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Germann, Max. Ferd. [Hrsg.]
Beschreibung der im Jahre 1872 in Weimar und an anderen Orten zu Ehren der vierten Säcular-Feier des Geburtsjahres Lucas Cranach's des Aelteren, des Malers der Reformation veranstalteten Jubelfeier: (als Manuskript gedruckt) — Dresden, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.11454#0095
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09

Wie fremdartig muthct die Vergaugercheit uus an, iu welche uns die Lucas Crauach-
Feier versetzt uud doch wie zahlreich und tief innerlich begrüudet sind nicht die gemeinschaft-
lichen Analogien zwischen jener Zeit und der unseren!

Damals, wie heute, war auf socialem, politischem und kirchlichem Gebiete der leiden-
schaftlichste Kampf entbrannt: neue Anschauungen und ncue Jdeen brachen sich gewaltsam
Bahn; die Welt des Mittelalters ging in Trümmer, und eine neue Zukunft stieg herauf.
Es war eine Zcit, in der jeder Einzelne, gleichvicl an welche Stelle ihn das Geschick gestellt,
berufen ist, in selbstlosester Pflichterfüllung mitzuarbeitcn an der Gestaltung der neuen Ver-
hältnisse, durch das cigcne Beispicl auf die ihm nahestehenden Kreise bestimmend einzuwirken,
den Gesinnungsgenossen zu helfcn, die Schwankenden zu kräftigen und den Feinden rückhalts-
los entgegenzutreten: es war, mit einem Worte, eine Zeit, in der des Mannes Werth nicht
nach Aeußerlichkeiten, sondcrn nach feinen Thaten geschätzt wurde. Nichts kennzeichnet dicse
Zeit besser, als der Umstand, daß felbst der Künstler aus seiner stillen Werkstätte hinaus-
getricben wurde, um auch scines Theils mit den Fürsten und den Männern des Schwertes,
mit den Predigern der ncuen Lehre und den Männern der Wissenschaft einzugreifen in die
Kämpfe, — auf Gebietcn, die fonft der Kunst fernliegen. Gerade in dieser Theilnahme
Lucas Cranachs des Aelteren an den Vorgängen seiner Zeit scheint uns dasjcnige Moment
zu liegen, welches ihm eine' Popularität vcrschafft, wie sie keinem seiner Kunstgcnosscn, selbst
Dürer nicht zu Theil geworden, und die weit aus dem Rahmcn seiner künstlerischen Be-
deutung hinaustritt. Der Hvfmaler des sächsischcn Kurhauses war ein tüchtiger M^'-
seiner Kunst und darf füglich seinen berühmten deutschen Zeitgenossen, einem Albrech-,
und Hans Holbcin, zur Seite gcstelll werden, wenn er auch an schöpferischer Kraft,
der Conception, an künstlcrischer Vollendung hinter diesen zurückstand, aber seine künf
Schöpfungen, so trefflich auch einige derselben sind, würden nicht genügen, um den ^ ^
außcrhalb der engern Kreise der Kunstfreunde und Kunstforscher ein unvergängli Z,
denken zu sichern. Dies verdankt er in erster Linie dem Umstande, daß in ihm, a ^ ^
ächten Vertrctcr des deutschen Bürgerthums, sich die grvßen und liebensw'ürdigen Eigij^,
des Geistes und des Herzens in schönster Wcise vereinigt finden, durch welche dst S b
unserer Nation sich zu allen Zeiten ausgezeichnet hat. U.

Der Gang seines langen Lebens erscheint, soiveit er bekannt, unsern Bl'S o>
einfach: räumlich ist er durch die kursächsischen Länder begrenzt; nur zwcimal, auf eiH.
in die Niederlande im. ersten Atannesaltcr, und dann als er, ein hochbejahrter Greki^°°
Fürsten in die Gefangenschaft folgte, schcint er Mitteldeutschland verlassen zu hal^.
Künstlcr hat cr bald die verdientc Ancrkennung gcfunden; die Zeitgenossen preiseu^
den geistreichen, schnellen und vollcndeten Maler, die Fürsten seines Landes haben i
zeitig und dauernd ihre Gunst zugewcndet; Arbeitsamkeit und Sparsamkeit gestalt's^L
Vermögenslage, weniger in Folge künstlerischer Thätigkeit, als seines gewerblicher

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