Aus dem Titelblatte zu ,,Deiikl>lälter für ttnsere Zeit'1 von Führich.
JOSEPH RITTER VON FÜHRICH
Ein Lebensbild aus der Selbstbiographie und eigenen Erinnerungen zusammengetragen von
LUKAS RITTER VON FÜHRICH.
ENN mir die Freude zu Theil wird, meines Vaters yofeph von Führich
künstlerischen Lebensgang erzählen und mit Werken seiner Hand
belegen zu können, halte ich mich hiebei nach zwei Richtungen für
gebunden: Zum ersten kann ich es nicht über mich gewinnen, ihm
selbst viel in die Rede zu fallen, so lange er in der von einem Freunde
ihm abgerungenen kleinen Selbstbiographie seine Jugendgeschichte
mittheilt.1 Später erheischt dies der unüberschreitbare Rahmen dieser
Blätter und der Wunseh insbesondere über den Aufenthalt in Italien
noch unmittelbarere Äusserungen aus Briefen einzuflechten. Zum
anderen erwartet man wohl von dem Sohne keine nur den Künstler
und seine Werke besprechende Abhandlung, sondern gestattet ihm,
immer den ganzen Mann vor Augen zu behalten, wie es übrigens gerade
bei dieser Persönlichkeit unvermeidlich bleibt. Er schreibt von seiner
Jugend: „Religion, Kunst und Natur Hosfen in meinem Gemüthe in unbestimmten, poetischen Schwin-
gungen in ein Ganzes zusammen." Dies ist im späteren Leben nur insoferne anders geworden, als die
Unbestimmtheit der Jugendempfindungen einer sicheren Weltanschauung wich, in der jene drei in einen
harmonischen Accord zusammenklangen, desfen Grundton die Religion blieb. Sein Ziel war für Leben und
Kunst das gleiche; ihm galt des Dichters Parole: „Anders sein als singen, deucht mir ein dummes Spiel."
Wo ist aber Harmonie, dieses Lebenselement aller Kunst, in diesem kampfesreichen Dasein ? Und
wie kann insbesondere der Künstler dem in der Kunst erstrebten Ebenmasse der Dinge auch im Leben
nachgehen und den Übergang finden vom Willen zur That ? Gerade er wird das Gefühl der Unzuläng-
lichkeit am härtesten empfinden, je klarer er das Ziel vor Augen hat, „denn hart im Räume stossen
sich die Körper". Wenn schon die Natur, in der er den Stofs zu seinen Schöpfungen fertig vorfindet,
ihm rauhen Widerstand bei seinen idealen Bildungen entgegensetzt, so dass er sie fast nirgends, so wie
sie ist, zu verwerthen vermag, wie soll er im Drange des Lebens mit seinen Anschauungen beliehen ? Wir
finden daher, wie so oft bei tieferen Naturen, zunächst bei echten Künstlern, so auch bei ihm, neben
einer grossen Bestimmtheit in den grundlegenden Ideen des Lebens, ja einer Neigung zur Polemik gegen
1 Almanach „Libussa". Jahrgang 1844, Prag.