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Geffcken, Johannes
Der Bildercatechismus des funfzehnten Jahrhunderts und die catechetischen Hauptstücke in dieser Zeit bis auf Luther (Band 1): Die zehn Gebote, mit 12 Bildtafeln nach Cod. Heidelb. 438 — Leipzig, 1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.1411#0075
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sang messe. Do stunt syn diacon und sach den bösen geist sitzen in eyme fynsler und schriben eynen briefF,
und schreip darjnue alle die lüde, die waren in der kirchen. Do der brieff volle was, da wolle er yne mit
den zene wyder usz eyne ziehen. Do reysz der brieff und der böse geiste slug das heupt wieder die want.
Des begunde der dyacken zu lachen, und darumb so schalt yn der bischoff und fragete yne, was er lachte?
Do sagete er yme, was er gesehen hatte, und wijsete yne, wo der fijnt sasz. Do beswore der bischoff den
dufel, des er yme sagen solde, was er schriebe. Er sprach: Ich schriben all die wortte, die die lüde runen
yn der kirchen und sprechen, die sal ich alle rügen an dem jüngsten tage. Herumb rune nicht in der kirchen."

Dass das Gebet nicht ein schnelles Plappern sein dürfe, sondern ein andächtiges sein müsse, wird
sinnreich in folgender Weise eingeschärft, (Giess. Handschr. Bl. 51a): Lybe kint, so du dyne gezijde liesest,
so saltu langsam sprechen, und die worte gantz. Nutzer ist eyn paler noster langsam gesprochen, dann zehen
jagende. Wann alle die wort, die du uberslehest in dyme gebete, die wil der böse geyste behalden, wan er
sie beheldet, und wil sie dir vorwysen an dyme lesten eude. Hie von will ich dir sagen. — Von eyme Closter.
aJs geschach in eyme closter, do was eyn heiliger bruder ynne, der was zu eyner zijt an syme (? synne,
ausser sich, entzuckt). Do sach er eynen bösen geiste geen in dem Closter, der trug eynen groszen sagk uff
syme halse. Der bruder beswure yne, das er yme sagete, was er trüge in dem sagke. Der anlwort yme der
böse geiste und sprach: Ich samen (sammle) yn diesen sagk alle zubrechen wortter, die diese bruder sprechent,
so sie ire gebet und ire gezijte halden, und dartzu alle die worte und buchstaben die sie uberhuppen ad er
vergessen. Da sprach der beilige man: Wie heyszestu? Er sprach: Ich heyszen: Tytinillus. Do machte der
heiige man diesen versze: "fragmina verborum tytinillus colligit horum." Dit sagete er den brudern, uff das
sie sich dar vor hüten." Ein Paar ähnliche Geschichten folgen, namentlich sagt die Maria einer, sie verehrenden
Frau, das Ave Maria sei ihr angenehm, aber sie müsse es doch langsamer sprechen.

Wie wunderbar wirksam das Ave Maria sei, davon wird erzählt (Giessner Handschr. Blatt 75 b):
"Jsz was eyn gude frauwe und die sulde geen uff das feit und brengen yrme manne die spyse, und en nette
nyemants do heyme, dem sie mochte das kind befelhen. Do gieng sie zu der wiegen, und gesegnete das kint
mit eyme Ave maria, und gieng hyen up das feit. Do sie wieder heyme qwame, und do was das husz gar
vorbrant und das kynt stunt mijtten in dem fuwer und yme warre nicht, wann unsze liebe frauwe hatte isz
wol bewart.''

Die sorgfältige und gewissenhafte Beobachtung des Gottesdienstes wird durch eine Erzählung empfohlen,
in der wir Schiller's Fridolin wieder erkennen. (Hamb. Handschr. Cap. 65, Bl. 58 b): Hyr vor was eyn
biederbe Ritter, der hatte eym koninge lange gedient. Da er sterben solte, da beual er synem Sone dem
konige. Der konig sprach, er wolle In wol halten. Der son hiesz wilhelmus. Der vatter rieff im by sich
und sprach: Sun, ich musz nu sterben, ich wil dich lehren druw stucke, da by soll du myner gedencken.
Das erste sol sin, du en solt nyemer sin an messe. Das ander ist, wan du din beren oder din frauwe be-
trübet gesiest, so soltu dich nit frauwen, du solt mit jn truren und solt das bevvisen, das dir yre betrupuisze
leit sij. Das dritte ist, wo du eynen Nydigen menschen weist, der gern affterclaffet, den soltu fliehen. Da
sin vatter dot was, da diende Wilhelmus dem konige so lange, das yn der her und sin frauwe von herlzen
liep hatten und alles jr gesinde. Da' was da in dem houe ein Ritter, der plach die lüde zu hinderclaffen, von
dem zoch er sich und wolle keyn geselschafft mit jm haben. Das merket der falsch Ritter. Und wan der
konig und sin wip betrübten, so was Wilhelmus auch belrubet. Da ging der Ritter zu dem konige und
sagte jme, wilhelmus halte die konnygyune liep gewonnen. Er sprach: here wollent ir das pruben, so be-
belrubent sie mit smelichen wortten, jr sollent gesehen, das er rae betrübet wirt dan sie. Das delt der konig
und befant es also. Da wart er zornig und nam des rade, wie er jn mochte darumb zu dem dot biyngen.
Da sprach der valsch Ritter: Here ich wil euch eyn guten rat geben, sendent-jn moin fruwe zu dem kalkeofen
 
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