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Germann, Max. Ferd. [Hrsg.]
Beschreibung der im Jahre 1872 in Weimar und an anderen Orten zu Ehren der vierten Säcular-Feier des Geburtsjahres Lucas Cranach's des Aelteren, des Malers der Reformation veranstalteten Jubelfeier: (als Manuskript gedruckt) — Dresden, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.11454#0079
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WiederhervorLreten all jener Männcr bewirkcn, die sie trugen und förderten. Daß die Art
rmd Weise, wie ivir dieselben vor nnserm geistigen Ange erscheinen lassen können, nicht eine
idealisirte nnd verschwommene, sondern eine reale ist und gewissermaßen ein unbestrittenes
Nationaleigenthum, das verdanken wir dem Manne, der mil der schlichten und deshalb
dauernden Wahrheit seines Pinsels und Griffels zunächst die Gestalten verewigt hat, deren
geistiger VermLchtnisse wir eingedenk sind. Das diesjährige Resormarionsfest bietet eine be-
sondere Gelegenheist dem Gedächtniß Cranachs nicht allein siir dieses Verdienst, sondern anch
binsicbtlich der Bedcutung, dic er auch in andrer Beziehung als Künstler, wie als Mensch in
der Reihe der wiirdigstcn und kräftigstcn Kämpfer seiner Zeit, und der Resormationszeit
insbesondere, hat, in entsprcchender Weise gerecht zu werdcn; denn es fällt zusammen mit
dem 400 jährigcn Geburtsjahr des Meisters. Sein eigentlicher Geburtstag ist unbekanul
geblieben, aber es ift jedensalls eine aus die Anerkennung der reformatorischen Bedeutung
Cranachs in gerechter Weise sich stützende Jdee, seinen Geburtstag mit deni Geburtstag der
Rcsormation vereint zu feiern, eine Jdee, die ganz geeignet isst nicht bloß die dankbare Theil-
nahme des evangelischen Deutschlands im Allgcmeinen, sondern vor Allem auch der gegcn-
wärrigen deutschen Künftlcrwelt zu erwecken, die bei dieser Gedächtnißfeier Cranachs Gelegen-
heit sindel, des wesentlichen Antheils der Kunst an dem Sieg der Reformation eingedenk zu
sein, nachdem sie mit dem 400 jährigen Geburtstag von Cranachs grvßem Zcitgenossen,
Albrecht Dürer, einen Sieg der deutschen Kunst selbst gefeiert hat.

Lucas Cranach ist als iNensch wie als Künstler sein eigner Ahn. Alle Bemühungen
über seine Abstammung und seine Familie, wie über die Mittel und Wege seiner Entwicklung
als Künstler bestimmlercn Ausschluß zu erlangen, sind bis auf unbedeutende oder unsichre
Erfolge vergeblich gewescn. Wir wissen, daß er 1472 in dem Städtchen Kronach oder
Kranach im Bisthum Bamberg geboren ward, und nach dem Brauch vieler seiuer Zeitgenossen
Len Namen seines Geburtsorts als Familiennamen annahm. Daß sein eigentlicher Familien-
name „Sunder oder Sünder" gewesen sei, ist eine Annahme, welche die vorhandenen Ur-
kunden unbesräligt lassen. Gänzlich haltlos und kaum der Widerlegung bedürsüg ist dagegen
die immcr noch hier uud da austauchende Angabe, daß sein Familienname „Müller" gewesen
sei. Jn der Zcit, wo Cranachs sichere Lebensgeschichte beginnl, steht er als ein in seincr
Art bcreits serliger und von seinen Zeitgenossen gepriesener Künstler vor uns, ohne daß
wir mit Bestimmtheil zu erkennen vermögen, wo und wie er seine Kunst erlernt hatte; und
wenn wir seine Werke belrachten, namentlich diejenigen, die der ersten uns bekannten Periode
seiner Kunstthätigkeit angehören, also der prvductiven Copirung der eignen Nlanier nvch nicht
verfallen sind, und somil die Einwirkuug der ihm gcwordeneu Lehre oder Schule am Sicht-
lichsten erkennen lassen würden, sv müssen wir gestehen, daß sich in ihnen nur schwer ein
anderer wesentlicher Einfluß nachwcisen läßt, als der des eignen Genius. Sie haben so zu
sagen alle Reize, aber auch alle MLngel einer vorzugsweise aus sich selbst schöpfenden und
 
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