt, aur der andern platt;
ihre goldgelbe Farbe ist durch die Lagerung einem dunkleren Rot ge-
wichen. Die Tonperlen stellen ein buntes Gewirr von Formen und
Farben dar. Es sind Kugeln, längliche Würfel, Zylinder, Kegel-
stümpfe, doppelkonische Fäßchen, abgeplattete Kugeln, gedoppelte
Kügelchen, alle diese wieder in verschiedenen Größen. In der Kolo-
rierung herrscht wiederum reiche Abwechslung: bald einfache Be-
malung, am häufigsten in rotbraun, dann in ziegelrot, hellgrün, hell-
gelb, Meerschaumfarbe, grau und blau; bald bunte Musterung mit
Punkten, Augen, Zickzack- und Wellenlinien, die eingelegt, einge-
schmolzen oder auch reliefartig aufgesetzt sind; auch diese auf den
einfarbigen Grund gesetzten Muster sind manchmal wieder mehr-
farbig. Es ergeben sich Farbenspiele, die an die bunten Mosaiken und
Millefiorigläser der römischen Kaiserzeit oder an die Emailarbeiten
erinnern, die besonders im vorchristlichen Gallien der zweiten Eisenzeit
beliebt waren und dann das ganze römische Reich durchwanderten.
Ein anderer Anhänger ist ein muschelförmiges Büchschen aus Bronze-
blech, 3 cm lang und breit, 2 cm hoch, vielleicht am Gürtel getragen
(Abb. 4).
Der Gürtel war der Hauptschmuck der Frau; auch der Mann
trug ihn. Er war aus Feder, die Schnalle aber und die Riemenenden,
die „Zungen“, waren mit Bronze beschlagen. Der Gürtel setzt schon
ein Festlegen des Gewandes voraus; die Fibel oder Sicherheitsschnalle
dagegen, die in den Gräbern seit dem Ende des 2. Jahrtausend v. Chr.
bis in die merowingische Zeit immer wieder sich findet, ermöglicht
ein freies Umwerfen der Kleidung, die meist über einer Schulter zu-
sammengeheftet wird. In diesem Grabe fand sich keine Fibel, da-
gegen verschiedene Schnallen, Teile des Gürtels und seiner Anhängsel.
Da die Gewänder keine Taschen haben, so diente der Gürtel vielfach
zum Anhängen des Täschchens mit eisernem Bügel und dann auch zum
Befestigen von buntem Schmuck. Zwei gleichgearbeitete bronzene
Riemenzungen von ca. 10 cm Länge und ca 3 cm Breite (Abb. 5 und 6)
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