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bie utopistische Literatur.
Von Ilofrat Prof. Dr. Friedrich v. Klein Wächter.
Als Thomas Morus seine berühmte Schilderung der Insel »Utopia«
— zu deutsch ungefähr »Nirgendheim« — schrieb, auf der ein Volk
lebt, welches glücklich ist, weil es bei sich den »vollen« Kommunismus
eingeführt hat, da ahnte er wohl nicht, daß sein Buch vorbildlich werden
sollte für eine lange Reihe von Schriften, die alle darin übereinstimmen,
daß sie sich über den Boden der rauhen Wirklichkeit erheben und hoch
oben im Ätherblau der Fantasie einen Zustand schildern, der dem Ver-
fasser als ein wünschenswerter erscheint. Der Gedankengang, der der
Entstehung aller dieser Schriften zu Grunde liegt, ist ein naheliegender.
Das wirkliche Leben läßt eine dauernde volle Zufriedenheit nicht auf-
kommen, es ist daher begreiflich, daß die Menschen, die so viele ihrer
Wünsche unbefriedigt lassen müssen, sich ab und zu in das Reich der
Fantasie flüchten und sich dem Glauben hingeben, daß die Menschen
eines ungetrübten Glückes teilhaftig werden könnten, wenn sie unter be-
stimmten anderen Verhältnissen leben würden.
Die Verhältnisse nun, unter denen wir leben, von denen also die
Gestaltung unseres Lebens und damit unser Wohlbefinden abhängt, sind
zweifacher Art. Wir stehen einmal anderen Menschen gegenüber und
dieses Zusammenleben mit ihnen muß durch staatliche Gesetze und Ein-
richtungen geregelt werden, und begreiflicher Weise können diese Gesetze
und Einrichtungen so oder auch anders beschaffen sein und damit mehr
oder weniger günstig auf unser Wohlbefinden zurückwirken Wir stehen
andererseits der äußeren Natur gegenüber und selbstverständlich gestaltet
sich unser Leben angenehmer oder weniger angenehm, je nachdem wir es
besser oder weniger gut verstehen, die Naturkräftö unseren Zwecken
dienstbar zu machen. Nach der einen oder nach der anderen Richtung
suchen die in Rede stehenden Schriften das Glück. Die eine Gruppe, die
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