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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 11.1888

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Heft 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.3329#0080
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Die Veröffentlichungen
des Vereines für Original-Radirung in Berlin.
|( er der Entwicklung der Graphischen Künste unbefangen folgt, dem wird der allmähliche Aufschwung, den
. die Radirung in der Gegenwart nimmt, nicht entgehen. Auch in den weiteren Schichten derer, die an
% Dingen der Kunst Antheil nehmen, beginnt die Schätzung der Radirung mehr und mehr an Boden zu
gewinnen. Das ist den Erzeugnisfen der mechanischen Vervielfältigungsarten gegenüber, die den Kunstmarkt mit
einer Flut von bestechenden Blättern überschütten, ein Umstand von mehr als bloss modischem Belang. Die erstaun-
lichen Wunder reproducirender Technik haben den Sinn für die geistvolle Nachschöpfung kunstgeübter Hände
nicht lähmen können, die Erwägung ihres minderen Kunshverthes noch nicht getrübt. Gefertigt in ihrem Ansehen
als eine edlere, meinetwegen als eine aristokratischere Kunst den landläufigen Reproduclionsverfahren gegenüber,
wirbt die Radirung erfolgreich um die Gunst der Kunstfreunde, und es muss doppelt anerkannt werden, dass mehr
und mehr auch unsere Maler zu selbständigen Schöpfungen sich der Nadel bedienen. In Deutschland haben [ich
mehrere Vereine zur Pflege der Radirung gebildet. Der jüngste derselben ist der Berliner Verein für Original-
Radirung, welcher im Jahre 1886 gegründet wurde und der uns in zwei Jahresheften sechzehn Blatt Original-
Radirungen verschiedener Künstler darbietet.
Der vielgewandte und vielgenannte B. Mannfeld hat die Inhaltsübersicht zu den beiden Heften mit einer
überaus ansprechenden Vignette geschmückt. In einem als Kopfleiste gedachten Rechteck erösfnet er den Ausblick
vom Berliner Schloss aus auf die Nationalgalerie und die Kuppeln des Domes; ein flott gezeichneter Gräserbüschel,
der hinter einem Wappen vordringt, schliesst den Prospe6t an der Seite ab; als Randschmuck knüpfte der Künstler
unter das Berliner Wappen eine radirte Platte, über deren Ränder Lorbeerreis vorquillt. Die Handhaben des Radirers,
die zudem J. Ehrentraut in einer Vignette auf dem Titelblatt des ersten Heftes zum Stillleben ordnete und die wir
verkleinert am Schluss dieser Zeilen wiedergeben, fallen herab und füllen den Raum in gefälligem Durcheinander.
Aber auch unter den sechzehn folgenden Blättern finden wir Mannfeld wieder. Er hat die Kurfürstenbrücke bei
nächtlich esfestvoller Beleuchtung aufgenommen. Einen anderen malerischen Blick in das alte Berlin zeigt uns
J. yakob mit seiner technisch noch recht anfechtbaren Radirung: »Der Wusterhauser Thurm«.
Eine sehr stimmungsvolle Landschaft — ein Motiv von der Elbe — steuerte Wilhelm Broeker bei. Es ist Abend.
Die niedere Uferlandschaft mit einer Gruppe mächtiger Eichen liegt in tiefem Schatten, der Himmel ist zum Theil
bedeckt, nur hinter den leicht ansteigenden Hügeln breitet sich das Licht noch aus. In klarem Sonnenlicht dagegen
stellt sich die Sommerlandschaft L. Spangenberg''s dar, ein Motiv aus Holstein, ebenfalls mit einer mächtigen Eichen-
gruppe, zu deren Füssen ein Hohlweg emporführt, auf dem ein Hirt mit seiner Herde des Weges zieht. An die
Ufer des Bodensees führt uns der seit 1880 in Berlin ansässige Hans Gude, dessen von wie schwermüthigem Reize
umwobene Landschaft wir unseren Lesern mittheilen. Mit feinem poetischen Sinne hat der Künstler den Contrast des
dunklen Vordergrundes zu der lichten Weite des Himmels über die stille Wasserfläche hinaus hervorgehoben und mit
einfachen technischen Mitteln ein stimmungsvolles Bild hervorgebracht. Auch Heinrich Kohncri's herbslliche Abend-
 
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