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Furtwaengler, Adolf ; Reichhold, Karl
Griechische Vasenmalerei: Auswahl hervorragender Vasenbilder (Serie I, Text) — München, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.826#0304
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Meister der Penthesileia-Schale 283

werfen pflegte, und bei kleineren auch im Innenbilde, feiert er am liebsten die
männliche Jugend, die Knaben und Epheben, und seine Leidenschaft sind die Pferde
aus den Ställen der aristokratischen Familien. Er ist der vorzüglichste Beobachter
dieser Tiere, den wir unter den Vasenmalern kennen.

Eine kleine äusserliche Eigentümlichkeit in der Zeichnung des Pferde-
schwanzes, die dem Meister charakteristisch ist und ihn von anderen Zeitgenossen,
welche ähnliche Gegenstände behandelten, unterscheiden hilft, ist, dass er die
Haare des Schweifes immer mit parallelen, von oben beginnenden Linien bezeichnet,
während seine Zeitgenossen nur am Ende oder an der Innenseite des Schweifes
Haarlinier, anzubringen pflegen.

Schon Hartwig hat diese Beobachtung gemacht und mit vollem Rechte
einen Teil der Schalen zusammengestellt, die unserem Meister gehören müssen.1)
Auch er hat ihn namenlos gelassen. Ich möchte nach dem erhaltenen Hauptwerke
desselben vorschlagen, ihn den ^Meister der Penthesileia-Schale* zu nennen.

Er hat anfänglich noch in der Fabrik des Euphronios gearbeitet. Er ist
wie der etwas ältere >Panaitios-Meister« von dem Fabrikinhaber Euphronios be-
schäftigt worden, hat uns aber wie jener seinen eigenen Namen niemals genannt.
Von ihm ist die grosse Berliner Schale mit dem weissgrundigen Innenbilde und
der Inschrift des Fabrikinhabers Euphronios bemalt worden (Hartwig, Meister-
schalen, Tafel 51, 52). Hier zeigt er schon sein Streben nach grossem Stil und
bunter, reicher Wirkung durch Farbe und Gold; allein die Zeichnung ist noch
streng. Die Aussenseiten zeigen die wesentlichen Eigentümlichkeiten des Meisters
ebenfalls schon entwickelt; es sind Reiterbilder; die Auffassung der Pferde, die
Zeichnung ihrer Schweife, die einzelne Palmette unter den Henkeln, die Säulen,
all dies sind Kennzeichen der Art des Meisters. Die Inschrift feiert als schönen
Knaben den Glaukon, den Sohn des Leagros; Glaukon befehligte als Stratege
433/32 vor Kerkyra; die Zeit, wo er als schöner Knabe gefeiert ward, wird
30—40 Jahre zurückliegen, wodurch wir auf die Zeit um 472—462 kommen.
Damit stimmt, dass wir oben S. 32 die etwas jüngere Penthesileia-Schale unseres
Meisters rund um 460 herum angesetzt haben.

Dieser in Euphronios Werkstatt gearbeiteten Schale steht ein zweites prächtiges
Werk sehr nahe, die Anesidora-Schale in London;3) das grossartige Innenbild füllt
das ganze Schalenrund und ist auf weissen Grund gesetzt. Es sei nur auf eine
Kleinigkeit aufmerksam gemacht: das Diadem des Hephaistos mit den vergoldeten
Punkten gleicht völlig dem der Ge auf der Tityos-Schale. Die Aussenbilder, die
je ein Ross in der Mitte, Epheben und Abschiedsscenen zeigen, sind völlig gleich-
artig den übrigen des Meisters; auch die einzelne Palmette unter den Henkeln
findet sich wieder.

Dann nennen wir die herrliche Schale aus Kamiros mit Aphrodite auf dem
Schwane, wieder auf weissem Grunde. 3) Das Auge zeigt hier schon einen kleinen
Oberlidstrich, so wie an der Penthesileia. Wieder nennt die Inschrift den schönen
Glaukon, und zwar hier schon in zwei Zeilen untereinander, ötorxnböv geschrieben,

*) Hartwig, Mcisterschalcn, S. 491 Anm.

*) British museum, catal. III, D 4, White Athcnian vases pl. 19. Die Aussenbilder sind leider
.npubltiiert.

3} White Athcnian vases, pl. 15. Brit. Mus., catal. III, D 2.
 
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